Ein Baby liegt geborgen in den Händen seines Vaters.

New Work, alte Muster: Vereinbarkeit muss eine Führungsaufgabe sein

Viel wird gesprochen über den Megatrend «New Work». Man gibt sich verständnisvoll und flexibel – aber zwischen Wunsch und Realität klaffen Welten. Was es braucht, ist eine aktive Förderung.

Gleiche Situation, unterschiedliche Reaktion: Simon wird zum ersten Mal Vater. Voller Vorfreude plant er, nach dem kurzen Vaterschaftsurlaub sein Pensum auf 80 % zu reduzieren. Er möchte seine Tochter aktiv begleiten – nicht nur abends beim Zubettgehen. Als er dies seinem Team mitteilt, wird es still. Sein Vorgesetzter zeigt sich überrascht. Ganz anders läuft es bei Lea. Auch sie erwartet ihr erstes Kind. In ihrem Fall wird ganz selbstverständlich gefragt, in welchem Pensum sie zurückkehrt.

Männer wollen bei der Kinderbetreuung präsent sein

Warum aber ist es bei Männern nicht genauso selbstverständlich? Im Rahmen meines Executive MBA an der Hochschule Luzern beschäftige ich mich intensiv mit dem Megatrend New Work – einer Arbeitswelt, die auf mehr Flexibilität, Eigenverantwortung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie setzt. Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit klaffen noch immer Welten.

Zwar arbeitet heute rund jeder siebte Vater in der Schweiz Teilzeit – das sind mehr als früher, aber immer noch um die 20% weniger als Mütter. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Noch immer dominiert das traditionelle Rollenbild: Väter verdienen, Mütter betreuen. Wer als Mann sein Pensum reduziert, muss oft mit Vorurteilen, Karriereknicks und strukturellen Hürden rechnen. Teilzeit gilt in vielen Unternehmen – gerade in Führungspositionen – noch immer als Ausnahme und nicht als Option.

Der Wunsch nach Vereinbarkeit ist längst nicht mehr nur ein Frauenthema. Immer mehr Väter wollen präsent sein – nicht nur finanziell, sondern auch emotional. Sie wollen nicht nur das Abendritual übernehmen, sondern auch das Frühstück, das Zähneputzen, das erste Fussballtraining.

Führung heisst auch: Förderung

Ich arbeite als Head Claims Manager in der Versicherungsbranche. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist auch bei uns ein Thema, das an Bedeutung gewinnt. In meiner Funktion fördere ich aktiv Teilzeitmodelle – unabhängig vom Geschlecht. Denn ich bin überzeugt: Ein modernes Elternbild gehört zu einer modernen Arbeitswelt. Väter, die sich Zeit für ihre Kinder nehmen, bringen wichtige soziale Kompetenzen mit – und sie kehren mit klarem Kopf und neuer Energie zurück.

New Work bedeutet: alte Muster hinterfragen. Es bedeutet, neue Lebensmodelle nicht nur zuzulassen, sondern zu fördern. Es ist an der Zeit, dass auch Teilzeitväter wie zum Beispiel Simon in der Arbeitswelt genauso selbstverständlich werden wie etwa Teilzeitmutter Lea.

Blog Beitrag
Vereinbarkeit ist eine Führungsaufgabe. Damit es selbstverständlich wird, dass auch Väter nach der Geburt mehr Zeit für ihr Kind einplanen können. (Symbolbild, Unsplash)

Franziska Abächerli

Franziska Abächerli ist Head Claims Management bei elipsLife und absolviert zum Zeitpunkt der Publikation den EMBA an der Hochschule Luzern.

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2 thoughts on “New Work, alte Muster: Vereinbarkeit muss eine Führungsaufgabe sein

  1. Liebe Franziska,
    dein Beitrag trifft den Nagel auf den Kopf! New Work lebt nicht nur von buzzwords wie „Flexibilität“ oder „Work-Life-Balance“, sondern vor allem von gelebter Haltung und Führung – und du bringst das ganz klar auf den Punkt. Es ist ein starkes Statement, dass Vereinbarkeit – insbesondere die Förderung von Teilzeitmodellen unabhängig vom Geschlecht – längst kein Nischenthema mehr ist.

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