Blockchain ist revolutionär. Zurzeit kämpft die Technologie aber noch mit Kinderkrankheiten, die eine Massenadoption in entwickelten Ländern erschweren. Entwicklungsländer haben hingegen oftmals keine Alternative und würden händeringend Lösungen entgegennehmen.
Die Schweiz konnte sich in den letzten Jahren zu einer zentralen Drehscheibe für Blockchain-Technologien entwickeln. Grund für die Entstehung des Crypto Valley waren regulatorische Massnahmen, welche Krypto-Pionieren aus der ganzen Welt Rechtssicherheit bieten. Doch kann die Schweiz den Vorsprung ausbauen oder werden andere Nationen aufholen?
Die Schweiz braucht einen Markt für seine Blockchain-Unternehmen
Auch bei dezentralen Applikationen (DApps) braucht es einen Markt mit möglichst vielen Nutzern. Ohne Skaleneffekte verliert man Wettbewerbsvorteile, was eine langfristige Profitabilität erschwert. Es gibt aber einen grossen Unterschied zu Internetunternehmen, welche mit einer aggressiven Expansionsstrategie in westlichen Ländern Erfolg hatten. Viele Anwendungen der Blockchain-Technologie haben einen geringen Zusatznutzen für Nutzer in entwickelten Ländern. Grund dafür sind bestehende Dienstleistungen von Institutionen, in die Nutzer starkes Vertrauen haben. Nachteile traditioneller Angebote (z.B. höhere Gebühren) fallen weniger stark ins Gewicht als deren Vorteile (z.B. Rückforderungen bei falschen Überweisungen). In Entwicklungsländern fehlt hingegen das Vertrauen in den Staat meist gänzlich und der Zugang zum Finanzsystem ist nur einer reichen Minderheit möglich. Hier sind dezentrale Applikationen nicht nur eine Effizienzverbesserung, sondern haben das Potenzial ganze Bevölkerungsschichten aus der Armut zu helfen.
Singapur hat dieses Problem erkannt und holt bezüglich staatlicher Regulation auf. Grosser Vorteil des Stadtstaates ist seine geographische Lage. In Südostasien leben ähnlich viele Personen als in Europa. Ausserdem haben Millionen von Personen keinen Zugang zu Leistungen wie Personenidentifikation, Eigentumsnachweise oder Bankkonten. Man schätzt, dass beispielsweise 75 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Südostasiens keinen Zugang zum traditionellen Finanzsystem hat. Wie kann also das Schweizer Crypto Valley seine Führungsrolle halten, wenn sich zurzeit die grössten Märkte in entfernten Ländern befinden?
Afrika: Die Lösung für Schweizer Blockchain-Unternehmen
Dezentrale Applikationen (z.B. P2P-Zahlungen, SSI, etc.) werden zuerst in Entwicklungsländern auf Nachfrage stossen. Der afrikanische Kontinent hat gleich mehrere Eigenschaften, welche für Schweizer Blockchain-Unternehmen attraktiv sein könnten:
- Hohe Nachfrage: Die afrikanische Bevölkerung hat starkes Interesse daran, ihre Lebensqualität drastisch zu steigern und der Armut zu entfliehen.
- Bevölkerungswachstum: Laut Schätzungen verdoppelt sich die afrikanische Bevölkerung bis 2050 auf 2,6 Milliarden Einwohner.
- Technisch affine Bevölkerung: Gemäss Schätzungen der UN sind 70 Prozent der afrikanischen Bevölkerung (Subsahara) unter 30 Jahre alt.
- Zugang zur Technologie: Internetverbindung über Satelliten und kostengünstige Smartphones ermöglichen auch armen Regionen an der Blockchain-Revolution teilzunehmen.
Diese drei Länder eignen sich als Eintrittstor nach Afrika:
- Nigeria: Das bevölkerungsreichste Land von Afrika hat zugleich auch die grösste Wirtschaft. Ausserdem konnte sich das Land in den letzten Jahren als regionaler ICT-Hub etablieren und nimmt auch im Fintech-Bereich eine führende Rolle auf dem Kontinent ein.
- Südafrika: Auch wenn Afrikas Hoffnungsträger (BRICS-Mitgliedstaat) in den letzten Jahren enttäuschte, ist Südafrika immer noch eines der fortschrittlichsten Länder in Afrika (Bildungssystem, BIP pro Kopf, etc.). Ausserdem wird das Land seit Jahrzenten von ausländischen Unternehmen genutzt, welche in Afrika Fuss fassen wollen.
- Ruanda: Unter Präsident Paul Kagame konnte sich das Land zu einem der sichersten und saubersten Länder in ganz Afrika entwickeln. Das Binnenland versucht die politische Stabilität und zentrale Lage auszunutzen und sich zu einem «Singapur von Afrika» zu entwickeln.
Eine Bumerang-Expansion nach Afrika und zurück
Bekannte Expansionsstrategien (z.B. Wasserfallstrategie, Sprinklerstrategie, etc.) starten immer vom Heimatmarkt aus. Das Interesse von Privatpersonen/Unternehmen an DApps wird in Industrieländern aber zurzeit überschätzt. Anstatt sich Marktanteile gegenüber traditionellen Institutionen (z.B. Banken) hart zu erkämpfen, könnte sich eine Expansion in Entwicklungsländer in der Zwischenzeit durchaus lohnen. Haben sich effizientere Blockchain-Alternativen erstmal in Entwicklungsländern etabliert, müssen Industrienationen nachziehen, damit sie technologisch nicht abgehängt werden.