Der Suva-Hauptsitz in Luzern: Hier werden die Beschwerden verarbeitet - und Telefongespräche geführt, um die Kundschaft besser zu verstehen.

Kundenzufriedenheit im Mittelpunkt: Suvas Antwort auf den Anstieg von Beschwerden

Warum fühlten sich immer mehr Versicherte von der Suva unverstanden und enttäuscht? Im Jahr 2023 explodierte die Einsprachequote trotz stabiler Unfallzahlen – ein deutliches Zeichen dafür, dass etwas schiefläuft. Wir fanden eine überraschend einfache Lösung: den direkten Dialog mit den Kunden.

Seit Jahrzehnten war die Einsprachequote bei der Suva eine beruhigende Konstante – stabil und berechenbar. Bei 500’000 neuen Unfällen pro Jahr führten etwa 3’000 davon zu Einsprachen, was einer Quote von nur 0,6 % entsprach. Doch diese Ruhe vor dem Sturm sollte nicht ewig währen. Plötzlich schlugen die Zahlen aus und die Suva sah sich mit einer dramatischen Veränderung konfrontiert, die alles infrage stellte, was bislang als selbstverständlich galt.

Unerwarteter Anstieg: Einsprachequote sorgt für Handlungsbedarf

Im Jahr 2023 registrierten wir ohne markanten Anstieg der Unfälle rund 650 neue Einsprachen pro Monat bzw. 8’000 Einsprachen bei 550’000 Unfällen im Jahr. Die Einsprachequote stieg somit von 0,6% auf 1.45%. Die Bearbeitung dieser Beschwerdefälle war mit gleicher Anzahl an Ressourcen nicht mehr zu bewältigen.

Als Verantwortlicher für den Prozess der Einsprache-Bearbeitung habe ich mit einem interdisziplinären Team bestehend aus 15 Personen die Ursachen des starken Anstiegs analysiert. Das primäre Ziel bestand darin, die Einsprachen zu reduzieren und falls nötig die Qualität der Verfügung zu steigern.

Aufgrund einer markanten Umstellung bei der Bearbeitung der Schadenfälle hatten wir zwar viele Vermutungen, an welchen Ursachen der starke Anstieg der Einsprachen festgemacht werden kann. Aber wir wussten es nicht. Was haben wir gemacht? Wir nahmen Kontakt auf mit unseren Kunden.

Die Ursache: Fehlende Kommunikation als Stolperstein

Mittels eines strukturierten Fragebogens haben wir telefonisch bei unserem Kunden nachgefragt. Sehr schnell zeigte sich ein homogenes Bild: unsere Versicherten waren überrascht über den negativen Bescheid, schockiert und zeigten Unverständnis für unser Vorgehen! Viele Versicherte zeigten sich aber auch sehr erfreut, dass wir mit ihnen in den persönlichen Dialog getreten waren.

Was haben wir daraus gelernt: wir wussten nun, wo wir ansetzen mussten, um unsere Prozesse anzupassen. Aufgrund der Umstellung des gesamten Schadenmanagement und der entsprechenden digitalen Abwicklung fand keine Interaktion mehr mit dem Kunden statt, d.h. von der automatisierten Unfallanerkennung über die Leistungserbringung erfolgte alles digital oder schriftlich, einschliesslich der Verfügung, welche in der Regel ohne Vorwarnung die Leistungen einstellte.

Lösungsansatz: Direkter Dialog als Schlüssel zum Erfolg

Unsere Kundin will die Interaktion. Sie möchte informiert werden, was passiert. Im besten Fall will sie telefonisch vorbereitet werden, wenn es zu einer Einstellung der Leistungen kommt.

Diese Befragung hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, den Kunden zu verstehen. Wir mussten die Abläufe den Bedürfnissen des Kunden anpassen. Nur dank dem direkten Kundenkontakt mit Befragung konnten wir unsere zahlreichen Massnahmen zur Senkung der Einsprachen richtig definieren und umsetzen. Das deckt sich mit dem Modell der Kundenzentrierung, das im Mittelpunkt meiner EMBA-Ausbildung steht.

Die Methode ist simpel: Wir müssen die Beschwerde des Kunden als Chance sehen. Das Resultat verblüffend: Sowohl der Kunde als auch die Sachbearbeiterin sind zufrieden und die Einsprachen gehen zurück.

 

Der Suva-Hauptsitz in Luzern: Hier werden die Beschwerden verarbeitet - und Telefongespräche geführt, um die Kundschaft besser zu verstehen.
Der Suva-Hauptsitz in Luzern: Hier werden die Beschwerden verarbeitet – und Telefongespräche geführt, um die Kundschaft besser zu verstehen. (Bild: suva)

Kilian Ritler

Kilian Ritler ist Leiter der Rechtsabteilung bei der Suva und absolviert zum Zeitpunkt der Publikation den EMBA 2301 Studiengang an der Hochschule Luzern.

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