Retail-as-a-Service: Fluch oder Segen für den stationären Handel?

Was bietet uns Tante Emma, das wir im Netz nicht bekommen? Der jüngsten Entwicklung zufolge wenig bis gar nichts. Neue Konzepte sind gefragt, um die Attraktivität des Einkaufens jenseits von Amazon, Alibaba & Co zu steigern. Bieten Ecosystems wie Retail-as-a-Service diese Chance oder graben Sie stationären Geschäften weiter das Wasser ab?

Der persönliche Kundenkontakt steckt in der Krise. Dafür gibt es viele Gründe. COVID-19 mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen werden das Lädelisterben – von KMUs und Grossunternehmen – beschleunigen. Zeit, die Herausforderungen des stationären Handels anzugehen.

Keine Zeit, sich auf den Lorbeeren auszuruhen – für den Handel geht die Reise weiter: „Wake up! It is not what we have now, but the question is: How long shall we keep it, and how much shall we keep of it.“ Bildquelle: alamy.com

Den Einkauf zum Erlebnis machen

Was bewegt uns dazu, neben dem bequemen Online und Mobile Shopping stationär einzukaufen? Wir verbinden damit historische Abenteuer: Kindheitserinnerungen an Migros-Verkaufswägen, Figuren von Kelloggs oder M&Ms sowie Kinder Überraschung prägen. Als Erwachsene möchten wir unsere Sehnsucht danach – bei höheren Erwartungen – weiterhin stillen. Aussergewöhnlichen Einkaufserlebnissen haben sich viele Detailhändler verschrieben. Bieten tun sie wenige.

Asterix und Obelix, prägende Figuren unserer Kindheit, stärken sich mit Zaubertrank. Gerne werden Sie von Marken wie Kinder Überraschung eingesetzt, um den Absatz anzukurbeln. Bildquelle: pixabay.com

Retail-as-a-Service

Fakt ist, dass statische Ladenkonzepte diese Anforderungen selten erfüllen. Findige Unternehmer*innen entwicklen deshalb neue innovative Ökosysteme wie Retail-as-a-Service (RaaS), welche den Bedürfnissen gerecht werden. RaaS beeinhaltet Elemente der bekannten Popup-Konzepte, welche temporär auf kleiner Fläche in gemütlicher Atmosphäre Produkte präsentieren, hebt sich aber in einer Komponente ab: der Technologie. Sie verknüpft sämtliche Bestandteile gewinnbringend:

  • Miete von Fläche mit Personal gegen Zins und/oder Provision
  • Warenwirtschaft
  • Prozesse vor Ort
  • Analytics & Research
  • Logistik (optional)

RaaS streamlines innovative marketplaces by reducing the cost, time and effort to build new solutions. In turn, companies can more efficiently use RaaS services to eliminate friction points that often lead to customer dissatisfaction.

Während traditionalle Geschäftslokale im Marketing Funnel beim Verkauf ansetzen, generiert RaaS Aufmerksamkeit und weckt Neugierde, Produkte und Dienstleistungen zu entdecken. Wenn das interraktive Erlebnis positiv in Erinnerung bleibt, wird der Kauf irgendwann über irgendeinen Kanal erfolgen.

So sieht der weltweit erste Flagship Store für Consumer Electronics von Alipay in Kooperation mit Chicbus aus. Bildquelle: unsplash.com

Welche Marktteilnehmer*innen profitieren? Hersteller*innen bietet Raas einen weiteren Kommunikationskanal: Kleine unbekannte Marken haben eine Alternative zu Social Media und Amazon, sich bei ihrer Zielgruppe zu positionieren und bei kalkulierbaren Kosten wettbewerbsfähig zu bleiben. Warenbestände werden nicht auf Standorte verteilt, womit die zentrale Verfügbarkeit gegeben ist. Ausserdem erlaubt Showrooming, Rückschlüsse aus dem Kundenverhalten zu ziehen. Bekannte Marken ohne eigene Läden wittern die Chance, direkt mit Verbraucher*innen zu interragieren.

Auch Tante Emma könnte Gefallen an RaaS finden, indem sie anstelle von fixen Standorten auf temporäre Ausstellungen mit saisonalen Schwerpunkten setzt. So profitiert sie von den Vorteilen des Konzepts und kann ihren Laden parallel digital weiterführen.

Anbieter von Ecosystems im Retail

Bietet RaaS dem stationären Handel die Zukunftsperspektive, welche durch das Wachstum von E-Commerce getrübt ist? Er hätte vieles, um die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells mitzugestalten, aber hat er die nötige Innovationskraft? Aktuell sind es Startups wie b8ta, _blaenk, SHOWFIELDS und tryff, welche den Service anbieten. Der amerikanische Warenhausbetreiber Macy’s hat sich mit der Intention an b8ta beteiligt, die Plattform für das eigene Instore-Popup-Konzept zu nutzen. Die Partnerschaft zwischen der Supermarktkette Kroger und Microsoft zeigt, dass gemeinsam entwickelte Lösungen zur Vernetzung von digitalen und physischen Welten sowie von Hersteller*in und Verbracher*in skalierbar sind.

Videolegende: Das weltweit neue Retail System namens _blaenk nutzt neuste Technologien, um inspirierende Orte und Mehrwert für die Zielgruppe zu schaffen.

Während die Karten im E-Commerce an die Riesen Amazon und Alibaba verteilt sind, werden sie bei RaaS neu gemischt. Mit einer offenen Innovationskultur und strategischen Partnerschaften hat der stationäre Handel gute Chancen, das Blatt zu wenden.

 

Weiterführende Links zum Thema

A New Era for Retail: https://www.accenture.com/_acnmedia/accenture/conversion-assets/dotcom/documents/global/pdf/technology_4/accenture-a-new-era-for-retail.pdf

Retail as a Service – Experiences statt Umsätze! https://www.handelskraft.de/2019/08/retail-as-a-service-experiences-statt-umsaetze-5-lesetipps/

Retail-As-A-Service: Freiraum eröffnet in Berlin: https://zukunftdeseinkaufens.de/retail-as-a-service-freiraum/

Microsoft zeigt den Supermarkt der Zukunft: https://invidis.de/2019/01/die-antwort-auf-amazon-go-microsoft-zeigt-den-supermarkt-der-zukunft/

Retail As A Service: The Fetch Journey: https://www.forbes.com/sites/nikkibaird/2019/07/31/retail-as-a-service-the-fetch-journey/#5fa6c3314ff2

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Philipp Merkt

Philipp Merkt ist Account Marketing Manager Digital bei der Microsoft Schweiz GmbH und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Bussiness Innovation.

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