«Mein Leben ist ein Roman, der mich sehr interessiert», lautet ein oft zitierter Ausspruch von Hector Berlioz (1803‑1869), um damit die biografischen Anlehnungen in seinem Œuvre zu unterstreichen, allen voran in einem seiner bedeutendsten Werke, der 1830 entstandenen «Symphonie fantastique». Tatsächlich komme Berlioz‘ Musik einer «monumentalen klingenden Autobiografie» gleich, schreibt der Musikologe Michael Stegemann, «jede Zeile ein Akkord, jede Seite eine Melodie, jedes Kapitel eine Komposition».
Anlässlich des Todestages von Berlioz am 8. März, der sich heuer zum 150. Mal jährt, sei neben dem kompositorischen Schaffen dieser Schlüsselfigur der französischen romantischen Musik auch an deren literarische Begabung erinnert. Berlioz‘ Instrumentationslehre («Grand Traité d’instrumentation et d’orchestration modernes») etwa zählt noch immer zu den Standardwerken des Fachs. Und seine Feuilletons, in denen er über drei Jahrzehnte das Musikleben seiner Zeit kommentiert, bilden einen schier unerschöpflichen Quellenfundus zur französischen Musikgeschichte der Epoche.
Am bemerkenswertesten aber lesen sich die Memoiren des Komponisten. Sie inszenieren ein glühendes, zerrissenes Leben, das Berlioz durch ganz Europa führt und doch immer wieder zurück nach Paris, in die geliebte wie verabscheute Metropole, in der er noch als 60-Jähriger für ein lausiges Gehalt als Bibliothekar am Konservatorium (!) tätig sein muss. In seinen Ausführungen bedient der Autor verschiedene erzählerische Mittel, überlagert Altes und Neues, wechselt zwischen epischer Breite und rasanten Dialogen, wählt wiederkehrende Motive. Wer die Aufzeichnungen im Original lesen will, benötigt sehr gute Französischkenntnisse. In der Bibliothek liegen die Aufzeichnungen deshalb auch in deutscher Übersetzung vor.
David Koch