Totgesagte leben länger

In 5-10 Jahren gibt es den Mainframe nicht mehr. So hiess es 2001, als ich einen Lehrgang zum System Operator MVS begann.

Main – what?

Mainframe, das sind die Schränke, die bei Großfirmen im Untergeschoss oder in einem Rechenzentrum stehen. Es gibt sie seit den 1950ern und mir wurde 2001 prophezeit, dass es sie in 10 Jahren nicht mehr geben wird. Heute, fast 20 Jahre später, arbeite ich noch immer auf dem Mainframe und die neusten Mainframes unterstützen DevOps Tools, wie Git, JIRA, Jenkins, SonarQube und ermöglichen Entwicklungen in Java, Swift oder Node.JS. Auch punkto Verfügbarkeit, Sicherheit und Performance sind sie weiterhin Konkurrenzfähig. Warum also dennoch der antiquierte Ruf?

Veraltete Programmiersprachen und Generationenkonflikt.

Ursache für den Ruf ist nicht die Technik. Vielmehr sind die alten Programmiersprachen und der fehlende Nachwuchs problematisch. COBOL , PL/1 und ASSEMBLER stammen aus den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts und die 2019 BMC Mainframe Survey zeigt, dass ~40% der Mainframe Applikationsentwickler*innen älter als 50 Jahre sind und mehr als 20 Jahre Erfahrung haben. Auch gibt es einen Konflikt zwischen Millennials und Baby Boomers was Möglichkeiten für den Einsatz des Mainframes angeht.

Millennials see the opportunity to integrate the platform with the rest of the enterprise and are asking questions like “Why don’t we…?”, while Baby Boomers still see the mainframe as an isolated, specialized system.

Zitat aus 2019 BMC Mainframe Survey

Code umschreiben? Leichter gesagt als getan.

Zu überwindendes Hindernis
Zu überwindendes Hindernis

Während Millennials sich in aktuellen Programmiersprachen auskennen, fehlt ihnen das COBOL oder PL/1 Knowhow. Doch modernen Tools für Code Analysen, Debugging, automatisiertes Testen und Visualisierungen sowie modern IDEs helfen den Code zu analysieren, umzuschreiben und dabei die Qualität zu erhalten.

The good news is code is code. So while Millennial developers with mainstream skill sets may not be familiar with the particular syntax of COBOL, the basic principles of application logic still apply.

Zitat aus Mainstreaming the Mainframe von Compuware

Doch Vorsicht!

Viele dieser Applikationen sind über die Jahre zu wahre Monolithen herangewachsen und lassen sich nicht einfach so in Module umbauen. Es braucht Zeit und der drohende Verlust an Business Know-how sowie fehlende Dokumentationen erhöht den Druck für eine Modernisierung. Daher reicht es nicht, nur die Tools zu erneuern. Auch Prozesse müssen agiler werden. Vierteljährliche Deploymentzyklen sind nicht mehr zeitgemäß, bremsen eine rasche Anpassung von Applikationen und verringern die Reaktionsgeschwindigkeit von Organisationen.

Fazit

Unternehmungen welche mit dem Mainframe groß geworden sind können es sich nicht leisten ihre Assets nur zu verwalten. Der Mainframe wird zwar auch in Zukunft Teil der «IT-Enterprise Landschaft» bleiben. Muss jedoch gut in diese integriert werden. Hier bekommt die Service Orientierten Architektur und die Verwendung von APIs eine große Bedeutung.

Mit einer Investition in Tools welche die bestehende Komplexität der Programme abbilden, die Automatisierung unterstützen und eine attraktive Arbeitsumgebung für neue Mainframe Programmierer*innen schaffen, sowie Prozesse und Weiterbildungen welche agiles Arbeiten fördern, kann alter Code in guter Qualität unterhalten werden.

Mit «Data as a Service» werden die Daten von der Plattform unabhängig. Für Anwendungsentwickler*innen ist es nicht mehr relevant wo diese gehostet werden und der Mainframe kann seine Stärken in der Daten- und Transaktionsverarbeitung ausspielen.

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Stephan Hug

Verheiratet, Vater von zwei Kindern und seit fast zwei Dekaden in diversen Rollen bei einem großen Finanzdienstleister

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