Suchmaschinen liefern zahlreiche Artikel zu Tipps & Tricks oder den häufigsten Fehlern bei der Einführung von Business Intelligence. Dieser Beitrag beleuchtet Erfolgsfaktoren und zeigt auf, wie SIGA als Hersteller von Produkten für die wind- und luftdichte Gebäudehülle mit Unterstützung des Toyota Production Systems (TPS) versucht den Wandel zur datengetriebenen Unternehmenskultur zu meistern.
Neben den richtigen Mitarbeitenden ist der richtige Umgang mit Daten heutzutage wohl unbestritten eine wesentliche Voraussetzung, um als Unternehmen erfolgreich zu sein. Die digitale Transformation schreitet unaufhörlich voran und Advanced Analytics oder Artificial Intelligence sind längst nicht mehr Themen, welche nur Grosskonzerne beschäftigen. Doch wie gelingt der Wandel hin zum „Data-Driven Business“?
Im Web reiht sich Artikel an Artikel mit verheissungsvollen Titeln wie „Die 10 häufigsten Gründe für das Scheitern von BI-Projekten“ oder „10 Tipps für den Einsatz von Business Intelligence (BI)“. Publiziert werden diese Artikel häufig von Bloggern, IT-Fachmagazinen oder Consulting-Unternehmen. Im Rahmen meiner Recherche hat jedoch insbesondere die Studie „BI Trend Monitor 2019“ des Business Application Research Centers (BARC) mein Interesse geweckt.
Der kulturelle Aspekt gewinnt an Bedeutung
Gemäss BI Trend Monitor legen Unternehmen vermehrt Wert darauf eine datengetriebene Firmenkultur zu erschaffen. Dieser Trend ist in der seit 2016 durchgeführten Studie erstmals aufgeführt und hat es auf Anhieb auf den fünften Rang geschafft. Gemäss BARC-CEO Dr. Carsten Bange bedeutet die Schaffung einer datengetriebenen Unternehmenskultur das Bauchgefühl durch Entscheidungen zu ersetzen, die auf Daten und Fakten beruhen.
„Eine datengetriebene Unternehmenskultur zu schaffen heisst, Bauchgefühl durch Entscheidungen zu ersetzen, die auf Daten und Fakten beruhen.“
Dr. Carsten Bange
Während die Einführung einer datengetriebenen Unternehmenskultur in Nordamerika, Grossbritannien und Irland sogar auf Platz 1 rangiert, kommt diesem Aspekt in der DACH-Region (D, A, CH) mit Rang 7 momentan noch deutlich weniger Bedeutung zu. Gemäss Dr. Carsten Bange bietet eine derartige Kultur jedoch den idealen Nährboden, auf dem sowohl Regelwerke wie eine Data Governance als auch konkrete Umsetzungsformen wie ein strukturiertes Stammdaten- und Datenqualitätsmanagement optimal gedeihen. Eine solche kulturelle Veränderung soll allerdings nicht dazu verleiten sämtlichen Daten blindlinks zu vertrauen, vielmehr sollte sie laut BARC-CEO dazu anregen, die Entwicklung von Interpretationsfähigkeiten und kritischem Denken im Umgang mit Daten zu fördern.
„Eine datengetriebene Kultur bedeutet jedoch nicht, dass man diesen Zahlen blind folgt.“
Dr. Carsten Bange
Neben der Schaffung einer datengetrieben Unternehmenskultur resultieren aus der BARC-Studie einige weitere Empfehlungen, welche es Unternehmen ermöglichen dem Wettbewerb im Bereich von Business Intelligence einen entscheidenden Schritt voraus zu sein:
- Bewerten sie aufkommende Trendthemen für ihr Unternehmen, seien sie mutig und wagen sie sich in Form von Pilotprojekten an Trendthemen heran.
- Trainieren sie ihre Mitarbeitenden im Umgang mit Daten und Analytik.
- Kümmern sie sich um eine ausreichende Datenqualität.
- Verstehen sie die unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich Datenanalyse.
- Validieren sie die bestehende Informationsarchitektur bezüglich aktueller und zukünftiger Herausforderungen.
- Achten sie auf Self-Service-Herausforderungen.
- Richten sie eine grundsätzliche BI- und Datensteuerung (Data Governance) ein, um Chaos zu vermeiden.
