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Das ZLLF versteht sich als Trendscout, der vielversprechende Entwicklungen an anderen Hochschulen verfolgt und als Anregungen in die Hochschule Luzern trägt. Bei einem Besuch an der Leuphana-Universität Lüneburg erhielt das Hochschuldidaktik-Team des ZLLF Einblick in verschiedenste Bereiche, in denen die norddeutsche Universität eine gute Orientierung für die Weiterentwicklung der Hochschullehre bietet.  

Einblicke aus Staff Exchange

Zwei Aspekte zeigten sich während des Besuchs immer wieder: Die Leuphana-Universität ermöglicht ihren Studierenden eine ganzheitliche Bildung, die akademische Qualifikation, Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftliche Verantwortung konsequent zusammenführt. Und die Leuphana-Universität ist eine Hochschule mit straffer Führung, die diese Ausrichtung mit Überzeugung verfolgt und die Entwicklung der Hochschule mit Weitsicht und Hartnäckigkeit vorantreibt. Dieser Geist zeigte sich in vielen der Initiativen und Projekte, welche das Hochschuldidaktik-Team des ZLLF während seiner Site Visit kennenlernen durfte. In mehreren Treffen konnten sich die ZLLF-Angehörigen mit acht Vertreter:innen der Leuphana austauschen und so ein vielschichtiges Bild der Hochschule gewinnen. Möglich wurde die dreitägige Studienreise nach Lüneburg dank einer Finanzierung durch das Staff Exchange Mobility Program (SEMP) der Stiftung Movetia, an dem Angehörige der HSLU teilnehmen können.  

Leuphana Semester 

Gleich nach der Ankunft in Lüneburg stand das Leuphana-Semester auf dem Programm, mit dem auch Studierende ins Studium an der Leuphana starten. Darin kombiniert die Leuphana Universität eine fachliche Ausbildung mit der Förderung interdisziplinärer und gesellschaftlicher Kompetenzen. Beim Einstieg ins Studium erhalten die Studierenden über das Leuphana-Semester eine breite wissenschaftliche Grundausbildung. Diese vermittelt Fähigkeiten wie analytisches Denken, methodische Kompetenz und ethisches Bewusstsein und legt eine gemeinsame Basis für alle Studiengänge. Nach dem Leuphana-Semester wählen die Studierenden einen Major und einen Minor, wodurch individuelle Spezialisierungen möglich werden. Das Komplementärstudium ergänzt das Fachstudium durch fächerübergreifende Module, die interdisziplinäre Kompetenzen und gesellschaftliches Verständnis fördern. Ob ethische Fragen, technologische Entwicklungen oder kreative Ausdrucksformen – das Komplementärstudium öffnet den Blick für die grossen Zusammenhänge und ergänzt das Fachstudium um wertvolle Perspektiven. Das Studienmodell an der Leuphana Universität will Studierende fachlich und überfachlich auf den Arbeitsmarkt und gesellschaftliche Herausforderungen vorbereiten.

Studium Individuale

Eine Studienoption, welche das ganzheitliche Bildungsverständnis der Leuphana ebenfalls zum Ausdruck bringt, ist das Studium individuale. Dabei handelt es sich um einen Major im Rahmen der Bachelor-Ausbildung, in dem Studierende ihre Studieninhalte aus einer interdisziplinären Angebotspalette weitgehend selbst zusammenstellen. Das Modell entspricht dem Konzept der Liberal Education an US-amerikanischen Hochschulen – gewissermassen ein Re-Import des Humboldt’schen Bildungsverständnisses an deutsche Universitäten. Eine tragfähige Beziehung zu und unter den Studierenden zu etablieren, sei in diesem Studienformat besonders wichtig, berichtete eine Dozentin des Programms den ZLLF-Kolleg:innen. Dies geschieht über Gespräche mit Dozierenden, aber auch mit Peer-Beratungen. Der Major werde oft von besonders guten Studierenden gewählt, so die Dozentin: «Studierende, die überall gut sind, müssen sich so nicht entscheiden». Ein zentrales Modul sei daher ein Kurs zu Decision making im vierten Semester, in dem das Thema «Entscheiden» theoretisch aufgearbeitet werde. Zugleich helfe der Kurs den Studierenden bei der weiteren Laufbahngestaltung.  

