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MOOCs – Zugang zu Bildung für alle

Das Angebot an Open Online Courses steigt von Tag zu Tag und das Interesse am Thema ist sehr gross, weckt es doch viele Hoffnungen aber auch Ängste und Vorurteile gegenüber neuen Ausbildungsformen und Technologien in der Lehre.
Der Journalist Alex Hämmerli stellte mir einige Fragen zu Massive Open Online Courses (MOOCs). Das Interview erlaubte mir, interessante Aspekte zum Thema zu reflektieren:

Während die EPFL und die Uni Genf auf der Mooc-Welle mitreiten, ist in der Deutschschweiz diesbezüglich noch nichts passiert. Einzig die ETHZ soll vor haben, dieses Jahr ihren ersten Kurs breit via Internet zur Verfügung zu stellen. Verpassen die Schweizer Unis / Hochschulen damit einen Trend bzw. eine grosse Chance?

Die Verantwortlichen der Deutschschweizer Hochschulen scheinen etwas skeptischer zu sein. Kritisiert wird einerseits die Dominanz der amerikanischen Elite-Universitäten, die den Trend lanciert haben, andererseits das pädagogische Konzept der Angebote, die oftmals sehr einseitig mit Videoinstruktionen und Multiple Choice-Tests arbeiten.
Die Frage ist auch, ob man sich einer dieser bestehenden MOOC-Plattformen anschliessen oder etwas Eigenes auf die Beine stellen soll und falls ja mit welchen Partnern.

Mit der Zurückhaltung verbaut man sich natürlich die Chance, bei den Ersten dabei zu sein und vom Hype zu profitieren, anderseits kann man jetzt auch aus den Erfahrungen und Fehlern der Anderen lernen und es besser machen.

Der Zug ist auch in ein, zwei Jahren noch nicht abgefahren. Das Bedürfnis nach qualitativ hochstehenden online Kursen wird auch in den nächsten Jahren nicht abnehmen. Ein breites MOOC-Angebot mit universitätsspezifischen Schwerpunkten und unterschiedlichen pädagogischen Konzepten ist nur zu begrüssen.

Welches Potenzial sehen Sie in den Moocs für die höhere Bildung in der Schweiz sowie global?

MOOCs können eine interessante Ergänzung zu den curricularen Ausbildungsgängen und den offiziellen Abschlüssen darstellen. Sie erschliessen zudem Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gerade auch für Bevölkerungsschichten, die bislang keinen Zugang zu universitärerer Bildung hatten.

Da MOOCs meistens nur einige Wochen dauern, standortunabhängig besucht werden können und eine flexible Einteilung des Studiums ermöglichen, sprechen Sie auch Personen an, die familiär und/oder beruflich eingespannt oder nicht mehr so mobil sind. Somit spielen sie für das Lebenslange Lernen eine wichtige Rolle.
Die Hochschulen müssen sich fragen, ob sie ihr Angebot in diesem Bereich ausbauen möchten oder ob ihr Auftrag im Ausbilden von Bachelor- und Masterstudierenden und im Fördern des akademischen Nachwuchses aufhört.

MOOCs sind ein schönes Beispiel dafür, wie neue Technologien sinnvoll und effektiv eingesetzt werden können. Mit den kostenlosen Bildungsangeboten können Hochschulen einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Bildungsvielfalt leisten und auch weniger privilegierten Menschen Zugang zu Bildung verschaffen. Bildung ist zwar ein Menschenrecht, wenn man aber bedenkt, dass ein Grossteil der Weltbevölkerung keinen Zugang dazu hat, so sind MOOCs eine begrüssenswerte, positive Entwicklung. Die Schweizer Hochschulen sollten bei dieser internationalen Bildungsoffensive nicht abseits stehen.

Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Wie verbreitet werden Mooc-Angebote von Schweizer Unis / Hochschulen in fünf Jahren sein?

