von Moritz Steiger, Absolvent Minor Digitalisierung und Soziale Arbeit, Dezember 2022
In diesem Beitrag geht es, um ein theoretisches App-Konzept für die Sozialarbeit. Der Fokus liegt auf den Funktionalitäten, einer benutzerfreundlichen Oberfläche der App und Überlegungen zum Datenschutz.
Idee für die «Sozi-App»
Mein Praktikum absolvierte ich in einer Suchtberatungsstelle, dass ein vielseitiges und niederschwelliges Angebot für sucht- und armutsbetroffene Eltern und ihre Kinder anbietet wie zum Beispiel Sozialberatung, freiwillige Einkommensverwaltung, gratis Lebensmittelabgabe, Mittagstisch und Animationsangebot für die ganze Familie, kleinere Lohnarbeiten für Klient*inne und auch eine Kleinkinderbetreuung. Während meiner Anstellung fiel mir auf wie viele Abläufe noch analog abgewickelt wurden. Dies motivierte mich am Beispiel meines Praktikumsplatz ein Konzept für eine App zu entwickeln, dass die Abläufe digitalisiert und die Zusammenarbeit zwischen Sozialarbeitenden und Klientel vereinfacht. Eine App bietet sich unter anderem deswegen an, da eine überwiegende Mehrheit der Menschen in der Schweiz mit dem Mobiltelefon im Internet unterwegs ist, und durch eine App besser erreicht werden kann (BAS, 2022). Mein Praktikumsbetrieb bot sich aus meiner Sicht auch deswegen als Beispiel für ein App-Konzept an, weil die vielen verschiedene Angebote eine hohe Diversifizierung der App-Funktionen erlauben, welche im Einzelnen auch für andere Betriebe von Interesse sein könnten.
Funktionen und Prototyp
Die ausgewählten Funktionen und das Hintergrunddesign der App, wurden mit Blick auf mein Praktikumsbetrieb konzipiert und in einem Prototyp visualisiert. Ein Prototyp ist eine Simulation einer App ohne die aufwändige Programmierung, so kann aufgezeigt werden, wie eine App funktioniert, ohne dass die App selbst funktionstüchtig ist (Stefan Spieler, 2021). Mit Blick auf die Angebote meines Praktikumsbetriebes, habe ich folgende Funktionen konzipiert:
- Kalender mit Anmeldetool
- Dokumenten-Center
- Aufgaben für Klientel
- Rezepte
- News
- Termine
- Job-Börse für Klientel
- Datenschutz
- Einstellungen
Im Folgenden möchte ich gerne an drei ausgewählten Funktionen den Bezug zum Arbeitsalltag meines Praktikumbetriebs aufzeigen.
Kalender
Jeden Mittwoch gibt einen Mittagstisch und anschliessend ein Animationsprogramm. In den Schulferien findet an den Mittwochen ein ganztägiger Ausflug statt. Wurde das Animationsprogramm bisher einmal pro Monat mit der Post auf analogem Weg versendet, könnten die Klient*innen in der App immer auf das aktuelle Programm zugreifen und sich anmelden, dies verringert den administrativen Aufwand für die Sozialarbeitenden.
Rezepte
Die «Rezepte» Funktion wurde eingebaut, weil zweimal pro Woche gratis Lebensmittel von der Schweizer-Tafel an die Klientel abgegeben werden. Die Idee ist, dass passend zu den abgegebenen Lebensmittel Rezeptvorschläge aufgeschaltet werden und so zu einer ausgewogenen Ernährung animiert werden kann.
Jobbörse
Die «Jobbörse» bietet kleinere, bezahlte Arbeiten im und ums Haus der Organisation an, welche von Klient*innen gerne wahrgenommen werden, um das Budget aufzubessern und dem Tag Struktur zu verleihen.
Die Klientel und die Sozialarbeitenden erhielten die Möglichkeit den Prototyp auszuprobieren. Dabei zeigten sich Unterschiede bei den Medienkompetenzen. Im Test zeigte sich, dass ältere Menschen sich eher überfordert fühlten. Die Feedbacks waren aber überwiegend positiv. Bei Interesse haben Sie hier die Möglichkeit den Prototyp selbst zu testen.
