Klarheit für Top-Noten: So definieren wir Lernziele und Beurteilungskriterien
Stand-Up mit Martin Vogel und Benjamin Emmenegger, 18. März 2024
Wie definieren wir „genügend“ und wo setzen wir die Messlatte für eine Top-Note an? Der Begriff „Teachers Clarity“ (John Hattie, 2008, Wikipedia) beschreibt die klare Kommunikation von Lernzielen und die Definition von Lernerfolg. Im Klartext geht es darum, dass Studierende wissen, wie sie beispielsweise die Note 6 erreichen können. Typischerweise reicht es nicht, einfach die Prüfungsaufgaben korrekt und vollständig zu lösen oder die Ziele einer Projektarbeit zu erreichen. Für ein «Sehr-gut» braucht es zusätzliche Leistungen. Machen wir diese optionalen Ziele explizit, wird es für die Studierenden nachvollziehbar, was es für die Maximalnote braucht.
Markus Waldmann drückt es so aus:
«Ich erkläre es den Studierenden so: Liefern sie das erwartete Resultat, erhalten Sie die Note 5. Alles, wo ich sagen muss, da fehlt etwas, wird mich dazu veranlassen den «Zeiger» Richtung 4 zu schieben. Und alles, wo ich denke, da hat er oder sie mehr gemacht; über den Tellerrand hinausgedacht; eine Anschlussfragen geklärt; die Abgrenzung sauber gemacht – wird den Zeiger nach oben, Richtung 6 beeinflussen. Kurz, erwartet wird eine gute Arbeit. Eine solche wird mit der Note 5 bewertet.“
! Hinweis auf das Merkblatt zur Wissenschaftlichkeit – Mit der geltenden Definition der Note „6 = Erwartungen weit übertroffen“, respektive „B = Kriterien erfüllt“
(S. 7).
Minimalziele und optionale Ziele
Florian Wamser arbeitet noch einmal anders, indem er bei Lernnachweisen Minimalziele angibt: Sind diese Ziele erreicht, erreichen die Studierenden die Note 5. Zusätzlich wird eine Reihe von optionalen Ziele aufgelistet: z.B. weitere Literaturrecherche, Reflektion, Ausblick – aber auch technische Elemente. Erfüllen Studierende Punkte aus dieser Liste, können sie mehr als die Note 5 erreichen. Die Studierende haben dadurch Klarheit, was sie machen müssen, wenn sie Bestnoten anstreben.
Studierende einbeziehen
Zusätzlich können Studierenden in die Erarbeitung von Indikatoren einbezogen werden – so wie das Benjamin Emmengger in einem Modul im letzten Semester gemacht hat: Legen die Studierenden die Indikatoren selbst fest, stärkt dieser Einbezug gleichzeitig das Verständnis für die Beurteilung – was aber nicht heisst, dass alle automatisch Arbeiten mit voller Punktzahl erreichen. Manchen wird auch dann die Zeit oder das Interesse fehlen, die Arbeit zu vervollkommnen.
Die Beurteilungsformulare der HSLU I sind bereits gut: Handhabe und Verständnis kann verbessert werden
Heute kann es sein, dass Studierende aus allen Wolken fallen, wenn ihre Arbeiten mit einer 4,5 benotet werden, weil sie davon ausgegangen sind, die meisten Erwartungen erfüllt zu haben – und eigentlich mit Bestnoten gerechnet haben. Das heisst, es gilt sich darüber im Klaren zu werden, was es heisst, die volle Punktzahl zu erreichen, wie ein Artefakt korrekt beurteilt wird, oder was für die Hochschule „gutes wissenschaftliches Arbeiten“ bedeutet (z.B. im Rahmen der Studierendenkonferenz). Wenn wir als Dozierende eine einheitlichere Handhabe pflegen und ein gemeinsames Verständnis stärken, werden sich die Studierenden mit den Beurteilungen auch irgendwann heimischer fühlen. Helfen könnten hier auch Beispielarbeiten, die aufzeigen, was an der Hochschule als eine ‚gute‘, eine ’sehr gute‘ oder eine ‚ausgezeichnete‘ Leistung gilt. Dozierende können an sehr guten Arbeiten beispielsweise erläutern und begründen, wieso eine Arbeit als sehr gut befunden wurde. Und so auch klar machen, was unter ‚gut‘, was unter ’sehr gut‘ zu verstehen ist.
Ein Praxisbeispiel: Das PREN-Modul: a) ‚wie erwartet‘ b) unter- oder c) über den Erwartungen
Im interdiziplinären PREN-Modul werden die Gruppenarbeiten danach beurteilt, ob die Resultate den Erwartungen a) entsprechen, b) -unter oder c) über den Erwartungen liegen. Das hat den Vorteil, dass die Diskussion unter den diversen Fachexperten produktiver wird. Fachexperten müssen für ihr Gebiet klar begründen, wenn ihrer Meinung nach Gruppen über- oder unter-‚performed‘ haben. Bei unterschiedlichen Disziplinen hilft das vereinfachte Formular so eine zielgerichtete Diskussion zu führen und die Entscheide transparent zu kommunizieren.
Das vereinfachte Formular mit nur drei Bewertungsstufen scheint auch bei den Studierenden zu einem besseren Verständnis zu führen und die Gruppen zu motivieren: Es hat Teams, die sagen: „Den Erwartungen entsprechen und die Note 5 erreichen, das passt für uns.“ Aber es gibt auch Studierende, die zusätzliche, innovative Leistungen erbringen, wie etwa ein Testing-Interface schreiben mit Sensoren, welche tatsächlich Motoren ansteuern: Das vereinfachte Formular macht diese Anstrengungen unmittelbarer sichtbar.
Gaußsche Glocke
Nicht ausdiskutiert haben wir die zwei unterschiedlichen Noten, welche Studierende erhalten. Die A,B,C,D-Noten aus der Bologna-Skale widerspiegeln dabei nicht die Leistungen in Bezug auf vorgegebene Kriterien. Die Noten sagen stattdessen nur etwas aus über den Jahrgang und die Lerngruppe. Das heisst, bei einer Noten-Beurteilung (mit den Noten 6,5,4,3,2,1) über die Verteilung auf einer Gaußsche’ Kurven zu sprechen ist eigentlich falsch. Diese Diskussion kann zu einem anderen Zeitpunkt wieder aufgenommen werden.
Aufnahme Stand-Up „Ein schlüssiges Bewertungsraster aus dem PREN Modul?“
Folien Benjamin Emmenegger
Folien Martin Vogel