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Badezimmer und andere Lernorte

Die diesjährigen eduhub days widmeten sich dem Thema «Learning Spaces» und leuchteten verschiedene Facetten physischer und virtueller Räume aus. Ein Tagungsbericht zum jährlichen Stelldichein der Lernmedien-Expert:innen der Schweizer Hochschulen.

Den Tagungsort hätte die Veranstalterin nicht besser wählen können: Ihre diesjährigen eduhub days führte Switch, die als Stiftung den Schweizer Hochschulen technische Infrastruktur zur Verfügung stellt, im Campus-Haus Adeline Favre der ZHAW durch. Auf dem ehemaligen Sulzer-Industrieareal in Winterthurer wurde dazu ab 2017 eine imposante, rund 100-jährige Industriehalle zu einem modernen Hochschulgebäude umgebaut: Die repräsentativen Aussenmauern blieben dabei erhalten, im Inneren entstand jedoch eine komplett neue, moderne Raumarchitektur mit grosszügigen Aufenthalts- und Arbeitsflächen für Studierende, Hörsälen und modernen Arbeits- und Simulationsräumen für das ZHAW-Departement Gesundheit.

Die Gestaltung dieser Hochschulräume, aber auch die Kombination von Bestehenden und Neuem dürfte ganz im Sinne von James Lamb gewesen sein, der an der University of Edinburgh zu digitaler Bildung und Lernräumen forscht. In seinem Eröffnungsreferat zeigte Lamb Lernräume, die seine Studierenden nutzten: Verstehe man unter Lernen den Moment, in dem Erkenntnis eintrete oder neue Ideen entstünden, so seien Lernräume überall – im Park, im Hörsaal, im Zug, selbst unter der Dusche. Studierende würden dabei in aller Regel und an allen Lernorten (vielleicht mit Ausnahme der Dusche) analoge und digitale Medien kombinieren. Neben dem Laptop liege oft der Block, die Karteikarte oder das Lehrbuch. Lamb plädierte dafür, Lernen und Hochschullehre nicht in Dichotomien zu denken – es gehe nicht darum, digitale oder analoge Lernmedien zu nutzen, auf dem Campus oder zu Hause zu lernen, sondern unterschiedliche Kategorien integrierend zu verbinden. Eine solche «postdigitale» Denkweise grenze sich auch ab gegen den Impetus einer Digitalität, welche die analoge Welt überwinden wolle. Bei der Gestaltung von Lernen und Lernräumen gelte es, auch Ästhetik, Sinneseindrücke und Emotionen zu berücksichtigen. Das «Primat der Didaktik» sei dabei zu relativieren, wobei Lamb auch hier nicht für ein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch einstand. (Stefan Jörissen)

Mit vollem Bauch kam das Format «Walk the talk» nach dem Mittagessen genau richtig. In 4-er Gruppen machte man sich auf dem Weg, um gemeinsam Fragen zu beantworten und über diese zu diskutieren. Wie funktioniert die Methode? Eine Person zieht eine Frage und spricht fünf Minuten darüber. Danach kommen die anderen drei Personen an die Reihe. In jeweils zwei Minuten können Fragen gestellt werden sowie eigenen Überlegungen oder Erfahrungen mit den anderen geteilt werden. Am Ende kann die Person, die die Anfangsfrage gezogen hat, die Fragen beantworten und das Thema abschliessend zusammenfassen. Danach macht eine andere Person weiter. Meine Gruppe machte sich Richtung Wald auf den Weg. Das war eine schöne Gelegenheit die Gegend zu erkunden und beim gemütlichen Schlendern den Gedanken freien Lauf zu lassen und diese mit den anderen zu teilen. Man lief gemütlich, hielt wieder an, hielt inne, nahm den Spaziergang wieder auf. Ein leichter und inspirierender Austausch unter Kolleg:innen. Nachdem die erste Runde noch recht konsequent nach den Vorgaben durchgeführt wurde, wurden die Zeiten und der Ablauf am Ende nicht mehr so eingehalten. Aber es passte für alle und wir kamen zufrieden zurück. Neben dem fachlichen Austausch bietet sich dieses Format auch sehr gut an, um Kolleg:innen von den anderen Hochschulen kennenzulernen und zu erfahren, wie mit bestimmten Themen an ihrer Hochschule umgegangen wird. Letztlich haben wir alle ähnliche Fragen und Herausforderungen. Ich erfahre, dass die Kolleg:innen von der FHNW an einer gleichen Thematik und Fragestellung arbeiten wie wir im ZLLF. Ich lerne mehr über das Tool TaskCards, das eine gute Alternative zu Padlet sein soll und an der ZHAW im Einsatz ist. Padlet steht also nicht nur an unserer Hochschule auf der schwarzen Liste. Ich erfahre, wie andere Hochschulen mit KI-Lizenzen für Dozierende und Studierende umgehen, etc.. Es bilden sich rasch informelle Netzwerke und man fährt mit einigen Mailadressen mehr nach Hause… (Rike Hanke)

