Wie gelingt der Wissen-Praxis-Transfer? Die Antwort liegt in der Differenzierung von Lern- und Transfererfolg sowie den Begrifflichkeiten zur Kompetenz und zudem der Beachtung von sechs Gelingensbedingungen.
Voraussetzung für einen Wissen-Praxis-Transfer bzw. Transfererfolg ist ein vorab erzielter Lernerfolg, bspw. wenn Studierende neues Wissen gewinnen, welches u.a. mithilfe von Taxonomiestufen[1] erkannt und klassifiziert werden kann.
Für den eigentlichen Transfererfolg ist die an sich unsichtbare Kompetenz notwendig, welche sich über die Performanz bzw. Handlungen/Leistungen rund um konkrete Situationen in/aus der Praxis zeigen kann, bspw. wenn bei Mitmenschen – für die Soziale Arbeit geleistet wurde – eine entsprechende Verhaltensweise erkannt werden kann, welche durch vorausgehende Interventionen zu stimulieren versucht wurde. Über die Güte der Performanz entscheiden objektiv festgelegte Kriterien und subjektive Deutungen davon. Gerade in der Sozialen Arbeit sind Handlungen/Leistungen jedoch oft Koproduktionen von mehreren Individuen, somit kann die Güte je nach Individuum unterschiedlich eingeschätzt werden, ebenso wie der Erfolg oder Nutzen einer Handlung. Um Performanz zu erreichen/zu erzielen, braucht es demzufolge Kompetenz, welche u.a. aus Wissen und Können entsteht, wie folgende Grafik[2] zeigt.
Bildquelle: Haack (2019)
Gelingensbedingungen
Empirische Ergebnisse[3] zeigen, dass sechs Gelingensbedingungen für Transfererfolg mitentscheidend sind.
- Verantwortung übernehmen – Individuelle Lernprozesse sind hochgradig intrinsischer Motivation oder Demotivation ausgesetzt, Studierende selbst stehen hier in besonderer Verantwortung. Doch auch die Praxisorganisation ist u. a. verantwortlich dafür, dass entsprechende Lernarrangements sichergestellt werden, ebenso entsprechende Begleitung und Rückmeldungen.
- Determinanten verinnerlichen – Das Wissen und Bewusstsein um die Differenzierung von Lern- und Transfererfolg, Performanz, Koproduktion sowie Kompetenz.
- Kontextvariablen beachten – Die Herausforderungen an verschiedenen Einsatzorten sowie der Studierenden selbst. Das können Zeitdruck, der Umgang mit Nichtwissen, widersprüchliche Normen und Wertesysteme oder Resultatorientierung sein. Aber auch die eigene (Bildungs-) Sozialisation, das eigene Normen- und Wertesystem, die psychische und physische Verfassung, die intrinsische/extrinsische Motivation sowie das Umfeld u. ä. der Mitarbeitenden.
- Prinzipien einhalten und Anspruchsniveau beachten – Damit gemeint sind die Problem-/Ressourcen-/Situations-/Praxisorientierung, Interaktionsorientierung sowie die Handlungsorientierung – insbesondere der Wechsel zwischen Vorbereitung, Aktion, Reflexion, Vorbereitung usw. Zu beachten ist dabei das richtige Anspruchsniveau.
- Barrieren vermeiden – Dies sind a) Keine (differenzierte) Nachbereitung von Situationen (beispielsweise Beratungsgespräche), b) Zeitmangel, c) Vorgesetzte oder Praxisausbildende verhindern Lernarrangements aus Angst vor eigenem Statusverlust, d) zu hohe Erwartungshaltung, e) Schwellenangst in Situationen mit vulnerablen Zielgruppen, f) mangelnde Vorbereitung, vor allem in weniger formalisierten Lernumgebungen in der Praxis, wodurch dem selbst organisierten und -gesteuerten Lernen besondere Bedeutung zukommt.
- Vorwissen aktivieren – Gerade dieser Punkt lässt sich durch Studierende durch gezielte Vorbereitung sehr gut in den Alltag der Praxis einbinden.
[1] Vgl. Anderson, Lorin W.; Krathwohl, David R.; Airasian, Peter W.; Cruikshank, Kathleen A.; Mayer, Richard E.; Pintrich, Paul R.; Raths, James & Wittrock, Merlin C. (2001). A taxonomy for learning, teaching, and assessing: A revision of Bloom’s Taxonomy of Educational Objectives. New York: Longman.
[2] Vgl. Haack, Lucas (2019). Praxisausbildung: vom Lern-zum Transfererfolg. In Krucher Daniel (Hrsg.), Werkstattheft: Lernen im Spannungsfeld von Selbst- und Fremdsteuerung. Luzern: Interact.
[3] Vgl. Bäcker, Daniela (2017). Transferorientiertes Lerndesign. Universität St. Gallen, Institut für Wirtschaftspädagogik.