Papier-Rechnungen sollen in der heute hybriden Arbeitsweise wegfallen.

Abschied vom Papier – Willkommen im digitalen Kreditoren-Workflow!

Jedes Unternehmen will digitalisieren, aber wo fängt es an? Der Kreditoren-Workflow kann ein guter Anfangspunkt sein. Hier die wichtigsten Anforderungen und mögliche Software.

Zuerst die Auswahl der Software und dann der Entscheid für den IT-Dienstleister

IT-Dienstleister, die Workflow-Lösungen anbieten, gibt es fast schon wie Sand am Meer. Die richtige Lösung für das eigene Unternehmen zu finden, ist zu einer aufwendigen Evaluation geworden. Im Folgenden werden die bekanntesten Softwarelösungen vorgestellt, mit denen der Rechnungseingangsprozess, ein typischer Human-Workflow in jedem Unternehmen, abgewickelt werden kann. Mit der Auswahl der geeigneten Software reduziert sich die Auswahl des IT-Dienstleisters.

Vorab die wichtigsten Anforderungen

Die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) bzw. des maschinellen Lernens (ML) treiben die heute am Markt verfügbare Software weiter voran. Im Bereich Erfassung und Workflow ist es heute möglich und unabdingbar, dass durch maschinelles Lernen trainierte Modelle die Informationen aus den Rechnungen sehr gut extrahieren und die Workflowsteuerung ohne manuelle Eingriffe durch das System gesteuert wird.

Eine weitere wichtige Anforderung ist das Workflow-Monitoring. Fragen wie «Bei welchen Mitarbeitern liegen Rechnungen zu lange» oder «Wo greifen wir manuell ein» sollen durch das Monitoring beantwortet werden. Durch «Low-Code»-Anwendungen kann das Unternehmen die Pflege und Optimierung der Prozesse selbst übernehmen. Auf diese Weise kann der bisher aufwändige Human-Workflow deutlich reduziert und die Digitalisierung erfolgreich werden.

Zusammenspiel von Erfassung, Elektronische Freigabe und Archiv

Im Rechnungseingangsprozess durchläuft die Rechnung drei Bereiche, die in der Regel mit unterschiedlichen Softwarekomponenten gelöst werden.

Drei Schritte des Kreditorenworkflows
Die drei Teilprozesse im Kreditorenworkflow

 

Zunächst werden beim Erfassen die Informationen aus der Rechnung ausgelesen bzw. extrahiert. Anschliessend werden die Daten an die Workflow-Software übergeben. Hier muss mittels Geschäftsregeln, oder besser mit Hilfe von Machine Learning Algorithmen, der richtige Sachbearbeiter und die Kontierung der Rechnung ermittelt und weiterverarbeitet werden. Abschliessend wird die Rechnung zusammen mit dem Workflow-Logfile unveränderbar im Archiv abgelegt.

Rechnungseingangsprozess

Anforderungen bei der Erfassung sind «Document Understanding» und «Machine Learning»

Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung des Kreditorenworkflows ist ein effizientes und effektives Document Understanding (DU). Dabei werden die Dokumente digitalisiert, klassifiziert, die Informationen extrahiert und validiert. Die meisten derzeit erhältlichen Softwareprodukte verwenden für die Digitalisierung nach wie vor «Optical Character Recognition», kurz OCR, die eine zeichenweise Texterkennung durchführt. Am weitesten verbreitet sind DocProStar von TCG und DocXtractor von ELO. Seit 2019 ist ein Spin-off der ETH unter dem Namen BLP Digital AG auf dem Erfassungs-Markt aktiv. Laut Sabrina Schenardi von BLP Digital:

Unser Algorithmus wurde während drei Jahren mit Dokumenten von 60 Schweizer Industriepartnern mit 20 neuronalen Netzen trainiert.

Ihr Erfassungs-Verfahren berücksichtigt beim Auslesen erfolgreich auch visuelle Aspekte (Tabellen, zusammenhängende Textblöcke), was bei OCR nicht möglich ist. Dies verspricht bessere Ergebnisse für die weitere Bearbeitung im Workflow.

Erfassung-Lösungen und deren Features
Erfassung-Lösungen und deren Features

 

Anforderungen im Freigabe-Prozess sind Flexibilität und die Nutzung von «Machine Learning»

Nach der Erfassung durchlaufen die Rechnungen den Freigabeprozess. Dieser ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich definiert. Freigabekompetenzen und die Anzahl der Freigaben pro Dokument sind Beispiele für zu definierende Geschäftsregeln. Diese müssen in einem Workflow entsprechend flexibel einstellbar sein. Um neue Anforderungen und Änderungen an bestehenden Prozessen selbständig umzusetzen, ist ein «Low-Code»-Prozessdesign wie BPMN sinnvoll.

BPMN Soll-Prozess Kreditoren-Workflow
BPMN Soll-Prozess Kreditoren-Workflow

 

BPMN steht für „Business Process Model and Notation“ und ist die grafische Methode zur Darstellung von Geschäftsprozessen. Workflow-Lösungen, die auf BPMN basieren, reduzieren die Abhängigkeiten, da BPMN-Modelle exportiert und in andere Software importiert und weiterverwendet werden können.

In der Schweiz häufig eingesetzte Workflow-Lösungen für die Rechnungsverarbeitung sind XpertAPF, JobRouter, UiPath oder BossBPM. Aufgrund der weiten Verbreitung von Microsoft Office im KMU-Umfeld ist auch die Microsoft-Lösung PowerAutomate immer häufiger anzutreffen. Hier ist zu beachten, dass keine BPMN im Hintergrund steht und somit der Prozess an diese Technologie gebunden ist. Ein weiterer Anbieter ist die Firma Basware. Diese hat enorme Konfigurationsmöglichkeiten, sind aber nicht durch das Unternehmen selbst veränderbar. Basware ist auf globale Unternehmen ausgerichtet und die Einführungskosten dieser Lösung übersteigen die der anderen Anbieter bei weitem.

Workflow Lösungen und deren Features
Workflow Lösungen und deren Features

 

Anforderung an das Archiv ist das Finden – nicht das Suchen

Die digitalisierten Dokumente werden in einem unveränderbaren Archiv gespeichert. Eine sehr gut implementierte Volltextsuche soll ein schnelles Auffinden der Dokumente im Archiv ermöglichen. Aber auch der individuelle Aufbau der Ablagestruktur muss gewährleistet sein.

Die oben genannten Anbieter ELO, XpertAPF und JobRouter bieten ein integriertes Dokumentenmanagement-System (DMS) zu ihren Workflow-Lösungen an. Weitere DMS auf dem Markt sind Docuware und Kendox. Alle diese DMS stellen die notwendigen Funktionen für den Zugriff aber auch für die revisionssichere Archivierung zur Verfügung.

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Corinne Walser-Schwarzentruber

Corinne Walser-Schwarzentruber ist eidg. dipl. Expertin in Rechnungslegung & Controlling und absolvierte von 2019-2024 das Bachelor-Studium in Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Luzern.

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