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Was darf ich?

Darf ich als Dozent:in in einen Foliensatz Bilder und Grafiken einbinden, die ich aus dem Internet heruntergeladen oder einer wissenschaftlichen Publikation entnommen habe? Darf ich den Foliensatz dann auf ILIAS zur Verfügung stellen oder auf LinkedIn? Wie sieht es aus mit Fotos von Studierenden, die während einer Exkursion entstanden sind und die die HSLU für Werbezwecke nutzen möchte? Im Rahmen eines Workshops zur rechtssicheren Nutzung von Materialien gaben zwei Juristinnen der HSLU und der ZHB Luzern Auskunft.  

Materialien auf Lernplattformen wie ILIAS  

Der Workshop war Teil des gemeinsamen Projekts «Rechtssicherheit mit Lehrmaterialien» der HSLU-Bibliotheken, der Zentral- und Hochschulbibliothek (ZHB) und des ZLLF, das die HSLU aus den gemeinsamen Mitteln der Gesamthochschule finanziert. Ausgangspunkt des Workshops bildete ein Referat der Juristin Andrea Lohri, die sich unter anderem mit Fragen des Urheberrechts im Internet beschäftigt und als Fachreferentin für Recht an der ZHB arbeitet. Andrea Lohri näherte sich der Thematik nicht von der Nutzung, sondern von der Entstehung eines Werkes: Rechtliche Basis ist das Urheberrecht, das es den Urheber:innen von konkret dargestellten Werken ermöglicht, Dritte von der Nutzung auszuschliessen. Solange eine Urheberin also einer Nutzung nicht zustimmt oder die Nutzungsrechte abtritt, dürfen Werke nicht genutzt werden. Allerdings gibt es Ausnahmen, bei denen Urheber:innen die Nutzung generell akzeptieren müssen. Dies trifft etwa für eine schulische Verwendung zu. Grundsätzlich können damit also auch urheberrechtlich geschützte Materialien für den Unterricht genutzt werden. Dabei kann auch im digitalen Zeitalter ein Vergütungsmechanismus zur Anwendung kommen, der die Urheber:innen für die Nutzung entschädigt, sofern diese sich einer zugelassenen Verwertungsgesellschaft in der Schweiz (ProLitteris, SUISA usw.) angeschlossen haben. Über die Schweizer Verwertungsgesellschaften zahlen beispielsweise Fachhochschulen pro Jahr und Student:in knapp 25 Franken für die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Materialien.  Wichtig ist dabei, dass die genutzten Materialien den – physischen und digitalen – Rahmen der Bildungsinstitutionen nicht verlassen: Materialien können also etwa auf passwortgeschützten Lernplattformen wie ILIAS für die Aus- und Weiterbildung zur Verfügung gestellt werden, nicht aber an Orten, die allgemein zugänglich sind, wie öffentlichen Blogplattformen oder Webseiten.  

Fotos mit Personen und Youtube-Videos 

Carmen Zimmermann, Rechtskonsulentin der HSLU, besprach im Workshop zusammen mit Andrea Lohri typische Fragestellungen rund um die rechtssichere Nutzung von Materialien. Thematisiert wurden u.a. Fotos, auf denen Personen erkennbar sind. Hier ist neben dem Urheberrecht der Fotografin auch das Recht der fotografierten Personen am eigenen Bild zu beachten. Man muss also für die Verwendung von Bildern auch das Einverständnis der abgebildeten Personen einholen – Ausnahmen gibt es hier lediglich für «öffentliche Personen» wie etwa Politiker:innen. Nutzt man Bilder aus Datenbanken oder anderen Quellen, ist ein Blick in die entsprechenden Geschäftsbedingungen oder eine Rückfrage an die Fotografin also unerlässlich, und im Zweifelsfall oder bei einer breiten Nutzung sollte man direkt bei den abgebildeten Personen nachfragen. Weniger heikel sind hingegen Fotos, die Gebäude oder Szenarien zeigen, die sowieso für die Öffentlichkeit sichtbar sind. Hier gilt die sogenannte Panoramafreiheit. Ein Foto des KKL von aussen kann man also ohne Weiteres veröffentlichen, wenn man es selbst aufgenommen hat oder die Fotografin als Urheberin des Fotos der Veröffentlichung zustimmt. Auch für die Nutzung von Youtube-Videos sind die juristischen Hürden kleiner, als man befürchten könnte: So können Youtube-Videos verlinkt oder in eigene Websites und Unterlagen eingebettet werden. Rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich erst, wenn man Videos herunterlädt und dann seinerseits zur Verfügung stellt.   

Kompliziert, aber nicht hoffnungslos  

Für Laien machte der Workshop eines klar: Rechtsfragen zur Nutzung von Materialien werden rasch kompliziert. Dass die Rechtssetzung zum Urheberrecht ursprünglich offenbar primär Kunstwerke wie Bilder oder literarische Texte vor Augen hatte, erschwert die Anwendung auf Werke im digitalen Alltag zusätzlich. Es wurde aber auch deutlich, dass man als Dozent:in relativ viel darf, solange man Materialien für Unterricht im engeren Sinne für die Aus- und Weiterbildung nutzt und solange die Materialien in einem passwortgeschützten oder anderweitig personalisierten Rahmen verbleiben.  

