Der digitalisierte Sozialdienst – Freud und Leid

von Nadine Krämer, CAS Digitalisierung und Soziale Arbeit, Dezember 2022

Kaum ein Gemeinderat, der sich die Digitalisierung nicht auf die Strategie-Fahne geschrieben hat. Die Gemeindeverwaltungen sind auf den Zug des digitalen Wandels aufgesprungen. In der modernen und effizient geführten Verwaltung der Zukunft werden die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt und den Einwohnerinnen und Einwohnern steht ein wachsendes digitales Dienstleistungsangebot zur Verfügung.

Was bedeutet die verordnete digitale Transformation für Mitarbeitende kommunaler Sozialdienste und wie können sie bestmöglich mitgenommen werden auf den Veränderungsprozess? Um diese Fragen geht es der Autorin im Vorhaben, welches sie im Rahmen des CAS «Digitalisierung und Soziale Arbeit» umsetzt.

Im Sozialdienst der Gemeinde Männedorf wird die Digitalisierungsstrategie umgesetzt. Das Projekt verändert die Arbeitssituation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Arbeitsprozesse werden medienbruchfrei gestaltet, Dossierführung und Klientenbuchhaltung funktionieren papierlos. Elektronische Klientenakten ersetzen die altbewährten Papierdossiers, Unterlagen und Belege erreichen die Sozialarbeitenden im pdf-Format und werden nicht mehr persönlich vorbeigebracht.

Im Vorhaben werden die Auswirkungen der veränderten Arbeitsweise auf die Mitarbeitenden in einer partizipativ durchgeführten blended SWOT Analyse (https://www.fuehrungskompetenzen.com/swot-analyse/) des digitalen Sozialdienstes vertieft betrachtet, Schlussfolgerungen gezogen und Grundsätze für die zukünftige (Zusammen)Arbeit festgelegt.

In der Erarbeitung und Auswertung der SWOT Analyse erwiesen sich die theoretischen und methodischen Grundlagen des Blended Counseling als zielführend. Wie Engelhardt (2021) auf Seite 141 ausführt, wird dabei auf verschiedene Kommunikationskanäle zurückgegriffen. Das Vorhaben wurde dementsprechend mit Online- und Präsenzphasen umgesetzt.

Die Durch- und Umsetzung eines Veränderungsprozesses mittels top-down Entscheid ist mit Risiken verbunden. Das Vorhaben der Autorin barg in dieser Hinsicht die Herausforderung, die Mitarbeitenden zu motivieren, sich trotz knapper zeitlicher Ressourcen darauf einzulassen und aktiv einzubringen. Die Vorgehensweise mit asynchronen Online-Phasen war hierbei hilfreich.

Ähnlich gemeinderätlich diktierter Digitalisierungsprojekte kam es vor dem Hintergrund der Covid19-Pandemie vielerorts zu einer «Zwangsdigitalisierung». Im Beitrag von Sozialinfo (https://www.sozialinfo.ch/digitalisierung/dossiers/evaluation-der-digitalen-entwicklungen-angezeigt) werden die Chancen, welche sich daraus ergaben, beschrieben.

Die Autorin stellt die These auf, dass die Mitarbeitenden durch den im Vorhaben initiierten und geförderten Bewusstseins- und Sensibilisierungsprozess befähigt werden, bewusst und adäquat mit den Veränderungen umzugehen und die digitale Transformation erfolgreich mitzutragen.

Das Vorhaben wurde in drei Phasen durchgeführt:

Erste Phase: Asynchrone online SWOT-Analyse des digitalisierten Sozialdienstes

Die Autorin richtete auf dem online-Tool Miro-Board (https://miro.com/hybrid-work/) eine Vorlage für die SWOT Analyse ein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhielten den Auftrag, sich individuell mit den Stärken und Chancen, aber auch mit den Schwächen und Risiken der (Zusammen)Arbeit im digitalisierten Sozialdienst auseinanderzusetzten. Die Gedanken, Ideen, Vorfreuden oder Befürchtungen wurden anonymisiert auf dem «Online-Flipchart» festgehalten. Durch die gemeinsame Nutzung des Miro-Board waren bereits gepostete Beiträge von Kolleginnen und Kollegen sichtbar. Dadurch wurden die gegenseitige Inspiration und eine weiterführende Reflexion gefördert. Das Bewusstsein für mögliche Veränderungen konnte sich entwickeln und ein Stimmungsbild wurde erkennbar. Die Mitarbeitenden wurden dank der asynchronen, individuellen Vorbereitung auf das Thema sensibilisiert und waren so gut vorbereitet für die zweite Phase des Vorhabens.

SWOT Analyse: Ergebnis der ersten Phase

 Zweite Phase: Workshop zur Auswertung und Beurteilung der Ergebnisse

Für die zweiten Phase des Vorhabens organisierte die Autorin einen halbtägigen Workshop mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialdienstes. Die SWOT Analyse wurde dann gemeinsam ausgewertet und die Ergebnisse diskutiert. In vier Schritten wurden die Stärken und Schwächen den Chancen und Risiken gegenübergestellt.

Im Laufe des Halbtags entwickelte sich eine gemeinsame Sicht und Haltung zur neuen Arbeitssituation im digitalisierten Sozialdienst. Das Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die veränderte Arbeitsweise mit ihren positiven und negativen Auswirkungen wurde entwickelt und geschärft. Für jeden der oben erwähnten vier Schritte wurden gemeinsam Strategien erarbeitet, welche für die künftige (Zusammen)Arbeit gelten sollen. Auf die festgehaltenen Strategien wird hier nicht im Detail eingegangen, sondern die Essenz daraus wird in der folgenden Beschreibung der dritten Phase präsentiert.

Dritte Phase: Asynchrone Online-Ratifizierung der erarbeiteten Grundsätze

Im Anschluss an den Workshop formulierte die Autorin die erarbeiteten Grundsätze aus und hielt sie in einer Charta der (Zusammen)Arbeit im digitalisierten Sozialdienst fest. Die Mitarbeitenden konnten in dieser dritten Phase online auf das Dokument zugreifen und bei Bedarf ergänzen, streichen oder Kommentare anfügen. Eine gemeinsame Bereinigung fand so statt und Mitarbeitende, die am Workshop nicht teilnehmen konnten, wurden wieder in den Prozess einbezogen.

Die Grundsätze sind im folgenden Audio Blogbeitrag beschrieben:

Die reflektierte Sicht auf die veränderte Arbeitssituation im digitalisierten Sozialdienst hilft den Mitarbeitenden, die Stärken und Chancen zu fokussieren und den Risiken bewusst zu begegnen. Durch den Bewusstseins- und Sensibilisierungsprozess wird Unklarheiten oder Missverständnissen in der zukünftigen (Zusammen)Arbeit vorgebeugt und dass Team wird befähigt, auch in Zukunft am gleichen digitalen Strick zu ziehen.

Literarturverzeichnis

Engelhardt, Emily M. (2021). Lehrbuch Onlineberatung. Vandenhoeck&Ruprecht

Krogerus, Mikael und Tschäppeler, Roman (2008). 50 Erfolgsmodelle – Kleines Handbuch für strategische Entscheidungen. Kein&Aber

Sozialinfo Dossiers Digitalisierung (2022). Evaluation der digitalen Entwicklung angezeigt. https://www.sozialinfo.ch/digitalisierung/dossiers/evaluation-der-digitalen-entwicklungen-angezeigt

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