Der Raspberry Pi gilt als kleine und günstige Wunderkiste. Doch was taugt der Computer im Kreditkartenformat wirklich und ist er für angehende Programmiererinnen und Heimautomatisierer wirklich so einsteigerfreundlich? Erfahren Sie hier die Eindrücke eines Coding-Noobs.
Eins vorneweg: Ich bin durchaus technikaffin und sehe in der Digitalisierung riesige Potentiale. Wenn es ums Programmieren geht, habe ich mich allerdings bis anhin nicht über Low-Code-Applikationen wie Microsoft’s PowerApps herausgewagt.
Dies soll sich nun ändern. Darum habe ich mir die nischigere Frucht aus dem Tech-Sektor gekauft. Der Raspberry Pi 400 (eine etwas grössere Version des klassischen Raspberry Pi) hat eine ganz andere Ausrichtung als ein Apple-Gerät und kostet auch nur einen Bruchteil davon. Für einen überschaubaren Preis bekommt man ein Einsteigerpaket inkl. 250 Seiten starkem Handbuch für Anfänger.
Lieferumfang und Inbetriebnahme
Einen Tag nach der Bestellung kommt mein Objekt der Begierde per Paketpost an. Scheinbar sind die Himbeeren nicht so stark vergriffen wie die aktuellen Gaming-Konsolen PS5 und Xbox Series X. Der Lieferumfang scheint alles zu beherbergen, was das Pi-Anfänger-Herz begehrt: Maus, HDMI-Kabel und Netzteil (der Computer selbst ist in der Tastatur verbaut, tolle Idee!). Das Anfängerhandbuch ist natürlich auch dabei. Ich stecke alles ordnungsgemäss ein und verbinde meinen Raspberry Pi mit meinem Monitor.
Der Pi schaltet sich automatisch ein, nachdem ich das Netzteil einstecke. Zuerst erscheint: Nichts. Das Bild wechselt von schwarz zu blau, bootet sich dann wieder neu. Zum Glück wurde dies auch durch das Handbuch bereits so angekündigt – ansonsten wäre meine (Un-) Geduld bereits zum ersten Mal auf die Probe gestellt worden. Schliesslich lande ich auf dem Desktop und sehe ein wunderschönes Hintergrundbild (asiatisch anmutende Tempel bei Sonnenuntergang). Doch ich bin hier, um neue Tech-Skills zu lernen, also klicke ich mich durch die Erstkonfiguration durch. Nun habe ich mein Bild richtig skaliert, die WLAN-Verbindung aufgebaut und kurz das System neu gestartet. Jetzt bin ich ready, um loszulegen.
Programmieren für Dummies
Ich starte meine erste Programmiererfahrung mit Scratch 3. Dieses an Tetris erinnernde Tool bietet einen guten Einstieg ins Programmieren – zumindest auf visueller Ebene. Verschiedene Blöcke mit Ereignissen, Bewegungen, Steuerungen etc. können ineinander gebaut werden. So entsteht schliesslich ein kleines Programm auf dem Raspi (so nenne ich meinen liebgewonnenen Computer inzwischen). Bei mir ist das ein Cartoon-Kätzchen, das auf Knopfdruck «Hello there» sagt. Star Wars-Kenner wissen, wer diese berühmten Worte geäussert hat.
Nach Scratch ist Python dran. Ich mache mich, nachdem ich mit print(‚Hallo, Welt!‘) einen gebührenden Einstieg in die Welt der Python-Programmierung vollzogen habe, dran, einige Schneeflocken automatisiert zu erstellen. Nach weiteren Projekten über mein Lehrbuch und die offizielle Seite der Raspberry Pi Foundation, wo ich mich auch an KI-Projekte herantasten kann (beim vorliegenden Bild ist ein Hund zu sehen… oder ein Tennisball), geht es endlich mit dem physical Computing los. Zum Einstieg erwerbe ich mir einen weiteren Raspi (dieses Mal das Modul Raspberry Pi 4) sowie den offiziellen Raspberry Pi Sense HAT. Jetzt fehlt mir nur noch ein erstes «richtiges» Projekt, welches ich mit meiner neuen Ausrüstung umsetzen kann.
Mein erstes IoT-Projekt
Während eines sonntagmorgendlichen Brunch-Gesprächs mit meiner Partnerin kommt mir DIE Projekt-Idee: Seit einiger Zeit beklagt sie sich über trockene Luft im Schlafzimmer. Das nehme ich zum Anlass, um die Luftfeuchtigkeit zu messen und den Tipp jedes engagierten Grosis («Du musst einfach ein paar nasse Tücher aufhängen, das hilft!») auf seinen Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ich muss nicht lange suchen, um entsprechende Projekte online zu finden. Es macht Spass, eine so grosse Community zu finden, welche sich mit fantastischen Projekten befasst und Erfahrungen austauscht.
Die Projektidee kann relativ überschaubar umgesetzt werden: Für die Luftfeuchtigkeit verwende ich den Sense HAT und schreibe mit Python ein paar Zeilen Code, um die Messungen vorzunehmen. Die Speicherung (Logs) der erfühlten Daten lässt sich simpel per CSV-File lösen. Alle 10 Minuten lasse ich von meinem Raspi einen Dateneintrag automatisiert erstellen. Zusätzlich zeichne ich über Python direkt einen Graphen aus den einzelnen Datenpunkten. Eine starke Erhöhung der Luftfeuchtigkeit durch das Anbringen von Tüchern in unserem Schlafzimmer konnte ich zwar nicht messen. Drei, vier Prozent mehr Luftfeuchtigkeit lagen immerhin drin (Grosi hatte also Recht!). Mein Raspi öffnet mir die Tür in eine spannende und völlig neue Welt. Ich kann es kaum erwarten, noch mehr davon zu erkunden.