Das SIGA-Rezept zur datengetriebenen Unternehmenskultur
Beim Ruswiler Hersteller von Hochleitungsklebeprodukten begann man sich 2016 intensiver mit BI auseinanderzusetzen. CFO Peter Scherrer hat es sich in der Folge mit viel Herzblut und Begeisterung zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung in diesem Bereich voranzutreiben. Gestartet mit einer externen Masterarbeit über Erfolgsfaktoren von BI in Finanzdepartementen wurden schon bald die ersten sieben Kernreports fürs Controlling in Microsofts Power BI erstellt. Es folgte die Erschliessung weiterer Anwendungen mit Fokus auf die Departemente Finance und Sales. Heute ist das Unternehmen mit einem zweiköpfigen, organisatorisch nach wie vor an den Finanzbereich angegliederten Team daran, weitere Nutzen versprechende Anwendungsgebiete zu erschliessen. Schrittweise werden Kompetenzen aufgebaut, um allmählich ein Business Intelligence Competence Center (BICC) zu etablieren, dass im Stande ist sich um sämtliche Aspekte rund um BI zu kümmern.
Ich wollte von Peter Scherrer persönlich erfahren, was aus seiner Sicht die richtige Vorgehensweise für SIGA ist und welche Faktoren er für am wichtigsten hält:
- Wir wollen nicht möglichst viele Daten speichern, vielmehr versuchen wir die richtige Auswahl an Daten zu treffen und diese dann auch wirklich zu verstehen.
- Wir erschliessen mit BI in erster Linie Themen, derer Auswertung für das Unternehmen von grosser Wichtigkeit ist, wenn eine erhöhe Komplexität vorliegt oder die konventionelle Datenauswertung mit grossen Aufwänden verbunden ist.
- Wir nutzen häufig den Proof of Concept Ansatz, um ein Minimum Viable Product (MVP) zu schaffen, anhand dessen den Fachabteilungen Technologie und Nutzen in realen BI-Anwendungsbeispielen aufgezeigt werden kann.
- Die Geschäftsleitung ist überzeugt von der Wichtigkeit der BI-Aktivitäten.
- Sorgfältige Auswahl externer Partner/Berater in der Anfangsphase und zum Aufbau grundlegender Technologien und Strukturen.
- Regelmässiger Austausch mit Experten mit SIGA-Branchenkenntnissen bezüglich Trends rund um BI.
- Intensive Ausbildung/Befähigung der User in den Fachabteilungen, um Daten und Auswertungen richtig interpretieren zu können und so im Gegenzug Inputs für neue Anwendungsfälle zu generieren.
- Definition von Standards für Reports und Dashboards, damit die User sich schnell zurechtfinden und die Technologie aus intrinsischen Motiven nutzen.
Trotz diesen Erfahrungswerten bewegt sich SIGA gemäss Peter Scherrer nach wie vor in den Anfängen im Umgang mit Business Intelligence und hat noch lange nicht alle relevanten Anwendungsgebiete erschlossen. Der Schlüssel zum Erfolg sind aus seiner Sicht die richtigen Köpfe, die die richtigen Fragen Stellen und so das notwendige Datenmaterial heranschaffen.
Kultur der kontinuierlichen Verbesserung in Wettbewerbsvorteil ummünzen
Damit SIGA der Wandel zu einer datengetriebenen Organisation gelingt, bedarf es einiger Voraussetzungen. Neben technischen Aspekten muss nicht zuletzt eine Unternehmenskultur etabliert werden, die den Wandel zur datenbasierten Entscheidungsfindung unterstützt und die Mitarbeitenden in den Fachabteilungen entsprechend befähigt.
Die intensive Auseinandersetzung mit dem Toyota Production System hat SIGA in den vergangenen 11 Jahren wertvolle Erkenntnisse geliefert und die Denkhaltung der Beschäftigten grundlegend verändert. Damit ein System wie TPS mit derartiger Konsequenz gelebt werden kann, braucht es eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, die vom Management Tag für Tag eingefordert und vorgelebt wird. „Der aktuelle Zustand ist der schlechtest mögliche“, lautet die SIGA-Devise. Auf Basis dieser Veränderungsbereitschaft geht es nun auch im Bereich von BI darum, die Technologie zu verstehen und kontinuierlich Mehrwert generierende Anwendungsfälle zu erschliessen.
Zudem ist es eminent wichtig, die Nutzer im Umgang mit BI-Tools zu trainieren und Daten und Reports stetig zu hinterfragen. Nur so gelingt es die Datenqualität fortwährend zu verbessern und das Vertrauen ins Datenmaterial zu stärken.