Nachbarschaft im Foto, zwischen gesellschaftlichem Auftrag und Wettbewerb

von Lukas Meier, Absolvent Minor Digitalisierung und Soziale Arbeit, Dezember 2023

In einer Reihe von vier Interviews, wurden Kommunikationsstrategien zum Thema Nachbarschaft untersucht. Die praktischen Einblicke werden mit der Rechtslage und der gesellschaftlichen Entwicklung diskutiert, beides Inhalte aus dem Minor.

Bei meiner Arbeit als Siedlungscoach werden oft zur Kommunikation der Tätigkeit Fotos von Gruppen verwendet. Diese dienen Werbezwecken und der Vermittlung des Mehrwerts eines Lebens in engagierten Nachbarschaften. Im Vorhaben des Minors gehe ich der Thematik «Verwendung von Personendaten der Bewohner*innen einer Siedlung für die Unternehmenskommunikation» auf den Grund. Hierbei werden theoretische und praktische Grundlagen durch vier Interviews ergänzt. Befragt habe ich Fachpersonen der Kommunikation und Soziokultur und zwei Führungskräfte, um ihre Vorgehensweise bei der Darstellung von Nachbarschaften zu erfahren. Ich habe mich auf vier verschiedene Arten der Darstellung konzentriert; Reportage ( PWG , René Müller), Illustration (Lena , Carina Mangold), Spontanes Bild ( ITOBA , Severin Piller), Geplantes Bild (Sunnige Hof , Fabienne Imobersteg). Ihre im Podcast vorgestellten Gedanken und Praktiken sollen zusammen mit den im Beitrag besprochenen Grundlagen eine Ausgangslage bieten, um eine eigene Position zu entwickeln.

Von links nach rechts: Abbildung 1 (Reportage), Abbildung 2 (Spontane Fotos), Abbildung 3 (Illustrationen), Abbildung 4 (Geplante Fotos)
Tabelle 1: Eigene Darstellung
Die Fotos der Nachbarschaft und Rechte der Person

Fotos auf denen Menschen abgebildet und erkennbar sind, enthalten Personendaten und sind damit datenschutzrechtlich relevant [EDÖB] (o. J.). Bei Gruppenbildern genügt es, im Gegensatz zu Einzelbildern, die Abgebildeten zu informieren. Es ist jedoch notwendig dass sie ein umfassendes Verständnis des Umgangs mit dem Foto und dessen Publikation erlangen (ebd.). In meiner Praxis ist es wichtig, die Adressat*innen zu ermächtigen und umgekehrt Aufgaben der Organisation gesetzeskonform zu erfüllen. Das erfordert die sorgfältige Kommunikation und Regulierung des Arbeitsalltags mit Fotos.

Die Fotos der Nachbarschaft und die soziokulturelle Animation

Die soziokulturelle Animation [SKA] fördert Begegnungen zwischen beteiligten Personen und gemeinsames Engagement (Avenir Sociale, 2017). Dazu gehört auch die Veröffentlichung von Bildmaterial, das Personen oder Gruppen zeigt und den Fachkräften der SKA die Möglichkeit gibt ihre Arbeit zu präsentieren. Die Fähigkeiten der SKA umfassen unter anderem das Konflikt und Organisationsmanagement (Avenir Sociale, 2017). Diese Kompetenzen erscheinen im Zusammenhang mit den Empfehlungen des EDÖB wesentlich, da durch eine transparente Kommunikation der Rechte Konflikte reduziert werden können.

Die Fotos der Nachbarschaft in sozialen Organisationen

Es wird deutlich, dass die Auswirkungen der Digitalisierung auch im Arbeitsalltag von sozialen Organisationen spürbar sind. Durch die Anwendung digitaler Technologie wird der Umgang mit Inhalten massgeblich beeinflusst (Steiner, 2015, S. 31). In diesen Prozessen gibt es unterschiedliche Erfahrungen. Einige der hier vorgestellten Organisationen greifen auf professionelle Freiberufler*innen zurück, um diese Aufgaben zu bewältigen. Aus der Studie von Bestgen et al. geht hervor, dass in sozialen Organisationen Verhaltensregeln für den Umgang mit digitalen Kommunikationsmitteln, vorab definiert und dann gemeinsam getragen werden müssen (S. 259). So etablierte Regeln können die Ausgangslage sein, nach aussen zu kommunizieren.  Ist dies das Ziel, sollte anschliessend bedacht werden, wo und wie es sinnvoll ist, extern zu kommunizieren (ebd.). In diesem Zusammenhang stellt sich für Immobilienunternehmen und Baugenossenschaften die Frage, ob und inwiefern sie alltagsnahe Bilder verwenden möchten.

