In einer Zeit, die zunehmend von multiplen Krisen wie der Corona-Pandemie, der Klimakrise und geopolitischen Spannungen geprägt ist, gewinnt die Förderung der gesellschaftlichen Resilienz an Bedeutung. Eine aktiv handelnde und sich gegenseitig unterstützende Bevölkerung ist ein Kernbestandteil der Krisenbewältigung.
An diesem sonnigen Samstagmorgen auf dem Kanzlei-Areal stöbern Gross und Klein, Alt und Jung durch den «Flohmi». Hier zeigt sich sinnbildlich mein Grundgedanke für erfolgreiche Krisenbewältigung: Man hilft sich gegenseitig und unterstützt sich mit dem, was man hat.
Als Stabschef der Städtischen Krisenführungsorganisation der Stadt Zürich bin ich überzeugt, dass Krisenbewältigung künftig nur erfolgreich ist, wenn sie gemeinsam mit der Bevölkerung erfolgt und diese Teil der Lösung ist. Im Rahmen des CAS Krisenmanagement und Organisationale Resilienz an der HSLU wurde diese Überzeugung erhärtet.
Die Einschläge kommen näher
Vielfältige und mehrdimensionale Krisen sind heute auch in Mitteleuropa Realität. Die Klimakrise zeigt sich durch extreme Wetterereignisse und Energieknappheit im Winter. Geopolitische Spannungen, wie der Krieg in der Ukraine und Konflikte im Nahen Osten, tragen zur Unsicherheit bei. Zudem nehmen Gewalt in der Gesellschaft und demografische Herausforderungen zu.
Es geht längst nicht mehr nur darum, Krisen zu verhindern, sondern Krisen nachhaltig zu bewältigen und als Gemeinschaft gestärkt aus ihnen hervorzugehen.
Spätestens seit der Covid-19-Krise wissen wir, dass ein ausschliessliches Top-down-Krisenmanagement zu kurz greift. Der Umgang mit Krisen erfordert eine Vielzahl von Elementen und Stakeholdern. Die Entwicklung hin zu einer resilienten Stadt erfordert eine koordinierte Anstrengung aller Beteiligten: von der Politik und Verwaltung, über Wirtschaft und Wissenschaft bin hin zur Zivilgesellschaft und Bevölkerung.
Anfällige Dreh- und Angelpunkte
Grossstädte werden immer mehr zu Dreh- und Angelpunkten unserer Gesellschaft. Hier werden gesellschaftspolitische Problemstellungen zuerst sichtbar.
In einer Stadt wie Zürich ist man angesichts der Vielfalt der angesiedelten Institutionen, Organisationen und Lebensformen besonders anfällig für Krisen. Gleichzeitig bietet Zürich dank der intensiven Vernetzung etablierter und professioneller Institutionen aber auch ein besonderes Reservoir für deren Bewältigung.
Pilotprojekte für gesellschaftliche Resilienz
In einem gemeinsamen Pilotprojekt zwischen der Stadt Zürich und der Stiftung Risiko-Dialog wurden dieses Jahr Massnahmen zur Förderung der gesellschaftlichen Resilienz erarbeitet. Zwei davon werden nächstes Jahr, zusammen mit der Bevölkerung, konkret umgesetzt.
- «Dein Handy fällt für mehrere Tage aus – wie organisierst Du Dich?» Zusammen mit Jugendlichen wollen wir diese Frage in verschiedenen Jugendzentren diskutieren und so ihre Krisenbewältigungsfähigkeiten stärken. Wir sind überzeugt, dass Jugendliche wichtige Multiplikatoren in ihren Familien und sozialen Netzwerken sind.
- «Kluger Rat – Notvorrat. Warum eigentlich?» Zusammen mit Besucherinnen und Besuchern der städtischen Gemeinschaftszentren wollen wir diese Frage diskutieren. In verschiedenen Krisensituationen fliesst erst nach 2-3 Tagen wieder Wasser und Strom. Während dieser Zeit ist es zentral, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt selber zu helfen wissen und sich gegenseitig unterstützen.
Eine nachhaltige Steigerung der gesellschaftlichen Resilienz ist ein langfristiges Programm – die Stadt Zürich macht nächstes Jahr einen ersten, konkreten Schritt.
Jede große Reise, auch der weite Weg von 1.000 Meilen, beginnt mit dem ersten Schritt. Laotse (6. Jhd. v. Chr., chinesischer Philosoph)