Die grossen Schweizer Universitäten werden in fünf Jahren ein MOOC-Angebot haben. Es ist nicht nur eine Frage des Marketings und der Positionierung, sondern des Selbstverständnisses einer Hochschule. Und dieses wird sich in den nächsten Jahren ändern. Auch wenn man sich weiterhin als klassische Präsenzhochschule versteht, so gehören in Zukunft auch MOOCs zum Lehrangebot.
Natürlich sind gute MOOCs nicht gratis zu haben. Wenn man aber bedenkt, dass die meisten Hochschulen ja heute schon ein reichhaltiges Programm an öffentlichen Veranstaltungen auf der Agenda haben, so könnte man sich fragen, ob man nicht einen Teil davon als MOOC anbieten möchte. Damit könnte man nicht nur ein regionales sondern auch ein internationales Publikum ansprechen.

Gegner des neuen Trends bemängeln, Onlinekurse könnten nicht die Persönlichkeitsbildung einer Uni oder Fachhochschule und die Erziehung zum kritischen Denken ersetzen. Wie sehen Sie das? Werden Vorlesungen in einem Uni- oder Hochschulgebäude einmal obsolet sein?

Es ist grundsätzlich so, dass der Besuch von online Kursen eine grössere Eigenständigkeit und Reife von Studierenden voraussetzt. Wer einen online Kurs erfolgreich abschliesst, der beweist, dass er eine gewisse Persönlichkeit hat.

Der Vorwurf, dass das kritische Denken bei online Kursen zu kurz komme, stimmt so nicht. Es ist nicht eine Frage der Umgebung oder der Technik, ob kritisches Denken gefördert wird, sondern des Lehrinhalts und des didaktischen Designs. Manchmal passiert in den online Lerngruppen oder in Foren mehr an kritischer Auseinandersetzung als in einer Vorlesung, wo die Studierenden passiv in den Bänken sitzen.

Trotz dem Trend hin zu Distance Learning-Angeboten, werden die grossen Schweizer Hochschulen auch in Zukunft Präsenzhochschulen bleiben, wo der grösste Teil der Ausbildung vor Ort stattfindet. Für die Entwicklung von jungen Leuten ist das Studentenleben mit allem Drum und Dran vor Ort enorm wichtig. Dieses Lebensgefühl kann kein online Kurs vermitteln. Aus diesem Grund wird die Bedeutung der Uni als Ort der Lehre und der Forschung sowie der Begegnung, des Austausches und des Dialogs weiterhin wichtig bleiben.

Die klassische Vorlesung wird nicht aussterben, auch wenn mit innovativen online Angeboten diese etwas unter Beschuss geraten könnten. Vielleicht führt dies ja gerade zu einem Überdenken der jetzigen, z.T. unbefriedigenden Zustände.

Der Trend hin zu mehr online Kursen und zu einer vermehrt hybriden Ausbildung, wo Präsenz- mit online Veranstaltungen kombiniert werden, wird sich in den nächsten Jahren aber sicher noch verstärken.

Wird man in Zukunft ein ganzes Studium via Online-Kurse massgeschneidert absolvieren können?

Theoretisch ist es jetzt schon möglich, massgeschneidert seine Kurse zu wählen und ein ganzes Studium online zu absolvieren. Wer aber einen Abschluss anstrebt, ist mit MOOCs noch schlecht bedient. Zwar bieten immer mehr Universitäten kostenpflichtige Prüfungen vor Ort an. Meistens erhält man für den Besuch und die bestandenen Prüfungen nur eine Bestätigung. Es steht dann im Ermessen der einzelnen Hochschulen diese anzurechnen. Dies wird im jetzigen Bologna Punktesystem allerdings nicht einfach sein.

In einigen Jahren wird sich die Situation insofern normalisieren als dass online Kurse einen Teil der regulären Ausbildung ausmachen werden und der Besuch von hochschuleigenen MOOCs, die ins reguläre Curriculum passen, auch angerechnet werden können. An einigen Hochschulen die MOOCs anbieten, ist dies bereits jetzt schon der Fall.

 

Am 2. Mai wird im Magazin Women in Business ein ausführlicher Hintergrundbericht zum Thema Massive Open Online Courses (MOOCs) erscheinen. Daraus werden auch einige Zitate aus dem obigen Interview verwendet.
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