Netzwerk statt Hierarchie

Hierarchie überordnen?

Von Kindesbeinen an wachsen die meisten von uns in einem hierarchisch geprägten Umfeld auf, wir gewöhnen uns an die Rangordnungen, wissen wie man darin agiert und früher oder später geht dieses Konzept uns in Fleisch und Blut über. Familien-Strukturen, Arbeitswelt, Regierungssysteme, alles ist in der Regel hierarchisch aufgebaut. Hierarchien sind beliebt, ja fast selbstverständlich in jeder Situation implementiert. Vielleicht auch, weil ebendieses Konzept nicht mehr erklärt werden muss. Die Über- und Unterordnung definiert fast implizit ein Wertesystem, dem wir kaum entfliehen können. Selbst die Tier- und Pflanzenwelt basiert scheinbar auf dem hierarchischen Prinzip, was soll uns daran zweifeln lassen, dass es sich dabei um das einzig wahre System handelt?

Durch die automatische Adaption des Systems in Kindsjahren fällt es uns einfach, uns in neuen, bisher unbekannten Hierarchien zurecht zu finden. Ist auf den ersten Blick nicht die bisher gewohnte Organisationsstruktur erkennbar, haben wir Mühe, Werte Stufen zuzuweisen, weil scheinbar keine Stufen vorhanden sind. Wir brauchen eine Anleitung, wie das System funktioniert und müssen neu lernen, die Vor- und Nachteile der Struktur zu erkennen und damit zu arbeiten.

Auch gibt es seit ein paar Jahren immer wieder Ansätze in Unternehmen, die Organisationsstruktur neu zu gestalten, um sich von den festgefahrenen Prinzipien lösen zu können und so Freiraum für Kreativität und Eigenbestimmung zu schaffen.

Hierarchie unterordnen

Einige mutige Unternehmen haben sich gewagt, die Hierarchie in ihren Firmen auf den Kopf zu stellen oder sogar ganz abzuschaffen. Ein glänzendes Beispiel dafür ist der Computerspiele-Entwickler „Valve„. Von den Erfahrungen bei Microsoft profitierend gründeten Gabe Newell und Mike Harringten 1996 nach mehr als einem Jahrzehnt Windows-Entwicklung ihre eigene Spiele-Entwicklungsfirma. Nach dem riesen Erfolg mit dem Game „Half Life“ ging es schnell steil bergauf mit dem Unternehmen, womit auch Ruhm und Geld verbunden war. Nachdem Valve mit „Steam“ ihre eigene Publikations-Plattform entwickeln und etablieren konnte, waren sie ab 2012 nicht mehr von einem Verlag abhängig.
Dies war der Startschuss für die Transformation von ihrem bisher gelebten tief hierarchischen System hin zu einer flachen Organisationsstruktur. Die Mitarbeiter bekamen die Möglichkeit, frei zwischen den Abteilungen zu wechseln.

Fortan wurde nur noch an Produkten gearbeitet, an denen die Entwickler auch Spass hatten. Dazu gehörte auch, dass nicht der Chef bestimmte, welche Titel erfolgreich werden sollten, sondern dass Mitarbeiter versuchten, andere für gemeinsame Projekte zu gewinnen. Dies führte einerseits dazu, dass einige geplante Titel fallen gelassen wurden, weil sich niemand mehr dafür interessierte oder sie als chancenlos betrachtet wurden.

Mit der Übergabe von so viel Verantwortung kam jedoch auch eine Verpflichtung: Fehler und Fehlentscheidungen spüren die Entwickler direkt und müssen sich dann selber darum kümmern, diese auszumerzen.

 

Meine persönliche Meinung ist, dass sich sehr viel Potential in dem experimentieren mit Unternehmensstrukturen steckt. Ich glaube nicht, dass es „DAS“ System gibt, welches immer in jeder Firma funktioniert, vielmehr besteht die Kunst darin, sich als Unternehmen immer und immer wieder zu verändern und weiter zu entwickeln. Die Dynamik ist extrem wichtig und kann sich verändern, sobald es einen Personalwechsel innerhalb eines selbstorganisierten Teams gegeben hat. Newell sagte auch, dass es auch viele hervorragende Entwickler in ihrer Firma gäbe, die sich überhaupt nicht wohl fühlen in dieser Struktur. Nun ist es an der Firma als Ganzes, um ebendiese Personen richtig zu fühlen und abzuholen, allenfalls sogar die interne Struktur wieder etwas anzugleichen.

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