Die Fotos der Nachbarschaft auf Social Media

Die Veröffentlichung solcher Fotos der Nachbarschaft auf Social Media birgt aber auch Herausforderungen. Eine solche stellt die Idealisierung dieser Wohnformen oder Nachbarschaften dar. Die Verbreitung solcher Fotos muss nicht ausschliesslich positiv aufgenommen werden, da sie gesellschaftliche Unterschiede verdeutlichen können (Steiner, 2015, S. 26). So erhöht die Abbildung einer via Fotos transportierten Nachbarschaft in digitalen Medien die Wahrscheinlichkeit einer Vernetzung mit anderen Akteur*innen, andererseits gefährdet sie jedoch die Privatsphäre der Abgebildeten (Steiner, 2015, S. 30). Insbesondere sollte bei Gruppenfotos der Umgang mit dem Recht am eigenen Bild bedacht werden.

Erkenntnisse aus den Interviews

Abschliessend lässt sich aus den Interviews ableiten, dass das Budget, die fachliche Kompetenz der der Mitarbeiter*innen und die Kommunikationsziele entscheidend sind. Die Spezialisierung der oben genannten Freiberufler*innen führt nicht nur zu einer Steigerung der Qualität der Kommunikation, sondern auch zu einer einer Verbesserung des Datenschutzes. Um das Kommunikationsangebot angemessen zu gestalten, greifen die befragten Personen auf einen Medienmix aus Webseite und Social Media zurück. So wurden beispielsweise die Inhalte der Webseite professionell fotografiert, während die kurzweiligen Social Media Inhalte selbst produziert wurden. Ich komme zu dem Schluss, dass durchaus selbst fotografiert oder gefilmt werden kann , solange das Bildmaterial in niedrigschwelligen Formaten veröffentlicht wird , alle Beteiligten informiert sind und klar definierte Abläufe zur Freigabe des Bildmaterials eingehalten werden.

 

Literaturverzeichnis

Avenir Sociale. (2017). Charta der Soziokulturellen Animation . Autorin. https://soziokulturschweiz.ch/wpcontent/uploads/2022/06/220531_Charta_Dez_2017 gender.pdf

Bestgen, Sarah ., Kirchhofer, R oger ., Adam, S tefan . M., & Tschopp, D ominik . (2022). Soziale Organisationen an der digitalen Schwelle ein Modell zum Umgang mit digitalen Herausforderungen. In C. Gehrlach, M. von Bergen, & K. Eiler (Hrsg.), Zwischen gesellschaftlichem Auftrag und Wettbewerb: Sozialmanagement und Sozialwirtschaft in einem sich wandelnden Umfeld (S. 253 269). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978 3 658 35381 0_15

Kreutzer, Till (2016, Februar 10). Die sechs Creative Commons Lizenztypen im Überblick . Bundeszentrale für politische Bildung. https://www.bpb.de/lernen/digitalebildung/oer material fuer alle/220550/die sechscreative commons lizenztypen im ueberblick/

Öffentlichkeitsbeauftragter (ED Ö B), E. D. (o. J.). Umgang mit Fotos . Abgerufen 26. Oktober 2023, von https://www.edoeb.admin.ch/edoeb/de/home/datenschutz/internet_technologie/umgang fotos.html
Steiner, Oliver (2015). Wiedersprüche der Mediatisierung Sozialer Arbeit. In T. Ley, U. Seelmeyer, & N. Kutscher (Hrsg.), Mediatisierung (in) der Sozialen Arbeit (S. 19 38). Schneider Verlag Hohengehren.

 

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Blatter, Lara & Hut, Ralph . (2023). Mieterportrait. Stiftung PWG. Gefunden unter: https://stiftungpwg.exposure.co/seit-50-jahren-eine-wg

Abbildung 2: Itoba_siedlungsidentität [@Itoba_siedlungsidentität].(8. September, 2023). Itoba_siedlungsidentität. Instagram. Sommerfest im Langacker am 1. September [Foto]. Gefunden unter: https://www.instagram.com/p/Cw7Oea0Nfu6/

Abbildung 3: Bau und Wohngenossenschaft Lena (2022). Home. Lena.Gefunden unter:
https://static.wixstatic.com/media/350aef_24752b2461154b6f8211dd5ca5a6fb15~mv2.png/v1/fill/w_599,h_337,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/350aef_24752b2461154b6f8211dd5ca5a6fb15~mv2.png

Abbildung 4: Sunnige Hof. (2023). Home. Sunnige Hof. Gefunden unter: https://sunnigehof.ch/app/uploads/202-683×1024.jpg

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