Nachhaltigkeit 

Das Thema Nachhaltigkeit ist an der Leuphana Universität tief verankert: Eine Senatskommission Nachhaltigkeit unter der Leitung des Präsidenten mit Vertreter:innen der Professuren, wissenschaftlichen Mitarbeitenden, der Verwaltung und Studierenden bringt das Thema in den Senat. Als zentrale Stelle koordiniert eine Beauftragte für Nachhaltigkeit das Querschnittsthema in den verschiedenen Fakultäten, Schools und Einrichtungen. Das ehrenamtliche Engagement von Studierenden in über 80 studentischen Initiativen spielt dabei eine grosse Rolle. Dazu zählt etwa das Fallstudienbüro der Fakultät Nachhaltigkeit, welches inter- und transdiziplinäre studentische Forschungsprojekte (oder eben Fallstudien) untereinander koordiniert und so aufeinander aufbauende und grössere Wirkung entfaltende studentische Forschungsprojekte ermöglicht.  

So entstand auch das Reallabor Waldgarten mit 450 Quadratmetern auf dem Campus direkt hinter der Bibliothek. Als Pilotfläche fördert es die Biodiversität auf dem Campus, trägt dazu bei, das Konzept Food Forest als nachhaltiges, mehrschichtiges Ernährungssystem vorzustellen, und dient neben vielen anderen Flächen auch als Begegnungs- und Erholungsstätte oder Lernort. Studierende der Umweltwissenschaften begleiteten die Entwicklung in einem Nachhaltigkeitsforschungsprojekt. Gleichzeitig ist der Waldgarten eingebunden in den Masterplan zur Neugestaltung des Campus, dessen Konzept seit 2017 in verschiedenen Projekten und studentischen Workshops gemeinsam mit unterschiedlichsten Stakeholdern erarbeitet wurde und als Lebenswelt Campus kommendes Jahr zu einer grösseren Umgestaltung des Campus mit Beseitigung der noch aus der Gründungszeit stammenden Panzerstrassen führen wird. Der Campus soll dabei auch vom Durchgangsverkehr befreit werden. 

Beeindruckt hat bei den Erläuterungen der Nachhaltigkeitsbeauftragten Irmhild Brüggen beim Rundgang über den Campus vorbei am Reallabor Wiese, am essbaren Campus und am Reallabor Waldgarten die starke Vernetzung von Nachhaltigkeitsthemen mit der Lehre. Ein wichtiger Grundstein dafür ist neben der Nachhaltigkeitskommission sicher auch die Fakultät Nachhaltigkeit sowie die Module des Leuphana Semesters, in dem sich 1’400 Erstsemestrige mit dem Themenfeld Nachhaltigkeit beschäftigen (müssen). Entsprechend bietet die  Leuphana Universität auch ein breites Studienangebot mit Bezug zur Nachhaltigkeit anbietet. Das Thema ist an der Hochschule tief verankert und entfaltet darum eine – im doppelten Sinne – nachhaltige Wirkung.  

Transformationsräume 

Zum Abschluss der Studienreise hatte das Hochschuldidaktik-Team die Gelegenheit, das Projekt der Transformationsräume kennenzulernen. Diese Räume, von den Verantwortlichen liebevoll “Trafos” genannt, sind in ehemaligen Ladenlokalen auf dem Campus-Areal untergebracht und sind eine Kombination von Unterrichtsräumen für Lehrveranstaltungen und Räumen für studentische Initiativen. Unschlagbarerer Vorteil der Räume ist just ihre ehemalige Bestimmung: Sie bringen dank ihrer guten Lage «Laufkundschaft» und sind – auch dank der grossen (Schau-) Fenster durch ihre Sichtbarkeit niederschwellig zugänglich.  

Die Trafos verfolgen zwei Absichten: einerseits sollen sie studentische Innovationsräume sein, andererseits innovative Lehr-/ Lernräume. Um den ersten Anspruch einzulösen, fehlt es den Trafos aktuell noch an der Anbindung an die lokalen Unternehmen oder die Zivilgesellschaft. Hingegen sind es durch die Mischnutzung für studentische Initiativen und für curriculare Lehrveranstaltungen spannende Lehr-/Lernräume. Auch ein weiterer Aspekt macht die Trafos als Lehr-/ Lernräume reizvoll: Es sind keine von Anfang an durchgeplanten Räume mit einem im voraus festgelegten Nutzungskonzept, sondern sie sind wandelbar und passen sich den Bedürfnissen der Nutzer:innen an. So wurde auch mit unterschiedlichem und flexiblem Mobiliar und sogar mit eigenen Prototypen für die Einrichtung experimentiert. 

 

Foto: Zentralgebäude Leuphana Universität von Daniel Libeskind (eigenes Bild).

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