Als Führungskräfte, insbesondere im Gesundheitswesen, müssen wir komplexe Entscheidungen treffen. Wie entscheidet man bewusst und nachhaltig? Psychologie hilft – zum Beispiel mit Denkmodi oder Biases.
In meiner Rolle im Gesundheitswesen erlebe ich täglich komplexe Entscheidungen mit weitreichenden Folgen. Der EMBA hat mir nicht nur methodische Werkzeuge wie Risiko- und Szenarioanalysen vermittelt, sondern auch den Blick für die psychologischen Hintergründe geschärft.
Dabei wurde deutlich: Entscheidungen sind selten rein rational – unbewusste Muster beeinflussen sie stärker, als vielen bewusst ist. Diese Erfahrungen zeigen, dass neben methodischem Wissen auch psychologisches Bewusstsein entscheidend für fundierte Entscheidungen ist.
Denke ich automatisch und reflektiert?
Die Psychologie unterscheidet zwischen zwei Denkmodi: schnelles, automatisches Denken (System 1) und langsames, reflektiertes Denken (System 2). Besonders im Gesundheitswesen, wo oft in Sekunden entschieden werden muss, etwa im Schockraum, zeigt sich dieses Spannungsfeld deutlich. Automatisches Handeln ermöglicht rasches Reagieren, ist jedoch anfällig für kognitive Verzerrungen, wenn die Reflexion zu kurz kommt.
Diese kognitiven Verzerrungen nennt man Biases. Im EMBA begegnen sie mir immer wieder – etwa im Risiko-, Change- oder Szenariomanagement. Das zeigt ihre Relevanz: Wo täglich Entscheidungen getroffen werden – oft dicht aufeinander – wirken diese Verzerrungen oft unbemerkt.
Bewusstes Austarieren zwischen Intuition und Reflexion
Zwei Biases prägen Entscheidungsprozesse besonders stark: der Confirmation Bias und die Verfügbarkeitsheuristik. Beim Confirmation Bias werden Informationen bevorzugt, die bestehende Annahmen bestätigen, Widersprüche geraten leicht aus dem Blick.
Die Verfügbarkeitsheuristik führt dazu, dass eindrückliche oder aktuelle Ereignisse Wahrscheinlichkeiten überschätzen lassen. Bewusste Reflexion hilft, diese Verzerrungen zu erkennen und ausgewogener zu entscheiden.
Diese Biases sind keine theoretischen Konstrukte – sie prägen Führungspraxis täglich. Das bewusste Austarieren zwischen Intuition und Reflexion wird so zum Schlüssel moderner Managementkompetenz.
Die eigene Persönlichkeit ist ein Filter
Wie wir in diesem Spannungsfeld entscheiden, hängt nicht nur von situativen Faktoren oder Biases ab, sondern auch von der eigenen Persönlichkeit. Sie beeinflusst, ob Entscheidungen eher intuitiv oder analytisch getroffen werden. Modelle wie das von C. G. Jung zeigen, wie individuelle Präferenzen entstehen und wie sie Teams und Prozesse beeinflussen. Für Führungskräfte ist es entscheidend, die eigenen Muster zu kennen und im Team unterschiedliche Sichtweisen gezielt zu nutzen.
Die psychologischen Mechanismen, die sich im Gesundheitswesen besonders zeigen, gelten für Führungskräfte in allen Branchen. Wer Biases erkennt, Persönlichkeitsmuster reflektiert und emotionale Dynamiken versteht, schafft die Grundlage für fundierte und nachhaltige Entscheidungen.
