Kommunikation darf nicht zum Selbstzweck werden. Das eigentlich Ziel aller Museeumskommunikation ist letztendlich, dass der Besucher zum Objekt kommt. Aber auch da gibts manchmal Missverständnisse. Einer unserer Workshop-Teilnahmer berichtete über Bilder, die er auf Flickr gefunden hatte. Aus einigen Bildern war klar erkenntlich, dass der Fotograf, um der besseren Perspektive willen, das Objekt bestiegen hatte. Hier einige weitere Brennpunkte der Diskussion über Risiken und Problematiken der Museumskommunikation anlässlich unseres vierten Workshops:
Social Media und Corporate Identity
Soziale Medien haben in Schweizer Institutionen und gerade auch im Museumskontext einen nicht allzuguten Ruf. Das grundsätzliche Problem liegt wohl darin, dass gerade im mitteleuropäischen Raum die Trennung zwischen Hochkultur und Populärkultur nach wie vor Gültigkeit hat. Dass Museen sich in der Kommunikation der populistischen sozialen Medien bedienen, hat an sich schon etwas Anrüchiges.
Auf der anderen Seite jedoch haben Museen eine Corporate Identity und professionelle Ansprüche, die nach wie vor gerechtfertigt sind. Deswegen müssen Museen sich Gedanken darüber machen, wie der Gebrauch von sozialen Medien das Fremdbild der Institution beinflusst. Es kann durchaus Sinn machen, den Einsatz sozialer Medien klar von der übrigen Kommunikation zu trennen. Wichtig ist jedoch vor allem, dass man eine eindeutige Social Media Policy entwickelt.
Skepsis der eigenen Mitarbeiter
Unter Mitarbeitern gibt es hin und wieder die Meinung: „Facebook & Co als Kanal für die Institution okay, aber nichts für mich persönlich“. Am skeptischsten sind oft diejenigen, welche kaum mal social media benutzen. Diese Menschen bekommen oftmals nur die relativ schlechte Presse der Social Media in Bezug auf Datensicherheit mit. Dem kann man am Besten entgegenkommen, in dem man einen klaren Nutzen von sozialen Medien im Rahmen der Gesamtstrategie der Institution aufzeigt und ein realistisches Bild über die wirklichen Risiken vermittelt
Umgang mit Sponsoren und Förderern
Diese gehören oft einer Generation an, die dem Gebrauch von sozialen Medien per se eher indifferent oder skeptisch gegenüber steht, aus ähnlichen Gründen wie die Mitarbeiter (s.o.). Auch hier gilt: die entsprechenden Personen aktiv über die Ziele der Vorhaben informieren.
Professionelle Kontakte und Social Media
Ein im Gesamtkontext zu vernachlässigendes Problem, dass jedoch recht interessant ist, stellt die Skepsis der alten Eliten von Technik- und Kommunikation dar. Man erinnere sich nur an den Ausfall von Agenturinhaber Remy von Matt, der die Blogs als „Klowände des Internets“ bezeichnete. Ähnliches hat eine unserer Institutionen aus dem Museumsbereich zu berichten: Im Umgang mit Pionieren des Computerzeitalters zeigt sich eine ziemliche Abneigung gegenüber sozialen Medien. Was sich in diesen Äusserungen zeigt, ist wohl grossteils Frustration über den Verlust der eigenen Vormachtsstellung. Was kann man dagegen machen? Sachliche Diskussion führen, Unwahrheiten widerlegen und auf geschmackliche Einwände nicht eingehen oder ganz einfach das Thema vermeiden.
Umgang mit übergeordneten Institutionen
Gerade in der Schweiz erleben wir es immer wieder, dass Kantone als zuständige Behörden die IT von Museen verwalten und oftmals die Zugänge zu sozialen Medien sperren. Dies ist zum Beispiel während der WM im Kanton Luzern passiert. Das Schweizer Fernsehen hat alle WM-Spiele live gestreamt. Das Datenvolumen, welches über die Server des Kantons lief, war dermassen hoch, dass Online Fahrschulprüfungen nicht mehr durchgeführt werden konnten.
Als betroffene Institution sollte man unbedingt die Diskussion mit den entsprechenden Behörden suchen. Allerdings bleibt auch zu hoffen, dass langsam ein Umdenken stattfindet. Das Problem liegt ja nicht bei den sozialen Medien an sich, sondern bei den Mitarbeitern und den Institutionen, denen es an der nötigen Selbstkontrolle mangelt.
Als weiteres Argument werden von übergeordneten Institutionen oftmals auch Sicherheitsbedenken genannt, die nicht selten von sehr viel Unkenntnis geprägt sind. Hier hilft auch nur wieder Aufklärung.
Falsche Darstellungen über eine Institution
Wenn jemand falsche oder diffamierende Informationen über eine Institution in Umlauf bringt, dann greifen die klassischen Eskalationsstufen wie man sie aus den alten Medien kennt:
- Höflich darauf hinweisen, dass eine Unwahrheit verbreitet wird, dass diese zu korrigieren ist
- Höflich ein zweites Mal mahnen mit dem zusätzlichen Hinweis, dass bei Unterlassung eine widerrechtliche Handlung vorliegt
- 24h Deadline setzten um z.b. das foto aus dem Web zu entfernen und mit rechtlichen Schritten drohen und ggfs Anwalt einschalten.
Merke: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum!
Ressourcenmangel
Immer wieder sind wir in unseren Workshop mit dem Thema Ressourcenmangel konfrontiert: zu wenig Geld, keine Zeit, kein Know How. Klar ist: Die Arbeit mit sozialen Medien benötigt Ressourcen. Handelt es sich dabei notwendigerweise um zusätzliche Mittel? Nicht unbedingt. Wenn man bedenkt, wie schwer es gerade für kleinere Institutionen ist, sich bei den klassischen Medien Gehör zu verschaffen, dann stellt sich die Frage, ob es nicht Sinn macht, Ressourcen frei zu machen, die für den Umgang mit diesen Medien gedacht sind. Diese kann man dann auf soziale Medien umschichten. Und natürlich stellt sich die Frage, ob das Social Media Management, also die Verteilung der hauseigenen Inhalte durch diese Medien nicht einer eigenen Jobbeschreibung bedarf.
Schlussanmerkung in eigener Sache: natürlich ist es viel verlangt, die oben genannten Diskussionen kompetent zu führen. Genau hier kommt jedoch Audience+ ins Spiel. Eines der Ziele dieses Forschungsprojekts ist es, den Museen der Schweiz einen Leitfaden an die Hand zu geben für den Umgang mit Web 2.0 und social media. Dieser soll auch Argumentshilfen für solche Situationen beinhalten.
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2 Antworten zu „Risiken und Problematiken: Social Media im Museumskontext (Workshop IV)“