Datenschutzrechtliche Aspekte
In Anbetracht der Revision des Datenschutzgesetztes und der dazugehörigen Verordnung ergeben sich eine Vielzahl von Datenschutztechnischen Herausforderungen, die es zu beachten gilt. Daten zu Massnahmen der Sozialen Hilfe, gelten etwa als besonders schützenswert. Wer sich genauer für das revidierte Datenschutzgesetz Interessiert, findet hier den Downloadlink zum PDF Dokument: «Das neue Datenschutzgesetz aus Sicht des EDÖB».
Benutzerschema der App
Jede*r Klient*in und jede*r Sozialarbeiter*in hat ein eigenes, passwortgeschütztes Benutzerkonto, womit die Daten verschlüsselt auf einen Server geleitet werden. Mehr Informationen zur Verschlüsselung finden sie hier. Wichtig ist, dass nicht jede Person ein Konto erstellen kann, sondern nur Klient*innen der Organisation. Auf der App gibt es einen privaten, einen geteilten sowie einen öffentlichen Layer. Der private Layer umfasst die Funktionen, auf welche nur der Klient mit seinem Benutzerkonto Zugriff hat. Im geteilten Layer kann, mit Einverständnis der Klientel, die Sozialarbeitenden ebenfalls zugreifen. Der öffentliche Bereich verhält sich eher wie ein Blog. Die Inhalte können von Sozialarbeitenden heraufgeladen werden und von der Klientel angeschaut aber nicht bearbeitet, werden (Siehe Abbildung 2).
Kosten
Für mein Konzept habe ich Offerten bei verschiedenen Anbietern eingeholt. Dabei zeigt sich wiederum, dass es Sinn macht ein bestehendes Angebot für die eigenen Bedürfnisse anzupassen, anstatt ein neues Projekt von Grund auf zu starten. Die Nachfolgenden Zahlen sind als eine Schätzung zu verstehen.
Bestehendes Angebot | Eigene Entwicklung | |
Entwicklungs- /Anpassungskosten | 5’000 – 10’000 CHF | 50’000 – 100’000 CHF |
Wartungskosten /Jahr | 1’000 – 2’000CHF | 20’000 – 30’000 CHF |
Wer sich vertiefter mit Kosten einer App auseinandersetzen möchte, wird hier fündig.
Fazit
Um die Digitalisierung in der Sozialen Arbeit voranzutreiben ist es wichtig Synergien zu Nutzen. Es lohnt sich vorhandene Konzepte wie beispielsweise Pockem8te oder die Jugendapp auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen, anstelle einer Neuentwicklung.
Der Datenschutz ist eine komplexe Herausforderung, bei der es Sinnvoll ist auf zertifizierte bestehende Angebote zurückzugreifen oder sich beraten zu lassen.
Es ist wichtig, dass sich die Digitalisierungsprozesse an den Bedürfnissen der Klientel und Sozialarbeitenden orientieren und nicht an den technischen Möglichkeiten. Mit Blick auf die Unsicherheit gewisser Klient*innen beim User-Test ergibt sich die Notwendigkeit einer gut geplanten Implementierung der App verbunden mit einem Kompetenzaufbau bei Klient*innen und Sozialarbeitenden. Meiner Meinung nach sollte eine solche App als eine Ergänzung zum bereits bestehenden Angebot implementiert werden und nicht als Ersatz, sonst besteht die Gefahr, dass der Zugang nicht mehr niederschwellig ist und gewisse Menschen exkludiert werden könnten. Ein anschauliches Beispiel wie Digitalisierung Menschen ausgrenzen kann, zeigt sich etwa bei der Thematik rund um digitale Zugtickets.
Quellen
Bundesamt für Statistik. (2022). Benutzte Geräte.
EDÖB. (2021). Das neue Datenschutzgesetz aus Sicht des EDÖB.
Abbildung 1: Die Kalender Funktion. (Eigene Darstellung)
Abbildung 2: Benutzerschema der App. (Eigene Darstellung)