Aufschlussreich war auch die Einsicht, dass im Einzelfall weniger das entsprechende Nutzungsszenario, sondern die Herkunft der genutzten Materialien relevant ist und dass sich deshalb der Blick in die Nutzungsbedingungen der entsprechenden Webseiten, Portale oder Datenbanken lohnt, wenn man Materialien übernimmt. Im Zweifelsfall sollte man, so eine weitere Erkenntnis, unbedingt und lieber einmal zu viel als einmal zu wenig beim Rechtsdienst der eigenen Hochschule nachfragen. Dadurch lassen sich Schwierigkeiten vermeiden, die andernfalls für Hochschulen aufwendig und teuer werden können. So suchen einzelne Anwaltskanzleien auch im deutschsprachigen Raum gezielt nach urheberrechtlich geschützten Bildern im Internet und verlangen, falls sie fündig werden, im Namen der Urheber überrissene Abgeltungen für die (bereits erfolgte) Nutzung. Auch die Luzerner Hochschulen mussten teilweise schon Rechnungen begleichen, nachdem Mitarbeitende der Hochschulen urheberrechtlich geschützte Fotos ohne Erlaubnis publiziert hatten.    

Generative KI: Alles ist unklar 

Im letzten Teil widmete sich Workshop der Rechtslage bei generativen KI-Tools wie ChatGPT oder Google Bard. Auch hier gab mit Dario Haux ein ausgewiesener Experte Auskunft: Haux hatte zur Frage promoviert, wie die Nutzung von kurzen Musik-Schnipseln («Samples») in der Musikbranche urheberrechtlich zu bewerten ist, und dabei aufgezeigt, dass eine Adaption des Urheberrechts an das digitale Zeitalter ein klares Desiderat darstellt. Entsprechend war sein Beitrag zum Workshop intellektuell stimulierend, aus praktischer Sicht aber eher ernüchternd: Seine Ausführungen zeigten auf, dass zahlreiche Bereiche der Rechtssetzung und Rechtsprechung von Applikationen der generativen KI tangiert sind. Gleichzeitig machte Haux deutlich, dass sich in diesen Bereichen zwar einiges mit dem bestehenden Rechtsrahmen bewältigen lässt, wirklich zufriedenstellende Antworten jedoch neue Konzeptionen im Recht erfordern – etwa die Anerkennung von KI als «Personen» bzw. «Urheber:innen». Die derzeitige Nutzung generativer KI, so das Fazit des zuhörenden Laien, ist juristisch ein einziges, grosses Fragezeichen. Als offener Punkt steht dabei nicht nur die Frage im Raum, wie KI-generierte Produkte zu bewerten sind und wer deren Urheber ist. Offen ist auch, ob es ratsam ist, urheberrechtlich geschützte Werke – etwa wissenschaftliche Literatur oder studentische Texte – in Applikationen wie ChatGPT, Google Bard oder DeepL einzuspeisen. Diese werden von den entsprechenden Unternehmen oft für das Training ihrer Systeme verwendet. Als Dozent:in sollte man es sich also gut überlegen, ob man eine studentische Arbeit bei Google Bard hochlädt oder die Zusammenfassung einer wissenschaftlichen Publikation veröffentlicht, die man sich von ChatGPT erstellen lässt.  

Auskunft zum Projekt geben: Cinzia Gabellini, Annika Henrizi, Simone Rosenkranz 

Weitere Informationen zu Urheberrecht und Lizenzen im Werkzeugkasten zum Umgang mit Informationen der HSLU-Bibliotheken und der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern.

 

Weiterer Workshop  

Termine für weitere Workshops folgen im FS 2024

 

Diesen Beitrag illustriert das Bild des Schopfmakaken-Männchens Naruto. Dieses Bild zeigt eindrücklich, welche Kreise Urheberrechtsfragen ziehen können und auch welche Folgen dies für die beteiligten Personen haben kann. 2011 gelangte Naruto auf der indonesischen Insel Sulawesi in einer unbeaufsichtigten Situation in den Besitz der Kamera des Fotografen David J. Slater und schoss damit u.a. dieses Selfie von sich. Anschliessend vermarktete der Kamerainhaber die Aufnahmen unter seinem Namen, wurde dann aber von der Tierschutzorganisation PETA wegen Urheberrechtsverletzungen verklagt, da Naruto die Aufnahmen gemacht und damit Inhaber der Bildrechte sei. Der Fall wurde nicht nur in den sozialen Medien kontrovers diskutiert, da entschieden werden musste, ob ein Tier im juristischen Sinne Persönlichkeitsrechte und damit auch Urheberrechte erwerben kann. Die Urheberrechtsfrage wurde über mehrere Jahre in verschiedenen gerichtlichen Auseinandersetzungen geklärt.

Bild: https://en.wikipedia.org/wiki/File:Macaca_nigra_self-portrait_large.jpg

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