KI im Notfall- und Krisenstab: Eine sinnvolle Ergänzung

ChatGPT, Perplexity und Co. sind längst auch im Krisenmanagement angekommen. Doch wie verändert KI die Stabsarbeit wirklich? Zwischen Prompting, Firmen-Wikis und Echtzeit-Output entstehen neue Chancen – und neue Fragen. Sicher ist: Die Stabsarbeit steht vor einem weiteren technologischen Umbruch.

Stellen Sie sich vor: Ein landesweiter Stromausfall. Die Nationalen Alarmzentrale (NAZ) muss in kürzester Zeit die Lage beurteilen und Massnahmen planen. Genau dieses Szenario stand im Juni 2025 im Zentrum der Übung ʺINTELLIGENZAʺ. Wir, das Autor:innenteam, haben diese Übung konzipiert, im Rahmen des CAS Krisenmanagement und Organisationale Resilienz durchführt und ausgewertet. Zwei Gruppen bearbeiteten dieselbe Aufgabe – eine klassisch, die andere unterstützt durch KI-Tools wie ChatGPT und Perplexity.

KI liefert Tempo – aber keine hundertprozentige Sicherheit

Die Gruppe ohne KI arbeitete ruhiger und produzierte verlässliche Resultate. Die KI-Gruppe war schneller und brachte neue Perspektiven ein – jedoch zeigte sich: Ohne Schulung verlieren Teams Zeit bei der Bedienung der Tools. Die Resultate hängen stark von der Qualität der Prompts ab und müssen stets kritisch geprüft und verifiziert werden.

KI kann die Stabsarbeit beschleunigen und bereichern, ersetzt aber nicht das Erfahrungswissen der Stabsmitarbeitenden. Die Vielfalt im Stab bleibt entscheidend. In Zukunft können daher KI-Spezialist:innen ein fester Bestandteil von Krisenstäben sein. Sie können die Effizienz und Effektivität der Stabsarbeit markant steigern und so die klassische Stabsarbeit auf ein neues Level heben.

Investitionen in Ausbildung, Organisation und Vernetzung nötig

Damit KI produktiv eingesetzt und so ein neues Qualitäts- und Quantitätslevel erreicht werden kann, braucht es:

  • Ausbildung. Alle Stabsmitarbeitenden benötigen Grundkenntnisse im Umgang mit KI. Der KI-Einsatz sollte fester Bestandteil der Ausbildung und regelmässiger Übungen sein.
  • Organisation. KI-Tools gehören fix in die Toolbox des Stabes; die Einführung einer Funktion «KI-Spezialist:in» kann einen Mehrwert schaffen.
  • Vernetzung. Behörden, Wissenschaft und Wirtschaft sollten sich über rechtliche Grundlagen und Standards austauschen und einigen. Internationale Kontakte fördern den Erfahrungsaustausch und setzen Benchmarks.

In unseren Organisationen haben wir – die Autoren dieses Blogs – bereits erste konkrete Umsetzungsschritte initialisiert. Zum Beispiel: Die ACTIF-Checkliste für das zielgerichtete «Prompting» in der Stabsarbeit.

  • A – Act as (Rolle). Bestimmt, in welcher Funktion die KI agieren soll;
  • C – Context (Kontext). Liefert Hintergrundinformationen, die für die Aufgabe wichtig sind;
  • T – Task (Aufgabe). Definiert die konkrete Anweisung oder das Ziel;
  • I – Input (Eingabe). Gibt die spezifischen Daten oder Inhalte an, die die KI verarbeiten soll;
  • F – Format (Ergebnisformat). Bestimmt, in welcher Form das Ergebnis ausgegeben werden soll.

Die Zukunft hat bereits begonnen

Prompten wird für alle Stabsmitarbeitende zur Grundfertigkeit gehören, wie das sichere Anwenden einer Entscheidungsfindungsmethodik oder das in die Jahre gekommene googeln. KI-Spezialist:innen befassen sich heute bereits mit den KI-Tools (z. B. KI-Agenten) von morgen. KI-Agenten sind Softwareprogramme, die künstliche Intelligenz nutzen, um autonom oder halbautonom Aufgaben zu erledigen, die von den Nutzern vorgegeben werden, ohne dass ein Mensch ständig eingreifen muss.

«Stillleben Stabsarbeit – mit KI». Die Zusammensetzung eines Stabes ist entscheidend. Ein neues Teammitglied wird in Zukunft die KI sein. (Bild: Eigene Darstellung von Michel, 2025).

 

Christine Arn, Christoph Michel, Marc Schäfer

Christine Arn leitet die Geschäftsstelle Krisenorganisation Bundesverwaltung beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz. /// Christoph Michel ist Leiter Katastrophenmanagement bei Schutz und Rettung Bern. /// Marc Schäfer ist Head Crisis & Continuity Management bei der Flughafen Zürich AG. /// Sie absolvieren zum Zeitpunkt der Publikation den CAS Krisenmanagement und Organisationale Resilienz an der Hochschule Luzern.

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