KI in der Hochschullehre: Integration statt Experimentieren
Stand-Up Meeting mit Prof. Dr. D. Weßels, FH Kiel, 18. Nov. 2024, sie ist Wirtschaftinformatik (Projektmanagement und NLP) – KI und wissenschaftliches Schreiben sowie Mit-Initiatorin des VK:KIWA (Virtuelles Kompetenzzentrum)
Prof. Dr. D. Weßels LinkedIn-Post vom 15. Nov.2024
An der FH Kiel wird aktuell viel daran gearbeitet, Künstliche Intelligenz (KI) in verschiedene Module zu implementieren. Was ursprünglich als experimentelles Modul für eine „Schreibwerkstatt mit KI“ begann, hat sich inzwischen zu einem umfassenden Ansatz entwickelt, bei dem der Fokus weniger auf der reinen Erprobung, sondern vielmehr auf der Integration von KI in den Unterricht liegt. KI soll als ein fester Bestandteil der Lehr- und Lernprozesse betrachtet werden, so Weßels.
Bildungsdefizite und notwendige Weiterbildungsmassnahmen
Im Hinblick auf den rasanten Fortschritt der KI-Technologien besteht ein Bildungsdefizit bei vielen Dozierenden. Die Entwicklung ist aktuell so schnell, dass es für Lehrende schwierig wird, den Überblick zu behalten. Auch Studierende stehen vor der Herausforderung, mit diesen Innovationen Schritt zu halten.
Es wird zunehmend wichtig, Wege zu finden, wie Dozierende sich kontinuierlich weiterbilden können. Ein Beispiel für eine solche Weiterbildungsinitiative ist das „Virtuelle Kompetenzzentrum VK:KIWA , das unter anderem den „Tool Tip Tuesday“ anbietet – eine Plattform, in welcher Dozierende sich gegenseitig regelmässig neuen KI-Tools vorstellen. Dennoch bleibt die Herausforderung, dass es schwierig ist, alle relevanten Tools zu kennen oder umfassende Kenntnis der KI-Landschaft zu haben.
Wichtig ist ausserdem, dass Dozierende ein klares Verständnis für die potenziellen Probleme entwickeln, die mit dem Einsatz von KI-Tools verbunden sind. Inzwischen bekannt ist die sogenannte „KI-Halluzination“, bei der KI-Systeme falsche oder fehlerhafte Informationen generieren. Wir haben es mit statistischer Plausibilität zu tun nicht mit Fakten. Obwohl wir das wissen, scheinen dies gerade Studierenden immer wieder zu vergessen.
Belohnen statt verbieten: Anreize zum Ausprobieren schaffen
Ein wichtiger Aspekt der KI-Integration in die Hochschullehre ist es, eine Kultur des Ausprobierens zu fördern. Statt einer Verbotskultur sollten Anreize geschaffen werden, um Tools zu testen und Erfahrungen zu teilen. Ein solcher Ansatz kann kombiniert mit einem klaren Verhaltenskodex als Rahmen für den Umgang mit KI dienen. Dies kann dazu beitragen, dass Dozierende und Studierende offen für neue Technologien sind, ohne den Umgang damit zu scheuen.
Auch das gemeinschaftliche Lernen spielt eine zentrale Rolle. Es ist wichtig, den Austausch zwischen Studierenden zu fördern, damit diese voneinander lernen können: Welche KI-Tools haben Studierende bereits genutzt? Welche waren hilfreich und welche stiessen auf Schwierigkeiten? Dieser Austausch von Erfahrungen kann dazu beitragen, die Anwendung von KI in der Lehre weiter zu optimieren. Gleichzeitig können sich auch Dozierende so weiterbilden.
Der neue „Disclaimer“: Transparenz bei der Nutzung von KI-Tools
Eine besondere Herausforderung ist die Nutzung von KI bei wissenschaftlichen Arbeiten. Ein wesentlicher Aspekt der Transparenz wird die Einführung eines „Disclaimers“ für Studierende sein. Statt einer klassischen Eidesstattlichen Versicherung oder Eigenständigkeitserklärung denkt die FH Kiel im Moment darüber nach, künftig eine „Kennzeichnungserklärung“ eingeführt. In dieser geben Studierende an, welche Tools sie für ihre Arbeiten genutzt haben – und wofür. Ein anderer Ansatz, der Weßels vorbringt, ist ein sogenannte Whitelist, die deutlich macht, welche Tools nicht explizit genannt werden müssen, wie beispielsweise Google Search oder Microsoft integrierte Rechtschreibhilfen, könnte hierbei hilfreich sein. Andererseits müssen leistungsstärkere KI-Tools wie DeepL oder ChatGPT explizit benannt werden, um Transparenz zu gewährleisten.
KI im Projektmanagement: Unterstützung und Inspiration
KI bietet auch im Bereich des Projektmanagements Potenzial. Weßels nennt praktische Beispiele:
- KI für Szenarienvorschläge für die Lösung von Challenges: Eine Situation in der wir es in einem Projekt mit Widerstand zu tun haben. KI kann hier helfen. Sie schlägt verschiedene Szenarien vor und unterstützt so die Lösungsfindung.
- KI als Inspirationsquelle: z.B. wenn es darum geht, Aufgaben zu organisieren oder zu strukturieren – etwa bei der Erstellung von Texten von Arbeitsschritten.
- KI als Unterstützung bei der Qualitätssicherung: KI kann dazu beitragen, Aspekte zu identifizieren, die in der Analyse übersehen wurden, oder sogar widersprüchliche Stellen in längeren Texten aufzudecken.
Multi-Modalität
Ein weiterer Vorteil von KI ist ihre Fähigkeit, visuelle Darstellungen zu erzeugen. Visualisierungen sind nicht nur hilfreich, sondern oft ein entscheidender Faktor, um komplexe Informationen zu verstehen und darzustellen. KI sollte daher auch immer im Kontext der Multi-Modalität gedacht und genutzt werden – das bedeutet, dass verschiedene Formen der Information (Text, Bild, Audio) kombiniert und genutzt werden, um ein umfassenderes Verständnis zu fördern.
Die Zukunft der KI in der Hochschullehre: Multi-KI-Agenten und spezialisierte Forschungsbots
Langfristig wird die Bedeutung von Multi-KI-Agenten und spezialisierten Forschungsbots zunehmen. Diese intelligenten Systeme können immer spezifischere Aufgaben übernehmen und dabei helfen, komplexe Forschungsfragen zu beantworten, Szenarien zu entwickeln oder sogar bei der Analyse von wissenschaftlichen Arbeiten zu unterstützen. Die Entwicklung solcher Agenten wird die Lehre und Forschung in der Hochschullandschaft stark verändern. Eine konkret Vorstellung davon können wir uns heute noch nicht machen, so Weßels. Klar ist aber, dass eine Integration von KI in der Hochschullehre eine Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten –Dozierenden und Studierenden und Leitenden bedingt.
Weßels betont: «Der Weg zur erfolgreichen Integration von KI in die Hochschullehre ist lang, aber er ist bereits in vollem Gange.»
(Stand-Up Meeting ohne Aufnahme)