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Frau, die am PC arbeitet und dabei auf einen Fjord (in Island) blickt

Digitale Tools für agile Didaktik (II)

Hochschulunterricht hat sich weitgehend von seiner ursprünglichen Materialität gelöst: Was früher Wandtafeln, Lehrbücher, Skripte und Übungsblätter waren, sind heute Laptop, Internetanschluss und Stromquelle. Studierende und Lehrende können ihre Arbeit so an fast jeden Ort der Welt verlegen: Das kommende Semester lässt sich plötzlich auch in einer Bar in Buenos Aires, auf einem Schloss in Transsilvanien oder in einem Bed & Breakfast auf Island vorbereiten.

Damit im Unterricht auch Interaktion und Kompetenzerwerb digitale Unterstützung erfahren, lohnt sich der Einsatz von digitalen Tools. Wir haben im Blog-Beitrag Digitale Tools für agile Didaktik einige digitale Hilfsmittel vorgestellt, mit denen sich Wortwolken generieren lassen (Answergarden), Notizen auf einer elektronischen Pinnwand sammeln lassen (Taskcards) oder Studierende im Unterricht Ideen, ihr Wissen testen oder sogar einen «Panic Button» aktivieren können (Tweedback). Im Folgenden ergänzen wir unsere Sammlung um drei weitere Tools:

KlickerUZH ist ein Classroom Response System, mit dem Studierende während des Unterrichts befragt werden können. Die Ergebnisse können direkt angezeigt werden – KlickerUZH ist damit ein klassisches Life-Voting-System. Der Name sagt viel über die Herkunft des Tools aus: Das System wurde an der Universität Zürich (UZH) entwickelt und wird nach wie vor von der Uni zur Verfügung gestellt, kann aber auch von Lehrenden anderer Hochschulen genutzt werden. «Klicker» erinnert an die Anfänge des elektronischen Life Votings, als die Professor:innen der Uni – wenn sie denn dazu Zeit und genügend Assistierende zum Tragen hatten –kistenweise elektronische Abstimmungsgeräte zur Vorlesung mitbrachten und diese unter den Studierenden verteilten. Mit diesen Geräten, die in etwa die Grösse einer Fernbedienung hatten, konnten die Studierenden an Abstimmungen teilnehmen, die der Dozent durchführte. Die Gerätschaften sind inzwischen obsolet – Studierende nutzen dafür nun ihre Smartphones. Das Prinzip der Life-Votings ist aber das gleiche geblieben: Mit Klicker lassen sich verschiedene Fragetypen nutzen, um das Verständnis der Studierenden zu überprüfen oder ihre Einschätzungen zu einem Thema kennenzulernen. In einem Feedback-Bereich können Studierende zudem in Echtzeit Rückmeldungen und Fragen zu einer Lehrveranstaltung beisteuern. KlickerUZH ist ein ideales Tool mit einer intuitiven Nutzungsoberfläche, das nicht zu viel und nicht zu wenig kann. Die Uni Zürich als Betreiberin des Tools steht zudem für eine hohe Datenschutzkonformität. Ende August 2023 folgt eine neue Version von Klicker – es lohnt sich also, gleich mit dieser Version 3.0 loszulegen.

Auch Edupad.ch ersetzt Gerätschaften, die früher physisch im Klassenraum präsent waren. Was eine Gruppe früher an einer Pinnwand oder an der Wandtafel sammelte, kann sie heute auf Edupad zusammentragen. Dazu braucht es weder ein Login noch eine Anmeldung – was allerdings auch bedeutet, dass vertrauliche Daten nicht auf ein Edupad gehören. Edupad ist ein kollaborativer Texteditor: Es können mehrere Personen gleichzeitig auf einem Pad arbeiten; in der Praxis hat sich dies auch mit grösseren Gruppen bewährt. Für den Unterricht macht dies verschiedene Nutzungsszenarien möglich: So können in grösseren Gruppen Stichworte oder kurze Texte gesammelt werden. Idealerweise erstellerstellen Dozierende dazu im Voraus eine Struktur mit Zwischentiteln oder Gruppennamen, und die Studierenden ergänzen dann die entsprechenden Textteile. So lassen sich beispielsweise auch längere Texte innert Kürze gemeinsam erstellen. In kleineren Gruppen können Studierende (oder andere Autor:innen) hingegen intensiv an Texten arbeiten und gegenseitig auch Entwürfe ergänzen oder ändern. Edupad beruht auf der Open-Source-Plattform Etherpad und wird von der Schweizer Firma sr solutions zur Verfügung gestellt, die IT-Lösungen für den Bildungsbereich anbietet. Edupad ist kostenlos (mit der Möglichkeit, freiwillige Zuwendungen zu entrichten), und sr solutions ist ein guter Garant für einen seriösen Umgang mit den Inhalten der Edupads. Mit Edupad ist auch die Gefahr gebannt, unfreiwillig Datenfriedhöfe zu erzeugen. Pads, welche nicht mehr bearbeitet werden, werden nach einem Jahr automatisch gelöscht.

Wheel of names ersetzt schliesslich eine weitere Gerätschaft, die man allerdings weniger aus dem früheren Schulzimmer, sondern eher vom Jahrmarkt oder aus TV-Shows kennt: Das Glücksrad. Mit Wheel of names lassen sich beliebige Wörter – Namen, Fachbegriffe, grammatikalische Formen etc. – auf einem elektronischen Glücksrad abbilden. Das Rad lässt sich per Mausklick in Bewegung setzen und wählt dann eines der Wörter aus. Je nach persönlichem Stil und Verwendung lässt sich die zufällige Auswahl rascher oder langsamer und mit oder ohne Trommelwirbel und Confetti-Regen erzeugen. Die Einsatzmöglichkeiten liegen überall dort, wo im Unterricht Zufallsentscheidungen nützlich sind: Etwa bei der Auswahl von Studierenden, die eine Aufgabe übernehmen sollen – dieses Szenario steht dem Namen des Tools Pate oder bei der Auswahl von Begriffen oder Themen, die exemplarisch besprochen oder repetiert werden sollen. Hinter Wheel of names stehen Entwickler:innen aus Kalifornien, die mit dem Tool aber offenbar keine weiterreichenden kommerziellen Absichten haben. Beim Datenschutz bekennen sich die Betreiber:innen zum GDPR-Standard der EU. Das Tool blendet Werbung ein, die aber für die Studierenden nicht mehr sichtbar ist, wenn man die Vollbild-Ansicht aktiviert. Ein persönliches Nutzungskonto und ein Login sind zwar möglich, um etwa Wortkombinationen für eine spätere Verwendung zu speichern, für die normale Nutzung aber nicht notwendig.

Bild: Kirstin Wilson, Unsplash

 

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