Kann ein Mensch eine emotionale Bindung zu einer Maschine aufbauen?

Menschen gehen zunehmend emotionale Bindungen zu Maschinen und Roboter aus Blech und Kunststoff ein. Steht die Menschheit nach Jahrmillionen Evolution jetzt an der Schwelle einer fundamentalen Verhaltensveränderung?

Zuerst ist alles nur Fiction

Im Jahr 2001 kommt der Sience Fiction «AI-Artificial Intelligence» von Steven Spielberg und Stanley Kubrick ins Kino, welcher die Entwicklung der emotionalen Bindung zwischen Menschen und Maschine eindrucksvoll und «hollywood like» beschreibt. Der Film hinterliess damals dem Zuschauer den üblichen befremdenden Beigeschmack. – Zeitsprung – Im Jahr 2019 zeichnet sich bereits ein deutlich verändertes Bild in der Beziehung zwischen Menschen und Roboter ab. Automatisierte Rasenmäher und Staubsaugerroboter haben unseren Alltag längst erobert. Wir verleihen den Geräten Namen und behandeln sie wie Familienmitglieder oder Haustiere. Wenn der Rasenmäher bei Wind und Wetter seine Dienste verrichtet, bemitleiden wir ihn mit Worten wie «Ach nein, du Armer!».

Wenn der Mensch sich seiner neu erschaffenen Welt unterwirft

In der Psyche des Menschen verändert sich das Wahrnehmen. In der Fachliteratur wird diese Anpassungsfähigkeit als Neuroplastizität bezeichnet. Darunter verstehen wir, dass sich Menschen kontinuierlich mit ihren Verhaltensmustern der veränderten Umwelt anpassen können. Diese Fähigkeit hat den «Homo Sapiens» während den vergangenen sieben Millionen Jahren mehrmals vor dem Aussterben bewahrt. In der aktuellen Entwicklung nähert sich der Mensch der von ihm geschaffenen Maschinenintelligenz und Robotik auf revolutionäre Art. Dabei wird nicht nur die Angst vor der toten Materie überwunden, es werden gar tiefe Emotionen und Zuneigung entwickelt. In einem weiteren Hollywood-Werk «her» aus dem Jahre 2013, wird die Entstehung einer emotionalen Beziehung zwischen einem Mann und einem Betriebssystem mit weiblicher Stimme, also einem digitalen Code eindrücklich inszeniert. Die zu beantwortende Frage dazu lautet: Lässt sich unser Bewusstsein soweit (selbst) manipulieren, dass wir die menschlich typischen Wesenszüge wie Wärme, Sanftheit, Haptik, Duft etc. ausblenden können? Wenn die Frage basierend auf der Theorie der Neuroplastizität beantwortet wird, lautet die Antwort klar JA.

Heute ist bereits morgen

Auch wenn es für viele Menschen wie Utopie klingt, die Verschmelzung von Mensch und Maschine findet nicht nur auf der physischen- (Körper), sondern zunehmend auch auf der emphatischen Ebene statt. Am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart laufen aktuell umfangreiche Studien und Versuche zum Thema Kollaborative Robotik in der Altenpflege». Dabei steht nicht nur die Unterstützung von Menschen durch Roboter im Zentrum, sondern zunehmend die zwischenmenschliche Betreuung und Zuneigung. Die kulturellen Unterschiede sind allerdings von zentraler Bedeutung. Während sich Japaner ohne jeglichen Vorbehalt auf Roboter einlassen, herrscht in Europa und den USA noch Zurückhaltung. Der humanoide Roboter «Sophia», welcher als erster über eine anerkannte Staatsbürgerschaft in Saudi Arabien verfügt, präsentiert mit einer weit entwickelten künstlichen Intelligenz bereits detaillierte Wesenszüge und Emotionen.

Menschen lieben Roboter! Was vor 20 Jahren noch undenkbar war, rückt nun in greifbare Nähe. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des soziodemografischen Wandels, der Überalterung und der Vereinsamung. Die Veränderung lässt sich nicht aufhalten, aber wir Menschen können uns auf eine veränderte Zukunft einstellen. Es bleibt jedenfalls spannend.

 

Beitrag teilen

Bernhard J. Hochspach

Bernhard J. Hochspach ist Management Consultant und Interim Manager bei der Eyros AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS CDO

Alle Beiträge ansehen von Bernhard J. Hochspach →

Schreibe einen Kommentar