Social Media & Kirche?

von Sarah Müller, Absolventin Minor Digitalisierung und Soziale Arbeit, Mai 2022

Mithilfe einer partizipativen Situationsanalyse entsteht eine aufschlussreiche Entscheidungsgrundlage für oder gegen einen Social-Media-Kanal des Aufbauprojekts im WipWest Huus.  Die Bedürfnisse und Erfahrungen sowie das Know-how unterschiedlicher Anspruchsgruppen in Bezug auf Social-Media werden dabei eruiert.

Social-Media & Kirche? Die Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Zürich setzt sich mich der digitalen Transformation auseinander und möchte den digitalen Wandel in der Gesellschaft mitgestalten, um den Menschen unter anderem in ihrer Lebenswelt zu begegnen (Legislaturziele des Kirchenrats, ohne Datum). Unterstrichen wird dies auch von Huber et al. (2020) im Positionspapiers: Soziale Arbeit und Digitalisierung.

In die Lebenswelt der Quartierbevölkerung eintauchen, will auch das Team im WipWest Huus in Zürich-Wipkingen. Wie sich im Alltag zeigt gehören Soziale Medien längst zur Lebenswelt der Menschen. Was ist also mit Social-Media und Kirche? In drei Schritten holt das Team die Bedürfnisse und Anliegen unterschiedlicher Anspruchsgruppen ab, um eine fundierte Entscheidung für oder gegen einen projekteigenen Social-Media-Kanal treffen zu können. Partizipation wird im Projekt grossgeschrieben: Das WipWest Huus ist ein offenes, lebendiges Haus fürs und vom Quartier. Projekte der Quartierbevölkerung dürfen nach dem Motto «Pop-up» aufpoppen und fliegen, aber auch wieder zum Stillstand kommen. Nachhaltige Begegnungen, gemeinsames Wirken und Ausprobieren sowie zielgruppengerechte Verpflichtungen stehen im Vordergrund des Projekts. Mit einem Social-Media-Kanal erhofft sich das Team weitere Menschen über das Projekt zu informieren, dafür zu gewinnen und weitere Begegnungen zu schaffen.

Nun aber einen Blick auf die Situationsanalyse:

Abbildung: QR-Code für Zugang zur Umfrage (Quelle: Autorin, 2022)

1. Schritt: Die Autorin nutzt vorhandene Kontakte von Freiwilligen im WipWest Huus und befragt sie nach deren Nutzung, Bedürfnissen und Erwartungen an Soziale Medien. Mitmachen können auch Menschen, die das WipWest Huus noch nicht kennen. Mithilfe eines QR-Codes, der vor dem Haus (am öffentlichen Kühlschrank von Madame Frigo) aufgehängt wird, erhalten auch projektferne Personen Zugang zur Umfrage. Der QR-Code dient als Instrument respektive als verbindendes Element von der analogen in die digitale Welt, indem der Zugang zur digitalen Umfrage gelegt wird.

Die Umfrage wurde mit der Windows-Office-Anwendung Microsoft Forms konzipiert. Einerseits, um die Anonymität und die Persönlichkeitsrechte der Teilnehmenden gemäss dem Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) zu gewährleisten und spezifische Personendaten gemäss dem Datenschutzgesetz (IDG) des Kanton ZH nicht unnötig zu sammeln. Andererseits bringt die lizenzierte Windows-Office-Anwendung den Vorteil, dass der Zugang intern bereits vorhanden ist und es keine weitere Registration braucht, wie es mit einem kostenlosen Instrument meistens der Fall ist. Ein niederschwelliger Zugang wird damit ermöglicht. Nach Steiner (2015) müssen Fachpersonen im Auge halten, dass Menschen ohne entsprechende Medienkompetenzen und Endgeräte von digitalen Methoden ausgeschlossen werden könnten (S. 33-34). Da die Bevölkerung in Wipkingen primär den bildungsstarken Milieus angehören, hat sich die Autorin für eine digitale Umfrage und den QR-Code entschieden.