Die Veranstaltung bot in den Pausen viel Raum für Austausch. Kolleg:innen von anderen Hochschulen präsentierten am Marktplatz ihre Projekte und luden zu Diskussionen ein. Dabei ging es darum, wie wir “Learning Spaces” nutzen, schützen, verbinden und verbessern können.

  • Nutzen: Sich in digitalen Lern- und Lehrräumen gekonnt bewegen und diese lernförderlich gestalten. Zu diesem Zweck bieten die Hochschulen in Fribourg das Weiterbildungsangebot DigitalSkills@Fribourg an. Das Angebot richtet sich an Studierende und Lehrende. Die humorvollen Plakate machen neugierig.
  • Schützen: Für Rechtssicherheit in physischen und digitalen Lernräumen sorgt das Karten- und Posterspiel “Copyright in Learning Spaces”, das von CCdigitallaw entwickelt wurde. Auf interaktive Weise konnten wir Antworten auf unsere wichtigsten Fragen zum Umgang mit Lehrmaterialien finden. Zum Beispiel: “Kann ich ein YouTube-Video in meine Folien einbinden?” Die Antwort finden Sie hier.
  • Verbinden: SWITCH arbeitet gemeinsam mit fünf Schweizer Hochschulen am Aufbau des nationalen OER-Repositoriums für Schweizer Hochschulen. Das Repositorium erleichtert den Austausch von Lehrmaterialien in (virtuellen) Lernräumen. Am Stand konnte man die aktuelle Testversion der Plattform sehen, ausprobieren und sich über die Absichten informieren.
  • Verbessern: Ein hilfreiches Instrument zur Evaluation von Lernräumen ist die Qualitätsmatrix für Lehr- und Lernräume. Diese wurde von der Fernuni in Zusammenarbeit mit Hochschulen in Frankreich und Marokko entwickelt. Sie ist sowohl bei der Planung neuer digitaler Lernräume als auch bei der Evaluation und Optimierung bestehender Umsetzungen nützlich. (Cinzia Gabellini)

An den eduhub days bot sich die Gelegenheit, einen besonderen «Learning Space» kennenzulernen: ein Simulations-Labor für den Studiengang «Hebamme». Hier konnte man live zuschauen, wie zwei Hebammen-Studentinnen sich um ein nicht selbstständig atmendes Neugeborenes kümmerten. Anstelle eines echten Neugeborenen lag zwar eine Puppe im Simulations-Bett, aber diese reagierte wie ein echtes Baby. Die Studentinnen kontrollieren die Vitalwerte und leiteten daraufhin geeignete Massnahmen ein. Als dann schliesslich die Atmung einsetzte – sichtbar durch Heben und Senken des Brustkorbs der Puppe – kam das erleichterte Aufseufzen nicht nur von den völlig in der Situation versunkenen Studentinnen. Die Studierenden des Studiengangs «Hebamme» können durch die Simulationen schon früh im Studium praktische Erfahrungen machen und selbst agieren. Es gibt verschiedene Settings und Simulations-Puppen, zusätzlich werden auch Schauspieler:innen eingesetzt. Dabei arbeiten die Studierenden in einem geschützten Rahmen und werden von den Dozierenden eng begleitet. So sind sie bestens vorbereitet, wenn es dann später um echte Patient:innen geht. (Kristina Auerswald)

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