Für wen lehre ich, und wen schliesse ich aus?
Stand-Up Meeting vom 13. Juni 2025 zum Thema ‚Universal Design for Learning‘ mit David Loher, ZLLF, Moderation Ladan Pooyan-Weihs (Diversity-Beauftragte, HSLU I)
„Für wen lehre ich – und wen schliesse ich (unbewusst) aus?“
Diese grundlegende Frage stellte David Loher an den Beginn seiner Einführung zu Universal Design for Learning (UDL). In der Diskussion zeigte sich, wie komplex, wie unerlässlich das Thema ist – und wo die Schwächen von UDL liegen. Und als erstes Resultat ergab sich aus dem Stand-Up Meeting spontan eine Idee für ein Experimentiermodul, welche im Herbstsemester bereits umgesetzt werden kann: Im Bsc ImTech wird Laszlo Arato wird Inklusives Design im Rahmen der Leistungsnachweise testen.
Doch beginnen wir ganz vorne:
David Loher betont, dass es bei UDL nicht um ein didaktisches Rezept, sondern eher um eine Haltung – ähnlich wie hier im Bild aus dem Bereich der Universal Design in der Architektur dargestellt: Der Zugang zum Lernen soll für möglichst viele offen sein.
„Universal Design meint ganz grundsätzlich, dass ich von Anfang an meine Lehre oder den Zugang [dazu] so gestalte, dass es für alle nutzbar ist – wie hier im Bild zum Enabling Village.“ (David Loher)

Es geht dabei nicht nur um Barrierefreiheit, sondern eher um eine Vielzahl von unterschiedlichen Voraussetzungen der Studierenden, die es zu berücksichtigen gilt: berufliche oder familiäre Belastung, psychischer Stress oder First-Generation-Academics erschweren den Zugang zum Lernen auf unterschiedliche Weise.
UDL-Prinzipien: die drei Ebenen

Das Grundprinzip bei UDL besteht darin, dass versucht wird, den Studierenden auf allen Ebenen des Curriculums, Varianten zur Verfügung zu stellen: Also in Bezug auf Learning Outcomes, Methoden, Materialien und Überprüfung (Rose und Meyer, 2002).
Rose und Meyer (2002) definieren drei Ebenen für UDL-Anpassungen. Auf der Ebene der ‚Repräsentation‘ geht es um die Frage, ob wir Informationen auf verschiedene Arten darstellen können – dass z.B. Folie- und Textmaterial mit einem Podcast oder Video ergänzt werden. Auch beim Kompetenznachweis (Multiple means of expression) kann gefragt werden: Gibt es Varianten?
„Ich kann mich fragen: Muss ich immer die selbe Form der Überprüfung wählen – oder gibt es andere Prüfungsformen, in denen die Studierenden demonstrieren können, dass sie die Kompetenzen erworben haben?“ (David Loher)
Schliesslich wird auf der Ebene „Multiple Means of Engagement“ gefragt, wie Studierende mit dem Lerninhalten interagieren können und Studierende zum Lernen motiviert werden können.
Bei der Berücksichtigung von UDL in der Lehre sollten die Lernziele selbstverständlich weiterhin verbindlich bleiben: Ist beispielweise Auftrittskompetenz ein Modul-Lernziel, macht es wenig Sinn ein Projekt-Präsentation durch eine Möglichkeit zu ergänzen, einen Text oder Podcast abzugeben.
Kompetenzen unser Kompass – Grenzen der Individualisierung
Der Eindruck, dass immer mehr Studierende mit besonderen Bedürfnissen an Hochschulen präsent sind, täuscht nicht, so David Loher – doch es liegt wohl weniger an einer plötzlichen Zunahme von Diversität, sondern daran, dass sich über das Bildungssystem hinweg eine Kultur der Inklusion und des Nachteilsausgleichs etabliert hat. Studierende, die bereits in der Schule Unterstützung erfahren haben, treten heute mit grösserem Selbstbewusstsein und konkreten Erwartungen an die Hochschule heran. In der Diskussion um UDL zeigt sich, dass die zunehmende Individualisierung in der Lehre auch eine Herausforderung darstellen kann für Dozierende. Und vor dem Hintergrund wachsender Online-Teilnahme und steigendem Anteil an Studierenden, die berufsbegleitender studieren (vergl. BFS-Studie, 2024), rückt eine grundsätzliche Frage in den Fokus: An welcher Mehrheit sollten wir die Lehre künftig ausrichten? Für David Loher bleibt eines klar: Kompetenzen sind unser Kompass: Ein Curriculum, ein Modul hat einmal definierte Lernziele und Kompetenzen, die erreicht werden sollen. Diese bilden das Fundament und bleiben fix. Die zentrale Frage ist jedoch, auf welchen unterschiedlichen Wegen diese Ziele erreicht werden können – und wie flexibel Lehre gestaltet sein darf, ohne an fachlicher Verbindlichkeit zu verlieren.
Schwächen von UDL
Der Fokus von Universal Design for Learning liegt stark auf individuellem Lernen – auf der Gestaltung von Zugängen für einzelne Lernende. An Fachhochschulen spielt aber Lernen im Kollektiv eine wichtige Rolle, etwa in Gruppenprozessen oder in Laborformaten, welche eine physische Präsenz voraussetzen. Diese Aspekte sind nicht immer explizit in Lernzielen abgebildet. Die soziale Dimension von Lehre und Hochschule als gemeinschaftlicher Lernraum wird von UDL in diesem Sinne wenig berücksichtigt. Weil UDL sich auf das Lernen, das individuelle Lernen fokussiert.
„Die Frage, was Hochschule sonst ist: eine Sozialisierung in ein Berufsfeld hinein; in eine zukünftige Berufsgruppe und die Frage, wie das passiert, das wird mit UDL nicht geklärt.“ (David Loher)
Referenz und weiterführende Links:
- Rose, D. H., & Meyer, A. (2002). Teaching every student in the digital age: Universal design for learning. Association for Supervision and Curriculum Development.
- Link zu UDL: https://udlguidelines.cast.org/
- UDL-Guide des University College of Dublin: Dieser Guide und die Checklisten beziehen sich auf alle möglichen Aspekte von Hochschule, relevant für die Lehre und die Dozierenden im engeren Sinne sind S. 57-66:
Folien zu Universal Design for Learning von David Loher
Aufnahme zum Stand-Up Meeting