Unternehmenskrise aus der Sicht der Steuerverwaltung: Dienstleistungsorientiert, aber unabhängig

Bei einer Sanierung ist der frühzeitige Kontakt mit dem zuständigen Steueramt essenziell. Dieses versteht sich als dienstleistungsorientierte Behörde, bleibt jedoch in seiner Beurteilung unabhängig. Entscheidend ist eine sorgfältige Ursachenanalyse – und drei Stellschrauben.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nimmt vielerorts zu, auch im Kanton Luzern. Aufmerksamkeit erregen dabei nicht nur Insolvenzverfahren von Unternehmen, die als „too big to fail“ gelten. Auch der Niedergang traditionsreicher Betriebe wird häufig als Beispiel für offensichtliches Managementversagen oder unzureichende gesetzliche Rahmenbedingungen angeführt.

Bei der Ausarbeitung von Lösungsansätzen kann auch das Steueramt eine unterstützende Rolle übernehmen. Als Teamleiterin Juristische Personen bei der Dienststelle Steuern begleite ich unter anderem Unternehmen in Liquidationssituationen steuerrechtlich. Das heisst: Unternehmen treten mit konkreten Sanierungsplänen an uns heran. Unsere Aufgabe ist es, diese im Hinblick auf die steuerliche Situation zu prüfen und steuerrechtlich einzuordnen.

Dabei achten wir darauf, sachlich fundierte Rückmeldungen zu geben, ohne in eine beratende Rolle zu geraten, denn eine solche würde unsere Unabhängigkeit gefährden.

Wie weit darf Dienstleistungsorientierung gehen, ohne zur Beratung zu werden? Diese Frage beschäftigt uns regelmässig. Wir sehen uns in der Pflicht, mit klarer Kommunikation zur Rechtssicherheit beizutragen. Gleichzeitig dürfen wir nicht selbst in die unternehmerischen Entscheidungsprozesse eingreifen. Die Grenze zwischen Hilfestellung und Beratung ist dabei oft schmal und verlangt ein hohes Mass an fachlicher und kommunikativer Sensibilität.

Sorgfältige Ursachenanalyse

Eine Unternehmenskrise verläuft typischerweise in mehreren Phasen. Ausgangspunkt ist häufig ein Rückgang der Aufträge, der zu sinkenden Umsätzen führt. In der Folge entstehen im Verhältnis zur Umsatzentwicklung überproportionale Produktionskosten. Dieser Umsatzrückgang leitet zunächst eine Ertragskrise ein, die sich weiter zur Liquiditätskrise entwickelt. Im schlimmsten Fall resultiert daraus eine Überschuldungskrise, bei der das Unternehmen in akuter Insolvenz- und Existenzgefahr schwebt.

Für die Ursachenforschung empfiehlt es sich, die im Businessplan enthaltenen Planzahlen mit den aktuellen Ist-Zahlen gegenüberzustellen. So lässt sich feststellen, ob das Defizit vorrangig auf der Einnahmen- oder der Kostenseite liegt, oder ob eine Kombination beider Faktoren vorliegt. Krisen können jedoch auch durch qualitative Fehlentwicklungen entstehen – in solchen Fällen empfiehlt sich die Einbindung externer Fachpersonen.

Drei Stellschrauben für die Sanierung

Ist die Krisenursache identifiziert, können passende Handlungsoptionen geprüft werden, um das Unternehmen zu stabilisieren. Aus meiner Erfahrung bieten sich drei wichtige Stellschrauben bei der Krisenbewältigung an:

  • Steigerung der Einnahmen, beispielsweise durch Überarbeitung des Marketingkonzepts oder gezielte Werbemassnahmen;
  • Reduktion der Kosten durch Prüfung sämtliche Einsparpotenziale;
  • Verbesserung der Liquidität, zum Beispiel durch Optimierung des Debitorenmanagements oder konsequenteren Mahnwesens.

In den Präsenzmodulen des CAS Krisenmanagement und Organisationale Resilienz an der Hochschule Luzern erarbeite ich anhand praxisnaher Fallstudien und realistischer Krisensimulationen, wie Unternehmen in akuten Krisensituationen agieren. Dabei zeigt sich klar, wie entscheidend in solchen Momenten verlässliche und reaktionsschnelle Partner für eine wirksame Krisenbewältigung sind.

Auch das Steueramt kann im Rahmen seiner Zuständigkeit eine zentrale Rolle einnehmen – als dienstleistungsorientierter Gesprächspartner im Dialog, jedoch stets mit der notwendigen professionellen Distanz. Eine tragfähige Sanierung gelingt nur dann, wenn alle Beteiligten ihre jeweilige Rolle kennen und diese mit Verantwortung und Augenmass ausfüllen.

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Wie kommen Unternehmen wieder in Balance? Die kantonale Steuerverwaltung begleitet – und braucht dabei eine professionelle Distanz. (Foto von Christophe Hautier auf Unsplash)

Fabienne Gloor

Fabienne Gloor bloggt aus dem Unterricht des CAS Krisenmanagement & Organisationale Resilienz. Sie ist als Teamleiterin der Dienststelle Steuern des Kantons Luzern tätig. Ihre Leidenschaft gehört der Steuerwelt. Die Vision lautet: Wir steuern!

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