Grosse Gefühle vs. gute Formen

Schon früh bemängeln an guter Gestaltung interessierte Stimmen den „Reiseandenkenkitsch“, nur ist es schwer, „den Menschen vorzuschreiben, was ihnen gefallen soll“. Das Schweizer Heimatwerk, 1930 gegründet, soll das Problem bekämpfen, indem es Souvenirs anbietet, die „mindestens den gleichen Anreiz für das Reisepublikum besitzen wie der Kitsch“. 1945, während Europa in Trümmern liegt, startet die Schweizerische Zentrale für Verkehrsförderung einen Wettbewerb „zur Reinigung und geschmacklichen Verbesserung der Produkte der Reiseandenkenindustrie“. Zweifel, ob denn ein „gut gestalteter Gebrauchsgegenstand den Anforderungen, die an ein Reiseandenken gestellt werden“, genügen kann, stellen sich indes schon damals. Und damals wie heute lautet die Antwort: „Es kommt auf originelle Einfälle an.“
Quelle: Schweizerische Zentrale für Verkehrsförderung [1945]. Das Reiseandenken in der Schweiz. Gewerbemuseum: Basel.

Der Deutsche Werkbund kümmert sich bereits einige Jahre früher um das Thema und zeigt 1937 in Stuttgart eine entsprechende Ausstellung. Ziel verschiedener Initiativen ist es, „die schlimmsten Auswüchse [der Reiseandenkenindustrie] zu beseitigen“, denn Souvenirs sind „keine harmlose[n] Scherzartikel, sondern Dokumente deutscher Werkgesinnung und deutscher Lebensart“. „Minderwertige Serienware“ – wie beispielsweise „Salz-, Pfeffer- und Senfbehälter in Form von Klosettsitzen und Nachtgeschirren mit der Ansicht von Bad Kissingen“ oder „Blumenvasen in Gestalt von Schweinen, Kühen und Dackeln“ – hatte bereits vor dem 1. Weltkrieg „in der berühmten Abteilung für Geschmacklosigkeiten des Württ. Landesgewerbemuseums (…) einen verdienten Platz“ gefunden. Die „abschreckenden Beispiele“ zeitigen wenig Wirkung: „Doch obwohl sie [die kitschigen Souvenirs] all die Jahre hindurch in der Tages- und Fachpresse mit Hohn und Spott an den Pranger gestellt wurden, waren sie nicht auszurotten.“
Quelle: Deutscher Werkbund [1937]. Das Reiseandenken. Ausstellung des Landesgewerbemuseums Abt. Sammlungen. Stuttgart.

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