Was sind erfolgreiche Social Web Vermittlungsprojekte?

An der  Tagung der ZHaW wurde immer mal wieder nach erfolgreichen Social Web Vermittlungsprojekten gefragt. „Was sollte man sich anschauen?“, wurde gefragt.

Wenn man von guten Fallbeispielen spricht, ist damit oft die Qualität der Partizipation gemeint. Sprich, es geht um Projekte, welche es verstanden haben, Besucher in die Produktion oder Kuration ihrer Ausstellung einzubinden. Denn Partizpation findet nicht ohne weiteres statt. Auch für Social Web Projekte gilt, das neben dem Aufbau einer Community und der Entwicklung von sinnvollen Belohnungssystemen verschiedene Hürden zu überwinden sind. Eine Untersuchung, die diesbezüglich aufschlussreiche Ergebnisse publizierte, wurde bereits 2008 an der Museum and the Web Conference in Montréal vorgestellt. (The Art of Storytelling: Enriching Art Museum Exhibits and Education through Visitor Narratives, Rose Sherman).

Die Studie zeigt…

… erstens, dass es wahrscheinlicher ist, dass wir uns von Werken oder Objekten inspirieren lassen, die wir in unsere Vorstellungswelt einordnen können, als von solchen die für uns fremd (z.B. archaisch) sind.

… dass wir zweitens (als Nutzer oder Besucher) eher  dahin gehen, wo andere vor uns bereits waren.

…und dass wir drittens auch eher den Wert eines eigenen Beitrags erkennen, wenn wir von den Beiträgen anderer bereits profitieren konnten.

Ein Beispiel, welches den ersten dieser drei Faktoren gut illustriert, ist ein Projekt im Delaware Art Museum, auf welches sich die Studie im Übrigen auch bezieht. Die Besucher wurden im genannten Projekt aufgefordert, sowohl online als auch im realen Museum Geschichten zur Delaware-Sammlung beizutragen. Dabei konnte festgestellt werden, dass insbesondere Werke aus dem späten 19. und frühen 20. Jh. zu solchen eigenen Geschichten inspirierten, während Bilder aus der Vor-Renaissannce-Zeit kaum diese Wirkung hatten.

In einer ganz anderen Weise arbeitet auch das Steve-Museum-Projekt mit diesem Effekt, der erleichterten Partizipation bei Verwendung von uns bekanntem Material. Steve ist eine Kollaboration zwischen verschiedenen Museen, die der Überzeugung sind, dass ihre Sammlung durch Besucher-Stichworten an inhaltlichem Wert gewinnen kann, weil Stichworte von Besuchern (sog. Tags) individuelle Bezüge sichtbar werden lassen und dadurch z.B. der Zugang zu Bildern erleichtert werden kann. Als Illustration hierfür das Beispiel Still Life with Profile of Laval von Gaughin aus der Steve Datenbank: Während die kunsthistorischen Angaben zum Entstehungsjahr (1886) sowie zur Machart „Oil auf canvas“ ect. relativ abstrakt bleiben, bieten die Besucher-Tags „fruit“, „man“, „tablecloth“ und „stillife“ sofort Anhaltspunkte für Assoziationen. Nimmt man an, dass auch hier der oben beschrieben Effekt der erleichterten Partizipation spielt, können solche  Assoziationen zur eigenen Welt auch Anlass sein, selber am Projekt teilzunehmen.

Ein gutes Beispiel für den positiven Einfluss, welche die Popularität von Plattformen auf die Partizipation haben kann, ist das Placeography-Projekt. Placeography ist ein nach Bundesstaaten und Städten strukturierte Wiki-Plattform, welche Informationen und Geschichten zu einzelnen Häusern der USA sammelt. Weil das Wiki im Schulkontext entstanden ist, ist die Chance gross, dass die Sammlung in verschiedenen Klassen und Jahrgängen benutzt wird und dadurch bei den Schülern schnell bekannt wird. Wenn hinzukommt, dass die Plattform die Vorgabe für spannende Übungen mit Bezug zur eigenen Region liefert, dürfte sie auch bei Lehrern beliebt sein entsprechend den beschriebene Effekt noch verstärken.

Ein sehr erfolgreiches Kunstprojekt, welches mit dem bekannten Format der Postkarte spielt (und in diesem Blog auch schon Erwähnung fand), illustriert den dritten hier erwähnten Faktor des Profits, der für die Partizipation eine Rolle spielen kann: Das Postsecret-Projekt fordert dazu auf, persönliche Geheimnisse anonym auf einer Postkarte einzusenden. Eine kuratierte Auswahl davon wird kontinuierlich auf dem Projektblog veröffentlicht. Es ist eine sehr schöne Sammlung von grösseren und kleineren Geheimnissen. Darunter sind nicht wenige poetische  Beiträge, die sich der Geschwindigkeit des Alltags widersetzten, Erinnerungen auslösen oder zur Reflexionen anregen. Dieser ‚Profit‘ lässt mich sofort mit dem Gedanken spielen, ebenfalls an diesem für mich wertvollen Projekt teilzunehmen. Denn, ich nehme gerne an einem Projekt teil, von dem ich (durch den Genuss der Blog-Lektüre) selber bereits profitiert habe.


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