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Die nächste Weltsprache wird „Binärcode“. Sprechen Sie sie bereits?

Als erstes möchte ich gleich mal den Titel relativieren, denn er enthält bewusst einige Falschaussagen. Binärcode mit Maschinen zu sprechen ist grundsätzlich nicht möglich, da dieser auf elektrischen Zuständen basiert (Ein/Aus). Was aber von grossem Wert ist, ist die Möglichkeit, reale Abläufe in die digitale Welt zu übersetzen. Doch wie wird das gemacht?

Die Grundlage ist trivial. Um sich mit jemandem zu unterhalten, muss man zuerst dessen Sprache lernen. Wie bereits erwähnt, ist es für Menschen nicht möglich, den originalen Dialekt der Maschinen zu erlernen. Daher gibt es eine Vielzahl an Notationen, welche als Kompromisse dienen und von beiden Parteien interpretiert werden können. Um den Blog nicht zu sehr in einen Sprachkurs ausarten zu lassen, beschränken wir uns hier auf BPMN 2.0. Diese Sprache wird verwendet, um Prozesse abzubilden.

Das heisst, jeder, der ein BMPN2.0-Prozess sieht und der Notation mächtig ist, wird den Prozess lesen können. Und genau diese Regeln, welche einer Sprache zugrunde liegen, können einem Computer beigebracht werden.

Das bedeutet, dass ein Computer einen BPMN-Prozess interpretieren kann. Auf dieser Übersetzung basieren die beiden Technologien „Human Workflow“ und „Process Engine“. Dabei übernimmt der Human Workflow vor allem administrative Aufgaben. Sprich er bringt die gewünschten Angaben zu den Usern, welche sie benötigen. Zusätzlich leitet er die User, indem nur relevante Eingaben abgefragt werden. Eine Process Engine arbeitet hingegen weitgehend autonom. Die Prozessinstanzen durchlaufen den Prozess automatisch. Dies verlangt eine genaue Definition der Prozesse. Problematisch wird es, wenn im Prozess Ausnahmen auftreten, welche nicht modelliert wurden. Dies erinnert etwas an den Französisch Unterricht, wo ein „e“ und ein „é“ nicht dasselbe sind. So ist auch ein Prozess, welcher für uns klar lesbar ist, für eine Engine schlichtweg nicht interpretierbar. Hier muss bei jedem Schritt genau definiert werden, was ausgeführt werden soll. Das sieht dann Beispielsweise so aus:

Human Workflow und Process Engines nutzen also dieselbe Sprache, sprechen aber einen unterschiedlichen Dialekt. Gemeinsam haben sie, dass sie mit ungenauen Aussagen nichts anfangen können.

Ähnlich sieht es mit RPA-Prozessen aus. Als Vergleich bietet sich die Zeichensprache an. Diese Analogie lässt sich an einigen Beispielen aufzeigen. Erstens basiert die Zeichensprache auf visuellen Eigenschaften. Dies ist eine der grossen Stärken von RPA. Sprich man kann einen Ablauf am Bildschirm aufnehmen und anschliessend in Befehle umwandeln. RPA orientiert sich jeweils an Punkten auf dem Bildschirm und kann daher durchaus als optisch orientiert bezeichnet werden. Ausserdem ist es nicht an ein Programm gebunden, sondern funktioniert grundsätzlich über Programmgrenzen hinaus. Also erneut ähnlich wie die Gebärdensprache. Das Symbol für „Hund“ ist dasselbe wie für „Dog“ und funktioniert somit über Sprachgrenzen hinaus.

Doch wo kann die Reise hingehen?

Kurz bis mittelfristig geht von den Technologien viel Potenzial aus. So können Abläufe, welche keinen Mehrwert generieren an Programme ausgelagert werden. Diese sind weder an Bürozeiten noch an Tagesformen gebunden. Besonders RPA bietet eigentlich die Möglichkeit, unzählige Arbeitsschritte für uns zu übernehmen, ohne das hohe Entwicklungskosten anstehen. Doch wie in jeder Sprache gibt es auch bei unseren Technologien unregelmässige Verben, welche den Einsatz erschweren. Auch dieses Beispiel ist bewusst gewählt, da es effektiv Unregelmässigkeiten sind, welche unsere Abläufe nicht interpretieren können. So kann es vorkommen, dass ein Update, welches das GUI eines Programmes grundlegend ändert, all unsere Roboter unbrauchbar machen kann. Daher sind RPA-Lösungen oftmals nicht das „futur perfect“, sondern bald schon „passé imparfait“.

Langfristig werden die Technologien noch Fortschritte machen. Und dies dank „composé“. Sprich einer Kombination von verschiedenen Technologien. Als Beispiel möchte ich hier Deep Learning herauspicken. Sobald wir unsere Roboter soweit haben, dass sie selbst lernen, werden diese im Stande sein, Abläufe Adhoc zu erstellen. Wenn man dies nun noch mit Natural Language Processing kombiniert, werden User nicht mehr Binärcode lernen müssen, um Prozesse automatisieren zu können. Die Maschinen werden uns verstehen…so wie Sie nun die ganzen Sprachanalogien.

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sami

Sami Wyssen ist Student bei der Hochschule Luzern – Informatik und bloggt zum Modul GPDA des Studiums Wirtschaftsinformatik.

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