Abbildung: Tipps & Tricks für Social-Media (Quelle: Autorin, 2022)

2. Schritt: Nun ist die Expertise von Fachpersonen, die in vergleichbaren Projekten arbeiten, an der Reihe. Eine wertvolle Erkenntnis daraus ist das soziokulturelle Handlungsprinzip nach Willener (2019): Kooperation und Transdisziplinarität (S. 68-77). Das Rad muss nicht stets neu erfunden werden, denn Vernetzung mit anderen Organisationen und Fachpersonen sowie partizipative Prozesse eröffnen neue Perspektiven und schonen die Ressourcen durch die Nutzung von Synergien. Lernen für- und voneinander. So brachte der Austausch eine Bandbreite von spannenden und hilfreichen Tipps und Tricks für den Aufbau und den Umgang mit einem projekteigenen Social-Media-Kanal. Unter anderem mit dem Hinweis für die Erstellung eines Leitfadens.

3. Schritt: Im Teamworkshop stehen folgende Diskussionspunkte nach Grabs et al. (2018) im Vordergrund: Vision & Chancen, Risiken, mögliche Inhalte eines Social-Media-Kanals, gemeinsame Arbeitsweise (S. 90-103).

Eine Herausforderung ist die teilweise mangelhafte digitale Kompetenz der Mitarbeitenden. Dadurch bleibt oftmals das Gefühl zurück, sich für digitale Projekte nicht kompetent genug zu fühlen. Strukturelle Anpassungen sowie die Bereitstellung der nötigen Gefässe und Ressourcen durch die Organisationen birgt grosses Potential, die Mitarbeitenden und die Organisation als Ganzes zu ermächtigen, zu stärken und damit die digitale Transformation professionell voranzubringen. Dafür plädiert auch der Stifterverband mit der Data-Literacy-Charta, welche Data-Literacy als wichtige Schlüsselkompetenz in der heutigen Zeit definiert. Gleichzeitig eröffnet die Lebensweltorientierung mit Social-Media neue Chancen und Zugänge zur Zielgruppe, auch wenn damit weitere Herausforderungen wie Schnelllebigkeit, Informationsflut und Datenschutz mit sich bringt.

Kooperation und Transdisziplinarität, Partizipation, eine kritische Haltung sowie Offenheit und Mut sind einige wichtige Begriffe, um die digitale Zukunft gemeinsam zu gestalten. Miteinander sind wir stark und können Chancen nutzen und Herausforderungen meistern.

Social-Media & Kirche? Ja!

Quellen:

Deutsche Gesellschaft für Soziologie (2017). Ethik-Kodex der deutschen Gesellschaft für Soziologie [DGS] und des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen [BDS]. https://soziologie.de/dgs/ethik/ethik-kodex

Gesetz über die Information und den Datenschutz [IDG] vom 12. Februar 2007

Grabs, Anne, Bannour, Karim-Patrick & Vogl, Elisabeth (2018). Follow me! Erfolgreiches Social Media Marketing mit Facebook, Instagram, Pinterest und Co. ( 5. Aktual. Aufl.). Rheinwerk.

Huber, Alois, Luginbül, Monika, Doerk, Michael, Sierra-Barra, Sebastian, Stade Peter, Oliver, Waldis, Barbara & Schädler, Sebastian (2021). Positionspapier: Soziale Arbeit und Digitalisierung. https://www.sozialdigital.eu/wp-content/uploads/2020/09/Positionspapier_DE.pdf

Legislaturziele des Kirchenrats: 2020-2024 (ohne Datum). 5. Digitalen Wandel gestalten. https://www.zhref.ch/vision/legislaturziele/5-digitalen-wandel-gestalten

Steiner, Oliver (2015). Widersprüche der Mediatisierung Sozialer Arbeit. In Nadia Kutscher, Thomas Ley & Udo Seelmeyer (Hrsg.), Mediatisierung (in) der Sozialen Arbeit (S. 19-38). Schneider Verlag.

Stifterverband (2021). Data-Literacy-Charta. https://www.stifterverband.org/charta-data-literacy

Willener, Alex (2019). Kooperation und Transdisziplinarität. In Alex Willener & Annina, Friz (Hrsg.), Integrale Projektmethodik (S. 68-77). Interact.

Wirth, Elisabeth (2021, 6. Oktober). Der Social Media Leitfaden: So geht’s. https://so-geht-digital.de/social-media-leitfaden/

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