Der demografische Wandel ist kein Zukunftsszenario mehr, er ist bereits Realität. Besonders im Schweizer Gesundheitswesen macht er sich zunehmend bemerkbar. Damit Kliniken und Praxen auch in Zukunft leistungsfähig bleiben, sind gezielte Anpassungen in der Strategie, Organisation und Arbeitsbedingungen unerlässlich.
Frau Meier leidet an einem Schnappfinger am Daumen. Beim Schnappfinger «schnappt» oder bleibt der Daumen beim Beugen oder Strecken hängen aufgrund der Beugesehne. Die Hausärztin meldet Frau Meier zur spezifischen Untersuchung bei einem Orthopäden an. Dieser Termin folgt erst drei Monate später aufgrund ausgebuchter Sprechstunde. Als Leiterin Administration der Orthopädischen Klinik Luzern AG gehören solche Fälle leider zu meinem Alltag.
Der Kanton Luzern rechnet mit einem deutlichen Anstieg orthopädischer Behandlungen (1). Im Basiszenario erwartet der Kanton Luzern eine Zunahme von 17 % bis 2035. Das entspricht 1’317 zusätzlichen stationären Fällen. Im Maximalszenario sogar +25 %. Ursachen dafür sind die steigende Lebenserwartung, die Zunahme multimorbider Patienten sowie ein aktiverer Lebensstil mit mehr Freizeitunfällen, insbesondere im Breiten- und Amateursport.
Fachkräftemangel verschärft die Lage
Gleichzeitig verschärft sich der Fachkräftemangel. Laut dem Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, Foederation Medicorum Helveticorum (FMH), zeigt sich ein deutlicher Alterungstrend unter den Ärztinnen und Ärzten: Ein grosser Teil der Berufsgruppe ist über 50 Jahre alt. Der Nachwuchs reicht nicht aus, um die Lücken zu schliessen. Dies betrifft nicht nur den ärztlichen Bereich, sondern auch medizinisches Fachpersonal. Die Versorgungssicherheit steht dadurch zunehmend unter Druck.
Im Rahmen meines EMBA-Studiums an der Hochschule Luzern setze ich mich vertieft mit strategischem Management und Megatrends auseinander. Die Verbindung von Theorie und Praxis erlaubt es mir, Herausforderungen wie den demografischen Wandel gezielt zu analysieren und nachhaltige Lösungen für das Unternehmen zu entwickeln
Strategisches Handeln ist jetzt gefragt
Um dem steigenden Versorgungsbedarf insbesondere gerecht zu werden, braucht es ein zielgerichtetes Vorgehen auf mehreren Ebenen:
- Versorgungsstrategie anpassen. Ambulatorien und Fachpraxen sollen gezielt in Wachstumsregionen ausgebaut werden, um Versorgungslücken zu schliessen.
Wenn sich Kliniken zudem fachlich profilieren, positionieren sie sich klar im Wettbewerb und können ihre Patient:innen überregional akquirieren. - Digitale und organisatorische Effizienz steigern. Standardisierte Prozesse, schlanke Dokumentation und intuitive Informationssysteme würden das Personal entlasten und die Behandlungsqualität erhöhen. Zudem soll man die Hausärzte gezielt in die fachliche Schulung einbinden. Durch kontinuierliche Fortbildung können Hausärztinnen und Hausärzte befähigt werden, mehr Erstabklärungen selbstständig vorzunehmen. Dies entlastet Fachspezialistinnen und Fachspezialisten und verkürzt die Wartezeiten in stark belasteten Bereichen wie der Orthopädie.
- Attraktive Arbeitsbedingungen schaffen. Moderne Arbeitszeitmodelle (z. B. Teilzeit, feste Arbeitstage), faire Entlöhnung und ein wertschätzendes Führungsverständnis sind zentrale Pfeiler zur langfristigen Personalbindung.
Fazit: Der demografische Wandel stellt das Gesundheitssystem auf die Probe. Unter anderem auch im Fachbereich Orthopädie. Wer heute vorausschauend handelt, kann nicht nur Herausforderungen meistern, sondern auch neue Chancen nutzen.
