Mehr als nur Krisenfestigkeit: Resilienz auf unterschiedlichen Ebenen

Resilienz ist der Schlüssel, um Krisen zu meistern – individuell wie in Organisationen. Sie zeigt sich nicht nur in Plänen, sondern auch darin, Herausforderungen aktiv zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen.

Ist unser Krisenstab ausreichend auf ein mögliches Ereignis vorbereitet? Erfüllen wir alle regulatorischen Vorgaben? Existiert für alle kritischen Prozesse ein aktueller Business-Continuity-Plan?

In meiner Funktion als BCM-Officer einer Privatbank prüfe ich regelmässig, ob unsere Bank auf mögliche Ereignisse ausreichend vorbereitet ist. Klare Prozesse und Notfallkonzepte sind dabei unerlässlich – doch Resilienz bedeutet weit mehr als nur Pläne und Checklisten.

Resilienz als Haltung – mehr als eine Pflicht

Seit 2024 verpflichtet das FINMA-Rundschreiben Operationelle Risiken und Resilienz – Banken alle Finanzinstitute in der Schweiz, ihre Widerstandsfähigkeit systematisch zu stärken. Was nach klaren regulatorischen Vorgaben klingt, erweist sich in der Praxis als komplexes und vielschichtiges Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren.

Während der Umsetzung dieser Anforderungen im Rahmen des Projekts wurde mir bewusst, wie umfassend Resilienz gedacht werden muss: strukturell, organisatorisch und menschlich.

Diese Erkenntnis vertiefte sich während meines Lehrgangs CAS Krisenmanagement & Organisationale Resilienz. Mir wurde klar, dass Resilienz weit mehr ist als eine regulatorische Pflicht. Sie zeigt sich nicht im Vermeiden von Krisen, sondern in der Art und Weise, wie wir auf sie antworten – als ganzheitlicher Ansatz zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit einer Organisation und als Ausdruck einer Haltung, die auf Lernen, Anpassung und Verantwortung beruht.

Resilienz beginnt beim Menschen

Resilienz – die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und darin handlungsfähig zu bleiben – beginnt beim Menschen. Forschungen zeigen, dass Resilienz keine angeborene Eigenschaft, sondern eine erlernte Fähigkeit ist, mit Herausforderungen umzugehen. Schon im Kindesalter entwickeln wir Strategien, Rückschläge zu verarbeiten. Ein Kind, das nach einem Sturz wieder aufsteht, übt bereits Resilienz.

Auch im Erwachsenleben begegnen wir solchen Momenten immer wieder: berufliche Veränderungen, hoher Druck, unerwartete Wendungen. Resilienz zeigt sich, wenn wir trotz Unsicherheit weiterdenken, uns anpassen und gestärkt aus einer Situation hervorgehen.

Sie entsteht durch Selbstreflexion, soziale Unterstützung und die Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen – also durch bewusste Entwicklung, nicht durch Zufall.

Widerstandsfähigkeit auf organisatorischer Ebene

Auch auf organisatorischer Ebene spielt Resilienz eine zentrale Rolle. Unternehmen stehen dabei vor der Herausforderung, ihre Handlungsfähigkeit unter Druck zu bewahren. Die Prinzipien bleiben dabei ähnlich: Lernen aus Erfahrungen, strukturiertes Vorgehen und eine Kultur, die Stabilität und Weiterentwicklung gleichermassen fördert.

Resilienz bedeutet also nicht nur, auf Fragen wie „Was wäre, wenn …?” vorbereitet zu sein, sondern auch, im Moment des Unerwarteten flexibel, entschlossen und verantwortungsvoll zu handeln – sowohl auf persönlicher als auch auf organisatorischer Ebene.

 

Felsen in der Brandung: Resilienz bedeutet, auch bei Unwetter stark zu sein  (Foto von Nicolas Houdayer auf Unsplash)

Denise Obrist

Denise Obrist ist BCM-Officer bei der LGT Bank (Schweiz) AG und absolviert zum Zeitpunkt der Publikation das CAS "Krisenmanagement & Organisationale Resilienz" an der Hochschule Luzern.

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