Der Corona-bedingte Übergang vom konventionellen Unterricht zum digitalisierten Fernunterricht stellt Dozierende vor grosse Herausforderungen. Welche das genau sind, untersucht eine Befragung des Eidgenössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung (EHB) bei Dozierenden höherer Fachschulen. Dieser Artikel von Muriel Eichenberger* fasst die Studienergebnisse zusammen. Anschliessend wird überlegt, welche Erkenntnisse, Chancen und Risiken sich auf die Tätigkeit von Dozierenden an einer Fachhochschule übertragen lassen.
Die Neuorganisation der Arbeitsmethoden und die Umstellung auf Online-Kommunikation gehören zu den grossen Herausforderungen in der Lehre. Der Mix an Unterrichtsformen wird künftig die Art und Weise prägen, wie an Schulen unterrichtet wird. Vor der Corona-bedingten Umstellung auf Fernunterricht dominierte an höheren Fachschulen Präsenzunterricht. Somit kamen E-Learning-Tools bis anhin eher selten bis gar nicht zum Einsatz. Die Corona-Krise führte zu folgender Entwicklung im Bildungssystem: Neuerarbeitung von Didaktik & Methodik (Vermittlung des Lernstoffes) sowie die soziale Entwicklung (Einfluss auf das Verhalten und die Psyche). Nicht ganz einfach zu bewältigende Herausforderungen, welchen sich die Schulen nach wie vor stellen müssen.
Corona-Bedingte Umstellung von Präsenz- auf Onlineunterricht
Bei den meisten Lehrpersonen kam die Umstellung auf den Onlineunterricht gut an (OBS EHB 2020). Dieser Wechsel bot die Gelegenheit, den Umgang mit neuen digitalen Tools zu lernen und sich der neuen digitalen Arbeitswelt zu öffnen. Gewisse Fachschulen arbeiteten mit Hilfe von Kameras, indem die Lehrperson online präsent war oder kombiniert mit Fernunterricht, wo Aufträge autonom erledigt wurden. Die Online-Befragung bei Dozierenden höheren Fachschulen aus diversen Fachgebieten (Gesundheits- und Sozialbereich, Technik und Wirtschaft) ergab folgende Resultate der Unterrichtsform (OBS EHB 2020): Über die Hälfte der Dozierenden praktizierte im synchronen Online-Unterricht mit Präsenz der Lehrpersonen und etwas weniger als die Hälfte führte teils simultan Online-Unterricht und teils Selbststudium durch. Es zeigt sich, dass ein grosser Teil der Lehrerschaft sich zu wenig Gedanken gemacht hatte zu den didaktischen Formen im online-Setting. In diesem Bereich besteht somit noch grosser Handlungsbedarf.
Durch die Umstellung auf den Online-Unterricht gab es für die Dozierende, welche vor der Kamera unterrichteten, teils einen Mehraufwand seitens Methodik und Didaktik. Es mussten neue Lehr-Lernformen und neue Umgebungsbedingungen geschafft werden, damit effektives Lernen möglich war. Auch stellte sich die Frage, welche digitalen Tools sich dazu eignen könnten. Die Nähe und der persönliche Kontakt zu den Studierenden vermissten viele Dozierende, aber auch die Studierenden sehnten sich danach. Man darf die sozialen Interaktionen nicht unterschätzen, welche zum Lernerfolg beitragen. Die Mehrheit der Dozierenden empfanden jedoch die Erfahrung trotz den diversen Herausforderungen als positiv und sehr lehrreich (OBS EHB 2020).
Potenzial der Online-Lehre
Gewinnt das Distance-Learning somit an Beliebtheit? Es ist ortsunabhängig, Zeit sparend, erlaubt das Lernen im eigenen Tempo und ist in der heutigen Zeit der Digitalisierung angemessen. Diese Form von Unterricht birgt aber auch Risiken, zumal es viel Selbstdisziplin benötigt und teils zur Isolation führen kann. Auch der direkte physische Austausch fehlt bei der Unterstützung und Begleitung des Studierenden. Doch ist auch zu erkennen, dass infolge Corona das E-Learning zum Teil an Beliebtheit einbüsst und sich die Leute vermehrt wieder nach physischem Unterricht sehnen.
Recherchen zeigen, dass der grösste Teil der Dozierenden sich eine gemischte Unterrichtsform wünscht, welche die Präsenz- und Onlinesequenzen kombiniert (OBS EHB 2020): An den Fachhochschulen werden zum Teil schon Weiterbildungen gleichzeitig in einer physischen sowie einer Online-Version angeboten. So kann der Teilnehmer wählen, welches Angebot ihm zusagt.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Dozierenden prinzipiell offen sind, vermehrt digitale Technologien für ihren Unterricht zu nutzen, benötigen dafür jedoch eine passende Infrastruktur und Unterstützung der Schule. An den meisten höheren Fachschulen wird nach der Pandemie reiner Online-Unterricht wohl kaum zum Zuge kommen. Grosses Potenzial dagegen haben Hybrid-Formate wie Präsenzunterricht mit digitalen Einheiten. Unterrichtseinheiten können somit eine digitale Form annehmen und/oder mit digitalen Formaten unterstützt resp. begleitet werden. Unterricht wird somit in kleinen Schritten auch zukünftig digitaler werden. Der Bildungsdirektor des Kantons Luzern formuliert es passend: Die Schulen sollten von den neuen Erfahrungen profitieren und künftig mehr auf digitale Formate setzen. Dies sollte Lehrpersonen letztlich nicht mehr Aufwand, sondern Erleichterung bringen (Marcel Schwerzmann 2020).
Die Hochschulen sind ebenfalls bereits am Evaluieren, welche Massnahmen in Zukunft genutzt werden können, um die Qualität der Lehre zu gewährleisten. Jedoch betonen sie, dass sie im Grundsatz Präsenzhochschulen sind und dies auch bleiben werden. Für diejenigen, die keinen Präsenzunterricht wünschen, gibt es seit längerer Zeit die Fernfachhochschulen. Die Aus- und Weiterbildungen umfassen mehr als nur die Vermittlung von Kenntnissen auch der physische Kontakt vor Ort miteinander ist unabdingbar. Wichtig ist, dass man für das Lernen eine geeignete Umgebung findet.
Die Corona-Krise hat uns die Potenziale der Digitalisierung für das Bildungssystem gezeigt. Es bleibt abzuwarten, welche Form von Online-Unterricht sich durchsetzen wird und welche weiteren Möglichkeiten uns in Zukunft zur Verfügung stehen werden. Somit sollte man die Krise als Chance erkennen. Die Digitalisierung ist lediglich ein Instrument und es braucht nun einen politischen und gesellschaftlichen Konsens, wie wir dieses Instrument künftig im Bildungsbereich nutzen wollen und welche Konsequenzen wir zu tragen bereit sind.
Quellen:
Schwerzmann Marcel. Umfrage zum Fernunterricht. Nur wenige Schülerinnen und Schüler lernen zuhause besser. 15.10.2020
SRF Regionaljournal Zentralschweiz. Umfrage zum Fernunterricht. Nur wenige Schülerinnen und Schüler lernen zuhause besser. 15.10.2020
*Dieser Artikel ist im Rahmen der Weiterbildung CAS Marketing-Mix für Dienstleistungen entstanden. Muriel Eichenberger arbeitet seit dem 1. Juni 2019 an der HSLU im Departement Wirtschaft, IBR als administrative Studienbetreuung/Assistenz Leiter Weiterbildung IBR
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