Allgemein

Homeschooling 2.0 – ersetzt der Chatbot die Lehrkraft?

Virtueller Unterricht, anstatt Präsenzunterricht? Was bis vor circa einem Jahr unvorstellbar war, ist aktuell Realität. Nur – wer oder was wird zukünftig den Online-Unterricht durchführen?

Die seit 2020 bestehende Covid-19-Krise hat einen grossen Einfluss auf die digitalen Lehr- und Lernmöglichkeiten. Für Lehrkräfte und ihre Jünglinge hiess es von heute auf morgen «bleiben Sie zu Hause». Um den Unterricht fortführen zu können, wurde eine Not-Infrastruktur geschaffen. Im Gegensatz zu den Hochschulen war es bis dato in der Volksschule aber nicht üblich online zu unterrichten.

Heute stehen die Schulen wieder offen. Kinder gelten nämlich nicht als Treiber der Pandemie. Schulschliessungen sollen nur noch im äussersten Notfall zur Anwendung kommen. Doch auch wenn Schulschliessungen nur als ultimative Lösung gelten, müssen die Volksschulen auf den letzten Fall vorbereitet sein. Hier könnte ein Chatbot Hilfe bieten.

Der Schulheld www.r-school.co.uk

Ein Chatbot kann mit den Kindern interagieren. Die Interaktion läuft primär über den Chat. Um es angenehmer zu machen, kann der Text gar mit einer angenehmen Stimme wiedergegeben werden. Mithilfe einer Datenbank werden die Fragen der SchülerInnen beantwortet, und zwar dann, wenn man sie braucht. Algorithmen helfen dabei, dass sich der Chatbot ständig weiterentwickelt.   

Plötzliche Schulschliessung – ein Spagat zwischen Selbstständigkeit und Überforderung

Der Fernunterricht erfordert viel Selbstdisziplin. Diese muss erst erlernt werden. Wie lernt man, wenn man  zu Hause ist? Was braucht es, um selbstständig zu lernen? Laut dem Schulbarometer der pädagogischen Hochschule Kanton Zug verfügen zwar über dreiviertel der Kinder über eine Möglichkeit digital am Unterricht teilzunehmen. Mehr als die Hälfte der befragten Eltern ist jedoch überzeugt, dass ihr Nachwuchs weniger lernt als in der Schule. Nur 24 Prozent sind der Meinung, dass ihre Kinder mehr lernen. Dennoch zeigt der Bericht auch Vorteile des Distanzunterricht auf. Diese sind unter anderem die Berücksichtigung des Bio-Rhythmus und des individuellen Lerntempos.

Blended Learning: Das Lernen der Zukunft

Eine Mischung aus konventioneller Lehre in Verbindung mit der Nutzung von Internet-Kommunikationstechnologien kann aus beiden Bereichen die jeweiligen Vorteile kombinieren. Diese Mischung ist unter dem Begriff Blended Learning bekannt.

Blended Learning Ansatz https://www.bvs-bildungszentrum.ch

Wenn der Unterrichtsstoff in irgendeiner Form digital zur Verfügung steht, kann dieser im Selbststudium leichter nachgeholt werden, falls die Teilnahme am Unterricht verhindert war. Des Weiteren wird durch die Mischung aus Präsenz- und Online-Unterricht die Interaktion zwischen den Lerngruppen und der jeweiligen Lehrkraft verstärkt. Blended Learning wird an den Hochschulen bereits angewendet. An den Volksschulen wird dieser Ansatz noch nicht im gleichen Masse verwendet, sollte aber fokussiert werden. Denn eine Online-Verfügbarkeit verschiedener Lehrinhalte macht Sinn. Dies führt zu einer Entlastung der Lehrkraft, die Lernenden wären beim Lernen flexibler, können Fragen online stellen und der Weg zur Selbstständigkeit wird bereitet. Um die Schulkinder nicht gleich mit dem Selbststudium zu überfordern, könnte ein Chatbot eingesetzt werden.

Sogar einen grossen Teil des Unterrichts könnte der Chatbot übernehmen und die Lehrkräfte womöglich ganz ersetzen. Denn ein sogenannter Chatbot als Lehrekraft ist immer verfügbar und nicht nur in der jeweiligen Unterrichtsstunde.

«Er ist ständig bei uns, hat immer ein offenes Ohr, eine passende Antwort und ist nie genervt.»
Daniel Birkicht, Entwickler eines Privatlehrer-Chatbots

Inzwischen sind die Chatbots so weit entwickelt, dass sie mit mehreren SchülerInnen gleichzeitig interagieren können. Mit anderen Worten: eine kontrollierte und moderierte Gruppenarbeit ist demnach möglich. In der Praxis bedeutet dies, dass bei Gruppenarbeiten die Lehrkraft nicht zwischen Gruppen hin- und hergehen muss, sondern dass eine Durchführung mit Unterstützung des Chatbots möglich ist. Durch das sogenannte Deep Learning sind Chatbots durch die Fragen und Antworten und mithilfe der Interaktion zwischen Mensch und Maschine in der Lage sich eigenständig weiter zu entwickeln. Der Chatbot lernt ebenfalls ständig. Mit einer angenehmen Stimme, wie es sie bereits gibt, wird die Interaktion auch menschlicher.

Chatbot – der Lehrer, der auf alle eingeht

Im Präsenzunterricht ist es für die Ausbilder schwierig auf jeden Einzelnen einzugehen. Die Unterschiede in der Lerngeschwindigkeit sind hier enorm. Der Chatbot Lehrer kann jedoch individuell auf die jeweilige Lerngeschwindigkeit und das Vorwissen eingehen. Das heisst, dass der entsprechende Lernstoff und Fragen individuell und dauerhaft angepasst werden. Aus diesem Grund kann die Motivation der SchülerInnen steigen, da weder eine Über- noch eine Unterforderung stattfindet. Das nachfolgende Video zeigt, wie das geht.

Allerdings muss nebst den Vorteilen, die ein Chatbot bietet, auch erkannt werden, dass menschliche Interaktion nochmals einen weitaus höheren Stellenwert hat im Schulalter. Der Chatbot wird den Lehrer vermutlich nie ganz ersetzen, aber als Ergänzung zum normalen Unterrichtstag wird er in Zukunft nicht mehr wegzudenken sein.

Weiterführende Links:

 

Beitrag teilen

Flamur Lataj

Flamur Lataj ist Master-Student der Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Luzern und bloggt über Chat-Bots

Alle Beiträge ansehen von Flamur Lataj →

Schreibe einen Kommentar