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Aktive Studierende – ein Wunsch, der in Erfüllung gehen kann!

Verbreitete Schwierigkeit: Ruhe im Saal – mehr als man sich wünscht. Die Frage der Dozentin hängt noch im Raum, nichts passiert. Der Auftrag an die Gruppen ist erteilt, wenig bewegt sich.

Die gute Nachricht: Wir Lehrenden können das ändern, tatsächlich! Wir können steuern. Natürlich nicht steuern in einem allzu mechanischen Sinn – unsere Studierenden sind keine Maschinen. Doch wir haben einen sehr grossen Einfluss und der Schlüssel dazu ist – Achtung, Überraschung! – unser Umgang mit dem Ungeplanten.

Aber bevor wir zur Lösung kommen, noch etwas zur Schwierigkeit. Aktivität seitens der Studierenden ist nämlich doppelt bedeutsam:

  • Erfahrene Lehrende wissen es besonders genau – aber es reicht auch, an die eigene Studienzeit zu denken: Vom blossen Zuhören lernt man schon im Moment wenig, und von diesem wenigen bleibt auch nur ein Bruchteil erhalten. Wirklich anders sieht es aus, wenn Lernende aktiv werden, wenn sie etwas machen mit den Inhalten, und noch mehr Lernkraft kommt in den Raum, wenn sie das, was sie machen, wirklich wollen.
  • Wir wünschen uns Involvierung der Studierenden auch für uns. Lehrtätigkeit freut letztlich wegen den konktaktvollen Momenten; weil Resonanz entsteht, weil wenigstens ein Stück Dialog stattfindet, noch besser: wenn es zu einem echten Miteinander kommt.

Der Schlüssel

Aktivität der Lernenden, Involvierung der Studierenden macht für diese genau dann Sinn, wenn sie damit ernst genommen werden; wenn ihre Beiträge Impact haben. Wenn nicht, wenn es weiter geht, als hätten sie nichts gesagt, nichts gemacht, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn sie damit aufhören. Wenn Studierendenaktivität aber Impact hat, dann heisst das notwendigerweise auch, dass der weitere Verlauf sich – zumindest teilweise, wenigstens kurz, vielleicht auch einmal stark – verändert.

Wir Lehrenden können unterschiedlich gut mit Unvorhergesehenem umgehen: Tagesform, Übung, Typ – es ist verschieden. Zugleich wissen wir aus der Forschung, dass genau diese Fähigkeit sehr bedeutsam ist für die Lernwirksamkeit von Unterricht. Zwar wird sie in manchen pädagogischen Ausbildungen bislang teils wenig beachtet – doch ist entwicklungsorientiert-lernendenzentriert-agile Didaktik lernbar, entwickelbar, trainierbar.

Klar: Genau das – den weiteren Verlauf sinnvoll beeinflussen lassen von Studierenden­beiträgen – können wir Lehrenden in einem gewissen Mass immer schon – dank Überraschungsfreude und Zielklarheit in Kombination mit einem lebendigen Methodenrepertoire; sogar mit grossen Gruppen. Je klarer ich diese Dinge sah, desto mehr wollte und will ich genau das noch besser können: die Lernenden ernst nehmen; mit den Impulsen, die von ihnen kommen, aus dem Moment heraus etwas anfangen, das uns auf das Ziel hin voranbringt. Ich probierte aus, entwickelte weiter, lernte aus Fehlern wie aus Gelingendem und erlebe schon sehr deutlich: Jetzt sind die Studierenden, sind die Lernenden aktiv, beteiligt, engagiert, im Dialog – und hochaufmerksam, sogar wenn ich mal ein bisschen zu lange monologisiere. Schliesslich systematisierte ich meine praktischen Entdeckungen im Buch «agile Hochschuldidaktik», ermutigt durch erwähnte theoretische Entdeckung: Das alles stimmt mit der Lernwirksamkeitsforschung überein!

Weiterlernen

Ich lerne laufend von verwandten Konzepten wie EduScrum und das Churer Modell; davon, dass Carl Rogers ein ganzes Buch über eine Didaktik geschrieben hat, die «personzentriert» heisst. Von Fachpersonen wie Hans Kuster, Hansruedi Kaiser, Tim Kantereit und vielen anderen. In diese Community hineinzufinden hilft dem eigenen Professionalisierungsprozess sehr.

Von Anfang an dabei: das Hochschuldidaktische Zentrum, heute Zentrum für Lernen, Lehren und Forschen der Hochschule Luzern. Hier ist agile Didaktik seit über 10 Jahren Thema, u.a. in Kursen, aber auch in Curriculumsentwicklungen.

Inzwischen gibt es somit starke Angebote, um sich selbst als Lehrende:r im vielleicht wichtigsten Punkt weiterzubringen: in der Fähigkeit, situativ und zugleich zielorientiert zu handeln. Tatsächlich gibt es sogar ein paar einfache Rezepte bzw. praktische Prinzipien, drei zentrale Elemente. Differenziertere Hintergrundinformationen, Systematisierungen und vor allem auch Austausch und eigene Reflexionen in der Gruppe helfen, auch in komplexen Bildungssituationen gute Ideen zu entwickeln.

Wenn ich Weiterbildungen dazu gestalten darf, unterteile ich diese typischerweise in drei Phasen:

  • eine Art Fachdebatte, in der wir Fragestellungen ordnen und das Themenfeld gemeinsam klären,
  • eine darauf folgende Workshopphase, in der wir Lösungsvarianten für ganz konkrete Momente aus der Lehre der Teilnehmenden gemeinsam entwickeln und damit den Ansatz der agilen Didaktik auch praktisch austesten und
  • einen Abschlussteil, in der jede Person für sich konkrete nächste Schritte entwickeln kann, von denen dann die anderen auch wieder profitieren dürfen.

Denn da hat Hattie sicher recht: Die ganz besonders lernwirksamen Lehrenden sind diejenigen, die bezogen auf ihr Lehren Lernende sind. Das gilt umso mehr, als wir in einer sich rasch entwickelnden Welt leben, in der Bildung und beispielsweise soziale wie naturbezogene Nachhaltigkeit stark vermehrt zusammengedacht sein wollen und insofern Tiefenwirkung von Bildung besonders bedeutsam wird.

 

Mehr erfahren und selber lernen?

Kompaktkurs – Agile Hochschuldidaktik am 5. April / 10. Mai 2023. Anmeldelink
KompaktkursGrossgruppendidaktik am 6. April / 11. Mai 2023. Anmeldelink

 

Bild Children von Gerd Altmann auf Pixabay.om

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