Wer mit KI arbeitet, muss selber denken, weil es KI nicht tut
Stand-Up Meeting zum Experimentiermodul „Praxisnaher Einsatz von KI für technische Projektarbeiten“, mit Benjamin Emmenegger und Sascha Roth, Moderation Nino Ricchizzi, 3. Juni 2025
Was müssen Studierende heute wirklich können – und was kann ChatGPT für sie übernehmen? Hört man den Dozierenden Sascha Roth und Benjamin Emmenegger zu, wird klar: Der Umgang mit KI setzt ein solides Fundament an Basiswissen voraus – mehr denn je.
«Eigentlich konnte keiner das UML-Diagramm mit 2 Rollen erklären, im ganzen Raum nicht und das ist schon auch erschreckend im Sinne der Eigenverantwortung für, das, was generiert wurde.» (Sascha Roth)
POCs in 20 Minuten
Im vorgestellten Experimentiermodul konnten wir sehen, dass sich durch KI in kurzer Zeit erste überzeugende Proof-of-Concepts (POCs) realisieren lassen. Es entstehen Click-Dummies, welche die Funktionalitäten eines kleineren Webshops oder eines Pizza-Lieferservice visualisieren. Dies z.T. ohne, dass Studierende selbst programmieren – bloss mit sogenanntem „Wipe Coding“ aus der KI – welche Ideen in Code umsetzt. Die Studierenden haben teilweise noch Anpassungen vorgenommen oder Bilder ergänzt; ansonsten handelte es sich um generierte Ergebnisse. Für den Kontext der Projektarbeit sind die Leistungen damit über den bisherigen Resultaten – auch wenn sie weit weg von der Realität von Projekten mit komplexeren Architekturen sind.
Steigen jetzt die Erwartungen an die Ergebnisse?
Was wir hier beschreiben, dürfte die Erwartungshaltung für Projektarbeiten anheben. Konkret können die Zieldefinitionen mit Mockups-Ergebnissen ergänzt werden. Und es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis auch bei den Wirtschaftspartnern die Erwartungen steigen.
«Etwas, was ich sicher mitnehme, ist, […] ich erwarte künftig bei solchen Projektarbeiten, dass ein klickbares Ergebnis da ist […] damit der/die KundIn schon mal anzuschauen hat». (Benjamin Emmenegger)
Wie verändert sich die Betreuung von Projektarbeiten?
Eine provisorische Liste möglicher Neuerungen: von Aufgabenstellung bis Abgabenbewertung.
- Erarbeitung Aufgabenstellung:
Bisher: Ziele, Methoden und Resultate müssen auf Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit kontrolliert werden.
Neu: Das Verständnis für die Ziele, das Vorgehen sowie die definierten Resultate werden verstärkt geprüft. Die Projektziele können mit klickbaren Mockups ergänzt werden. - Besprechungen mit den Studierenden:
Bisher: Besprechung der Projektportschritte.
Neu: Kritische Fragen, die zum Denken zwingen sind neu zentral: Z.B. „Was sind die drei zentralen Aussagen?“, „Welche Schwächen hat das Modell?“ Wer eine Projektarbeit präsentiert, muss die Resultate auch erläutern können.
Neu gilt auch, dass Sitzungen früh im Prozess angesetzt werden sollten. Dozierende können so früh gezielt nachhaken – und Mockup-Ideen z.B. mit Fragen aus dem KIS-Framework challengen. Peer-Feedback kann in diesem Kontext als Möglichkeit geprüft werden und als Lernmotor funktionieren. - Inhalt und Form:
Bisher: In Team-Projektarbeiten muss heute (z.B. mit einem Arbeitsjournal) ersichtlich sein, wer welchen Beitrag geleistet hat.
Neu: Bei „Teamarbeit mit KI“ muss heute anhand des abgegebenen Dokuments ersichtlich sein, was die schwerpunktmässige Nutzung von KI beinhaltete. Z.B. Ideenfindung, Code, Überarbeitung des Texts. - Bewertung Resultate
Bisher: Abschlusspräsentation und Befragung.
Neu: Die Präsentation kann heute auch ein klickbarer Prototyp beinhalten. Ausserdem ist eine verstärkte Prüfung der Reflexion der Ergebnisse erforderlich.
In Bezug auf den Unterricht lässt sich sagen, dass die Auswahl der Themen für KI-Unterstützung fachspezifisch ist. In diesem Fall waren Diagramme, POCs sowie Struktur von Projektarbeiten eine sinnvolle Auswahl an Themen, mit grossem KI-Potential. In anderen Fachbereichen kann dies variieren.
FAZIT: „Sowohl als auch“:
- KI muss überall ein Thema sein: Auf Grund des hier gezeigten Beispiels, scheint es sinnvoll, KI direkt in die jeweiligen Disziplinen zu integrieren, statt sie losgelöst in studiengangsunabhängigen KI-Kursen zu behandeln.
- KI-Literacy (Grundlagen) zentral vermitteln: Grundlagen sollten zentral behandelt werden, damit Studierende möglichst auf dem selben Stand sind. Dafür kommen mehrere Grundlagen-Modulen in Frage.
Das Experimentiermodul Praxisnaher Einsatz von KI für technische Projektarbeiten (FS25): Das Experimentiermodul schulte Studierende in drei freiwilligen, einstündigen Workshops darin, KI für technische Projektarbeiten zu nutzen. Es wurden Diagramm, die Struktur von Projektarbeiten und Programmierung von POCs thematisiert. Die Workshops beinhalteten einen Input, eine Gruppenübung und Diskussion der Resultate. Zum Kontext: In den Projektmodulen geht es darum Gelerntes (Programmierung, UX, Finance oder Business Modelling) in einem Projekt mit Praxispartnern anzuwenden.
Link zur Aufnahme des Stand-Up Meetings