Das Thema soziale- oder partizipative Medien wird auch im Kontext von Museen oft in erster Linie im Zusammenhang mit Marketing und Kommunikation diskutiert. Meist steht dabei das Erreichen von neuen Zielgruppen im Vordergrund. Dass die Museen mit Partizipation auch noch ganz andere Themen verbinden, zeigten die Tagungsbeiträge und Fallbeispiele an der Fachtagung am Historischen Museum Frankfurt von letzter Woche.
Partizipation und Geschichte
Die Diskussion um die Beteiligung der Besucher wurde hier sehr breit geführt. Wobei auch hier ein partizipatives Museum erst einmal als Paradigmenwechsel beschrieben wird: Der Trend zu partizipativen Projekten lässt die Konzeption von Ausstellungen im stillen Kämmerlein nicht in dem Ausmass wie bisher zu. Was bei diesen Ansätzen stattdessen zählt, sind Konzepte der Teilnahme – auch im Bereich der Erarbeitung von Ausstellungen. Aber auch diese Form der Ausstellungsentwicklung besitzt bereits Tradition, wie der Beitrag von Dr. Nina Gorges aufzeigen konnte: Das sogenannte „Ecomusée“ der 70er Jahre entwickelte und arbeitete mit Konzepte der Partizipation, mit dem Ziel der Bevölkerung die Entwicklung der Inhalte einer Ausstellung zu überlassen. So geschah die Aufarbeitung der Ortsgeschichte beispielsweise im Ecomusée Creusot-Montceau (F) in sehr direkten Zusammenarbeit mit den Bevwohnern des Ortes. Waren es doch die Einwohner selbst, die den Niedergang des vormaligen Eisen-Industriestandortes am besten kannten und auch erzählen sollten. Im Bestreben alle in ein Thema involvierten Personen zu beteiligen, war damals das Verschwinden einer Museumsinstitution mit Vorrecht auf die Deutung von Ereignissen Bestanteil des im Kern radikalen Programms
Partizipation und Raum
Über die Grundlagen der Partizipation denkt Beat Hächler, zukünftiger Leiter des Alpinen Museums Bern, in seinem Input zum Raum nach, indem er fragt, wie die Teilnahme sich auf die Räume und darin ausgestellte Werke auswirkt. Dafür zieht er zwei Ausstellungen heran, die einen durchgängig unterschiedlichen Umgang mit Raum und einen ebenso unterschiedlichen Werkbegriffen pflegen. Während in der Ausstellung „Cars“ in der Wiener Albertina das Zurechtrücken einer Metallplatte aus Silvie Fleurys Kunstwerk negative personelle Folgen für die handelnde Aufsichtsperson hatte, führte die reine Betrachtung der Ausstellung im Stapferhaus „Glaubensache“ buchstäblich zu keinem Zugang. Erst wer eine der beiden Türen angeschrieben mit Gläubige bzw. Nicht-Gläubige geöffnet hatte, erhielt Einblick in die Ausstellung. Das bedeutet auch, dass die reine Betrachtung in der Auseinandersetzung mit einem Werk nicht mehr ausreichend ist. Stattdessen wird vom Besucher eine Handlung gefordert. Durch die individuellen Handlungen der Besucher entstehen daher am selben Ort auch unterschiedlich Räume. Im Zentrum eines solchen Ausstellungskonzeptes steht ein Besucher-Akteur, welcher die Realisierung der Ausstellung mitträgt – und weder der Künstler noch der Kurator.
Partizipation und Kuration
Der Vortrag zum Thema „Kuratorin 2.0“ von Barbara Wenk stellt das klassische Konzept der Kuration dem Konzepten der Interaktion zwischen Objekt und Mensch gegenüber. Ausgehend vom klassischen Verständnis des Kuratierens, welches sich um die sorgfältige Pflege, Erweiterung und Vermittlung der Sammlung zentriert, lenkt Wenk die Aufmerksamkeit auf jenen Teil der kuratorische Arbeit, welche insbesondere die Auseinandersetzung mit den Werken fokussiert. Konzepte der Kuration beginnen sich damit jenen der Vermittlung anzunähern oder zu vermischen.
Partizipation und Besucher
Nina Simon strich in ihrer Video-Note beim Thema Partizipation die Rolle des Besuchers hervor. So meinte sie beispielsweise:
„When thinking about designing for participation: I first of all think about – how can visitors make this museum better.“
Was sie damit hervorhebt, ist das Gewicht, welches Besucherbeiträge in partizipatorischer Museumsprojekte haben sollten. Neben didaktischen Zielen sowie dem Spass, welchen Ausstellungen bieten können, geht es ihr darum die Ausstellungsqualität durch die Beiträge nicht nur zu erweitern, sondern bedeutend zu erhöhen.
Partizipation und Qualität
Mit dem Thema Qualität wird dann auch gleich die Frage der Erfolgsmessung relevant. Für einmal wurde diese Frage in Bezug auf partizipativer Projekte auch auf der Ebene der internen Belastung gestellt. Konkret stellt sich die Frage, wie viel Partizipation verträgt das Museum und wie viel kann von den einzelnen Mitarbeiter sinnvollerweise gemeistert werden. Der institutionelle Erfolg schliesslich ist auch abhängig vom Selbstverständnis eines Museums. Denn unabhängig davon, dass Museen von offizieller Seite hauptsächlich an den Besucherzahlen gemessen werden, wird das geplante Stadtlabor des Historische Museums Frankfurt weniger Legitimationsschwierigkeiten haben aufwändige partizipatorische Projekte zu lancieren als ein traditionell aufgestelltes Museen mit kuratierten Wechselaustellungen. Denn in Frankfurt sind die partizipativen Zielsetzungen Teil der Strategie des Hauses. Mit andernen Worten, Erfolg ist vor allem auch abhängig davon, welche strategischen Ziele die Institution verfolgt.
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