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BIM und die Auswirkungen auf die Digitalisierung in der Baubranche

Die Digitalisierung in der Baubranche hat lange auf sich warten lassen – jetzt ist sie da und kommt mit voller Wucht. Was ist BIM und wie sieht die Zukunft der Baubranche aus?

BIM einfach erklärt

Die Digitalisierung in der Baubranche ist ein langwieriger Prozess, der vor einigen Jahren noch undenkbar schien. Dank fortschrittlicher Technologien ist dies nun auch im Bausektor möglich geworden. Dabei spielt die Synthese der verschiedenen Fachbereiche eine grosse Rolle, denn BIM (Building Information Modeling) funktioniert nur, wenn alle Bereiche einbezogen werden. Unter Fachbereichen versteht man die verschiedenen Gewerke, die für ein Gebäude notwendig sind. Diese unterteilen sich in die Bereiche Elektro, HLK (Heizung/Lüftung/Klima), Hochbau, Sanitär, Architektur und andere. Unter BIM wird meist fälschlicherweise die 3D-Darstellung eines Gebäudes verstanden, aber einer der wichtigsten Aspekte von BIM sind die Daten, die während der Bauphase erzeugt werden. Mit Hilfe dieser Daten können weitere Prozesse vereinfacht werden. Nachfolgend ein Beispiel zum besseren Verständnis:

  1. Es wird beschlossen, ein Haus zu bauen.
  2. Die Planer sitzen zusammen, der Projektleiter gibt die notwendigen Informationen weiter.
  3. Mit Hilfe von BIM arbeiten alle zentral an einem 3D-Modell und füttern das Modell mit Daten.
  4. Der Projektleiter sieht sich das erstellte Modell an und führt eine Kollisionsprüfung durch.
  5. Bei der Kollisionsprüfung stellt er einen Fehler fest: Die bestellten Türen inklusive Türrahmen entsprechen nicht der Höhe des Durchgangs, der für die Tür geplant war.
  6. Die eingezeichneten Türen enthalten Daten wie: Breite, Höhe, Beschreibung, Schallschutzklasse, Wärmedurchlässigkeit, Gewährleistung, Kosten.
  7. Mit Hilfe der Software und der Daten konnte der Projektleiter den Fehler im Voraus erkennen und zusätzliche Verzögerungen und Kosten vermeiden.

Die Daten

Wie im obigen Beispiel gezeigt, werden die Eigenschaften der Türen in BIM bereitgestellt. Das Gleiche gilt für alle möglichen Objekte, wie eine Wand, eine Treppe oder den Bodenbelag. Der Detaillierungsgrad der Daten hängt vom jeweiligen Projekt ab. Mit zunehmender Datenmenge steigt auch der Speicherbedarf und der Aufwand für den Datenabgleich und die Kollisionsprüfung. Die Schwierigkeit besteht hier darin, zu definieren, welche Daten in Zukunft benötigt werden und wie hoch ihr Detaillierungsgrad sein muss. Nach einem BIM-Standard sucht man vergeblich, da vieles noch im Entwurfsstadium ist und sich noch kein Standard durchsetzen konnte.

Vorteile von BIM

Grundsätzlich gilt: BIM spart Fehlerkosten. Durch den digitalen Zwilling und die Kollisionsprüfung werden Fehler im Vorfeld erkannt. Das bedeutet unter anderem, dass sich der Bau nicht verzögert, die Koordination von Materialien erleichtert wird und Ressourcen eingespart werden. Die Planungssicherheit für komplexere Gebäude wird durch die bessere Kommunikation gewährleistet.

Laut einem Bericht des SRF wird bereits heute dank BIM um 10 – 20% effizienter gearbeitet. Die Vision für die nächsten 5-7 Jahre ist, mit BIM eine Kosten- und Terminreduktion von 30-40% zu erreichen. Heute werden in der Schweiz 4-5 Milliarden Franken für Fehlerkorrekturen im Baubranche ausgegeben. Die Bauzeit wird stark verkürzt, in einigen Fällen sogar um 50%.

Schwierigkeiten

BIM hat jedoch auch Mängel, da noch nicht alle Unternehmen vollständig digitalisiert sind. Oft kann eine Umstellung nicht durchgeführt werden. Das liegt vor allem daran, dass die Ressourcen oder das Know-how noch nicht vorhanden sind. Dies führt zu Problemen bei den Bauherren, da die Auswahl an Fachplanern eingeschränkt ist. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das IFC-Format auch noch kleine „Kinderkrankheiten“ hat, die zu Datenverlusten und damit zu zusätzlichen Kosten für die Wiederherstellung der Daten führen. Weitere Informationen zu IFC und offenen BIM-Standards finden Sie unter diesem Link.

Potenzial

Das Potenzial von BIM ist noch nicht ausgeschöpft. Denn betrachtet man den Lebenszyklus eines Gebäudes, der sich in die Phasen unterteilt: Planung, Realisierung, Nutzung und Rückbau, wird BIM heute hauptsächlich in den ersten beiden Phasen eingesetzt. Der grösste Teil eines Lebenszyklus entfällt auf die Nutzung und den Rückbau. Es ist daher davon auszugehen, dass BIM in Zukunft nicht nur für den Entwurf und die Planung, sondern auch für den Bau und den Betrieb bis hin zum Abriss von Gebäuden eingesetzt wird. Es wird erwartet, dass Schlüsseltechnologien für das Internet der Dinge (IoT) dies ermöglichen werden, indem IoT-Elemente in BIM positioniert und mit anderen Elementen verbunden werden.

Diese Prognose basiert auf dem Hype Cycle von 2018, in dem sich die „IoT-Plattform“-Technologie 2018 in der zweiten Phase befand (Peak of Inflated Expectations) und laut Gartner zwischen 2023 und 2028 ihre fünfte Phase (Plateau of Productivity) erreichen wird. Der Hype Cycle wird jährlich von dem renommierten Marktforschungsinstitut Gartner veröffentlicht und gibt eine Zukunftsprognose mit den entsprechenden Erwartungen an die neuen, branchenübergreifenden Technologien ab.

Hype Cycle for Emerging Technologies 2018 (Bildquelle: Gartner, 2018)

Durch die Integration von IoT kann BIM entlang der Bauindustrie-Wertschöpfungskette in den drei Bereichen Gestaltung/Technik, Konstruktion und Betrieb angewendet werden (World Economic Forum, 2016).

Lifecycle BIM (Bildquelle: World Economic Forum, 2016)

Fazit: BIM steckt noch in den Kinderschuhen und die Digitalisierung ist noch in vollem Gange. Ein wichtiger Punkt ist der Ansatz, ob ein BIM-Projekt mit open oder closed BIM durchgeführt wird. Auch hier gehen die Meinungen auseinander, was auch von der Grösse des Projekts abhängt. Die Digitalisierung in der Baubranche ist weiterhin vorhanden und wird weiter ausgebaut. Zukünftig werden neben dem Bauen mit BIM auch Sensoren und IoT eingesetzt, um u.a. die Wartung des fertigen Gebäudes zu steuern, so dass die Daten nicht nur während, sondern auch nach dem Bau nützlich sind. Noch einen Schritt weiter gehend, wird das Recycling eines Gebäudes in Zukunft ebenfalls ein Thema sein. Dadurch können die Ressourcen effizienter genutzt werden.

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Edin Mehmedovic

Edin Mehmedovic ist Student bei der Hochschule Luzern – Informatik und bloggt zum Modul Studienreise des Studiums Wirtschaftsinformatik.

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