Was bringt „T-Shaping“ und wie bleibt man realistisch?

„T-Shaping“, „Pi-Shaping“ oder „Multi-Shaping“ wird immer wichtiger. Leider wird das Thema aber derart mit Erwartungen überladen, dass dessen Einführung oft scheitert. Aber was ist die Idee hinter diesem „Shaping“? Und welche Fragen helfen bei der Fokussierung?

Meine Erkenntnisse kurz zusammengefasst.

Heutige Arbeitsmodelle basieren oft auf Generalisten und Spezialisten

In den meisten Firmen wird im klassischen Rollenmodellen gearbeitet. Klar definierte Funktionsbeschreibungen und Hierarchien pressen die Mitarbeiter in die benötigte Struktur.

Die Generalisten denken in der Breite und erfassen Aufgabenstellungen gesamtheitlich, während die Spezialisten mit ihrem tiefen Fachwissen die gestellten Teilaufgaben erfolgreich umsetzen.

Für viele Branchen ist dieser Ansatz optimal und die Mitarbeiter entwickeln sich entsprechend ihren Stellenbeschreibungen.

Mit der zunehmenden Veränderung der Arbeitswelt und der fortschreitenden Digitalisierung sind aber solche Strukturen in vielen Branchen nicht mehr zeitgemäss. Die starren Strukturen behindern die Flexibilität. Zudem benötigen Firmen Mitarbeiter, welche sich in mehreren Bereichen auskennen und sich vernetzen können.

Die Idee hinter dem „Shaping“

Jeder Mensch verfügt über vielfältige Fähigkeiten, Stärken und Schwächen. Abhängig von der Jobstruktur wird aber oft nur ein Teil des Potentials genutzt und weiterentwickelt. Dies kann zu Demotivation und Desinteresse führen.

Wenn man nun starren Strukturen aufbricht und ein vertrauensvolles Umfeld schafft, bieten sich dem Mitarbeiter Entwicklungsmöglichkeiten in mehreren Richtungen. Die enge Zusammenarbeit in einem gut geführten Team fördert den Wissenstransfer und die persönliche Weiterentwicklung.

Der Mitarbeiter profitiert: Mit seinem Fachwissen wird er auch weiterhin der wichtige Spezialist auf „seinem“ Fachgebiet bleiben. Aber dank der Erweiterung der eigenen Skills kann er sich nun auch in andere Bereiche einbringen und Wissen aufbauen. Seine Arbeit wird dadurch vielfältiger und interessanter was die Zufriedenheit und Motivation positiv beeinflusst. Mit seiner „Horizont-Erweiterung“ wird er aber auch wichtiger für den Arbeitgeber und interessanter auf dem Arbeitsmarkt.

Die Firmen profitieren: Die Schnittstellen zwischen den Mitarbeiten werden fliessend und die Kommunikation wird vereinfacht. Der Wissenstransfer geschieht automatisch was zu besseren Entscheidungen führt. Zudem können die Mitarbeiter vielfältiger und flexibler eingesetzt werden. Schlussendlich wird sich die Umstellung auch in der Qualität, Quantität und den Durchlaufzeiten wiederspiegeln.

Welche Fragen sollten vor der Einführung von „T-Shaping“ geklärt sein?

Folgende Fragen helfen bei der Fokussierung, um die Umstellung nicht zu überladen

  • Zielsetzung: Was will man mit „T-Shaping“ erreichen?
    • Teams gleichmässiger auslasten oder „Einzelkämpfer“ entlastet?
    • Redundanzen für Schlüsselpersonen aufbauen?
    • Skills ausbauen?
    • Steigern der Qualität oder der Quantität?
    • Kostenreduktion?
  • Firmenstruktur:
    • Passt die Zielsetzung überhaupt?
    • Ergibt sich eine einheitliche Ausrichtung?
  • Organisation: In welchem organisatorischen Umfeld soll T-Shaping umgesetzt werden?
    • Auf Team oder Abteilungsebene?
    • Ist die Organisation dafür richtig aufgestellt?
    • Stimmt die Teamzusammensetzung?
    • Herrscht ein vertrauensvolles Klima?
  • Zeithorizont: Wieviel Zeit steht für die Umsetzung zur Verfügung?
  • Mitarbeiter:
    • Wie werden sie in den neuen Setup überführt?
    • Erhalten die Mitarbeiter genügend Freiräume und Freiheiten, um sich zu entwickeln?
    • Dürfen Mitarbeiten mitentscheiden?
    • Es wird Leute geben welche sich im neuen Setup nicht wohl fühlen?
  • Einführung:
    • Wie soll „T-Shaping“ ausgerollt werden?
    • Wie wird kommuniziert?
    • Wie kann die aufkommende Unsicherheit der MA entkräftet werden?
  • Kommunikation:
    • Wie kommuniziert man die Needs und die Benefits?
    • Wie kann man dem Mitarbeiter die Umstellung schmackhaft machen?
  • Kontrolle: Wie lässt sich das „Shaping“ kontrollieren und in die richtigen Bahnen lenken?
  • Kosten: Was darf die Umstellung und das Weiterführen von „T-Shaping“ kosten?

 …und zu guter Letzt ein paar persönliche Anmerkungen:

  • „Jeder kann alles“ ist das grösste Missverständnis bezüglich T-Shaping
  • „Wer zahlt, befiehlt“ ist kontraproduktiv
  • Weniger ist mehr
  • Ein nachhaltiges „Shaping“ braucht Zeit
  • Der Wechsel vom Spezialistentum hin zu einem „T-Shaping“ ist hauptsächlich ein „Mindset-Change“. Organisatorische Anpassungen unterstützen den Prozess.
  • Nicht jede Person lässt sich auf die gleiche Art und in der gleichen Zeit „shapen“

 

https://agilemanifesto.org/

 

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Gery Wyss

Gery Wyss arbeitet als Plattform-Manager bei der Swisscom (Schweiz) AG

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