Schweizer Stromnetz unter Druck – Der Elektro-LKW-Boom als Stresstest

Die Schweiz treibt die Energiewende konsequent voran, und Elektromobilität spielt dabei eine zentrale Rolle. Doch während der CO₂-Ausstoss sinkt, wächst die Belastung für das Stromnetz. Kann die Logistikbranche diese grüne Transformation vorantreiben, ohne das Netz an seine Grenzen zu bringen?

Die Vision einer leisen und emissionsfreien Logistik ist längst Wirklichkeit. Frühmorgens, noch bevor der Berufsverkehr einsetzt, verlassen die Elektro-LKWs der Dreier AG nahezu geräuschlos das Logistikzentrum – kein Motorenlärm, keine Abgase, nur effiziente Mobilität.

Mit der Elektro-LKW-Offensive 2025 erweitert Dreier seine Flotte bis Ende 2026 auf 74 Elektro-LKWs und setzt damit einen neuen Standard für nachhaltige Logistik in der Schweiz. Diese Transformation ist jedoch nicht nur eine technische Umstellung, sondern erfordert ein durchdachtes Energiemanagement. Als Leiter Spezialprojekte bei der Dreier AG bin ich direkt in die Umsetzung involviert. Gleichzeitig befasse ich mich im Rahmen meiner Weiterbildung an der Hochschule Luzern (HSLU) mit Megatrends wie der Elektromobilität – einem Thema, das bei Dreier längst gelebte Praxis ist.

Doch eine emissionsfreie Logistik bringt nicht nur Chancen, sondern auch Herausforderungen: Wie kann der steigende Strombedarf gedeckt werden, ohne die Netzkapazitäten zu überlasten?

Das Dilemma: Nachhaltigkeit versus Netzkapazität

Elektro-LKWs sind ein Schlüssel zur Dekarbonisierung des Schwerverkehrs, benötigen aber enorme Energiemengen. Ein einziger Ladevorgang (360 kW) entspricht dem Stromverbrauch eines Haushalts über mehrere Wochen. Laut dem Bundesamt für Energie (BFE) könnte die Elektromobilität die Netze insbesondere in Spitzenzeiten stark belasten – ein Problem, das nicht nur Unternehmen, sondern die gesamte Energiewirtschaft betrifft.

Die Lösung liegt in einer intelligenten Planung und innovativen Technologien. Lastmanagementsysteme verschieben Ladevorgänge in Zeiten geringer Netzbelastung, während eigene Solaranlagen und Batteriespeicher die Stromversorgung dezentral entlasten. Entscheidend ist die enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Netzbetreibern und Behörden, um die Netzstabilität zu gewährleisten und gleichzeitig die Elektromobilität voranzutreiben.

Ein Blick in die Zukunft der Logistik

Swissgrid betonte kürzlich,  dass dezentrale Energieressourcen wie Batterien die Netzstabilität fördern – ein Ansatz, den auch Dreier in seinem Dekarbonisierungsfahrplan verfolgt. Dieser umfasst folgende Massnahmen:

  1. Intelligente Ladeinfrastruktur. Lastmanagementsysteme steuern Ladevorgänge so, dass sie in Zeiten geringer Netzbelastung stattfinden und damit Lastspitzen vermeiden.
  2. Nutzung erneuerbarer Energien. Eigene Solaranlagen an den Logistikstandorten erzeugen Strom, der künftig in Batteriespeichern gespeichert wird.
  3. Kooperation mit Netzbetreibern. Die Abstimmung mit Netzbetreibern gewährleistet eine effiziente Integration der Elektro-LKWs ins bestehende Stromsystem.

Nachhaltige Logistik von morgen

Die Elektro-LKWs rollen zurück ins Logistikzentrum – ihre Batterien erschöpft, der Energiebedarf hoch. Jetzt greift ein präziser abgestimmter Prozess, der Effizienz und Netzstabilität vereint. Das intelligente Ladesystem startet gestaffelt die Aufladung, um eine Überlastung des Stromnetzes zu vermeiden. Dabei wird eine Balance zwischen Netzbezug und Eigenproduktion gehalten.

Die Elektro-LKW-Offensive 2025 ist somit mehr als ein Technologiesprung – sie ist ein Bekenntnis zur Verantwortung, den Schwerverkehr nachhaltiger zu gestalten. Doch diese Transformation gelingt nur, wenn alle relevanten Akteure zusammenarbeiten.

Elektro-LKW auf Landstrasse: Für eine nachhaltige Logistik braucht es auch die Initiative von Unternehmen. (Quelle: Dreier AG)

Blerim Nrecaj

Blerim Nrecaj ist Leiter Spezialprojekte bei Dreier AG und absolviert zum Zeitpunkt der Publikation den Executive MBA an der Hochschule Luzern.

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