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Fliegende Helfer in der Lagerverwaltung

Als international erfolgreiche Firma in der Umsetzung von Drohnenshows setzt Verity seit letztem Jahr auf neue Geschäftsmodelle. Die Indoor-Drohnen werden in grossen Lagerhäusern für die Aufnahme des Inventars eingesetzt und reduzieren zeitaufwändige manuelle Tasks auf ein Minimum.

Wie in einem Science-Fiction Film schwirren die Drohnen durch die riesigen Gänge der Lagerhäuser von IKEA oder DSV und scannen die Barcodes auf den eingelagerten Paletten. Als Technik-Fan bin ich natürlich vollauf begeistert, dennoch stellt sich mir ziemlich schnell die Frage: Sieht das nur sehr cool aus oder schafft es auch effektiven Mehrwert?
Verity schreibt auf ihrer Website, dass sich die cloud-basierte Lösung nahtlos in die Bestandsverwaltung der jeweiligen Unternehmen integrieren lässt und sich so Diskrepanzen zwischen der physischen Welt und dem digitalen Systemabbild kontinuierlich überwachen und identifizieren lassen. Durch das vollautomatische System stehen jederzeit exakte und kosteneffiziente Bestandsdaten zur Verfügung. Dadurch ist eine verbesserte und detailliertere Lagerbewirtschaftung möglich.

Erfolgreiche Pilotprojekte

In den erfolgreich durchgeführten Pilotprojekten mit dem Möbelhaus IKEA und der dänischen Logistik Firma DSV sind manuelle und damit zeitintensive Aufgaben zur Überprüfung des Lagerinventars an die neuen, fliegenden Helfer delegiert worden.
Der Arbeitsablauf sieht in etwa wie folgt aus: Die Drohnen starten autonom aus der Ladestation und manövrieren von Palette zu Palette, um Bilder, Videos und 3D-Tiefenaufnahmen zu erstellen. Nachdem die Drohnen wieder in der Ladestation gelandet sind, werden die gesammelten Daten an das zentrale System zur Weiterverarbeitung übermittelt. Algorithmen ermitteln Unstimmigkeiten zwischen den Beständen im Lagerhaltungssystem und den neu aufgezeichneten Informationen und definieren dadurch umsetzbare Massnahmen. Die Arbeit kann von den autonomen Helfern natürlich auch an Sonntagen oder zwischen den Schichten der Mitarbeitenden durchgeführt werden.
Im Allgemeinen konnten Kosteneinsparungen, höhere Task-Geschwindigkeit,  sicherheitstechnische Verbesserungen, effiziente Datenerfassung und nicht zuletzt der positive PR-Effekt als potenziellen Nutzen im Einsatz von Drohnen in der Produktion und Lagerhäusern identifiziert werden. Besonders der letzte Punkt mit dem positiven Effekt auf die PR hat mich zuerst etwas irritiert. Doch Unternehmen, die Drohnen einsetzen, werden oft als innovativ und zukunftsorientiert wahrgenommen, was sich positiv auf die Personalbeschaffung oder den Markenwert auswirken kann.

Neue Geschäftsfelder mit erprobter Technik

Verity wurde 2014 als ETH spin-off gegründet und hat ihren Sitz in Zürich. Mit den eigens entwickelten Drohnen realisieren sie automatisierte Drohnenshows rund um die Welt. Céline Dion oder Metallica gehören dabei genauso zu den Kunden wie der Cirque du soleil oder die Kreuzfahrtgesellschaft Royal Caribbean. Die zuverlässigen Indoor-Drohnen nun auch in neuen Geschäftsmodellen zu verwenden, soll neue und lukrative Märkte erschliessen. So geht man innerhalb eines Reports der ETH Zürich davon aus, dass der Markt von Drohnen in der Logistik Industrie bis 2027 um 29 Milliarden Dollar wachsen wird und somit eine jährliche Zunahme von 20% aufweisen würde. Dieses Wachstum ist nicht erst seit der Corona Pandemie auf den zunehmenden e-Commerce zurückzuführen, welcher wiederum immer grösserer Lagerhäuser bedarf.

Innerhalb des genannten ETH Reports konnten drei generelle Einsatzgebiete für die Indoor-Drohnen identifiziert werden. Diese sind durch die Veränderungen hin zu einer Industrie 4.0 als durchaus plausibel zu erachten.

    1. Bestandesverwaltung (Inventory Management)
    2. Transporte innerhalb der Firma (Intra-Logistics)
    3. Überwachung und Inspektion des Areals (Inspection & Surveillance)

Der gewinnbringende Markt wird aber nicht nur durch Verity eingenommen, da sich bereits weitere, auf Lagerautomatisierung spezialisierte Firmen, in den Startlöchern befinden. So haben beispielsweise Corvus Robotics oder Flytbase bereits eigene drohnenbasierte Systeme zur Unterstützung der Lagerverwaltung im Angebot.

Technische Limitierungen und Potentiale

Die technischen Hintergründe zeigen Potentiale von wünschenswerten Verbesserungen für die Zukunft auf. So ist gemäss ETH Report die Indoor Navigation für das volle erreichen des autonomen Betriebes (Level 5) noch unzureichend. Dennoch ist in den nächsten Jahren mit einem deutlichen Präzisionszuwachs zu rechnen. Einige Hersteller kombinieren die Drohnen mit einem automatisierten Fahrzeug am Boden, um eine höhere Genauigkeit zu erzielen. Dies führt nebst dem eher negativen Aspekt der reduzierten Manövrierbarkeit zu einer deutlich höheren maximalen Flugdauer von bis zu vier Stunden. Herkömmliche Drohnen ohne Kabelverbindung zu einem Fahrzeug erreichen normalerweise eine maximale Flugzeit von 30 Minuten, bevor sie sich wieder in Richtung einer Ladestation begeben müssen.

Bildbasierte Algorithmen wie zum Beispiel der SLAM Algorithmus (Simultaneous localization and mapping) erreichen heute bereits eine Genauigkeit von 5cm, was schon sehr beeindruckend ist. Weiter könnten geschickte Kombinationen, zum Beispiel aus LiDAR Sensoren (Light detection and ranging) und Kameras, zu noch besseren Resultaten führen. Dies haben die Firmen DJI und Leica Geosystems bereits eindrücklich bewiesen, indem sie auf eine Fläche von 100’000m2 eine Genauigkeit von 2.5cm erreichen konnten.

Ich selbst bin jedenfalls sehr gespannt, inwiefern grosse Warenlager in naher Zukunft durch den Einsatz von Drohnen optimiert werden können. Realistisch gesehen ist dies in den nächsten Jahren noch nicht in Massen zu erwarten, dennoch zeigen erfolgreiche Pilotprojekte, wohin die Reise gehen könnte.

 

Quellenangaben:

The Load Star. DSV improves warehouse operations with drone system. Abgerufen am 02.03.2021 von https://theloadstar.com/dsv-improves-warehouse-operations-with-drone-system/

Verity AG. Autonomous Drone Systems for Warehouse Automation. Abgerufen am 02.03.2021 von https://verity.ch/warehouse-automation/

ETH Zürich. Applications of drones in warehouse operations. Abgerufen am 02.03.2021 von https://ethz.ch/content/dam/ethz/special-interest/mtec/pom-dam/documents/ Drones%20in%20warehouse%20opeations_POM%20whitepaper%202019_Final.pdf

IKEA. How tech for show business can automate IKEA warehouses. Abgerufen am 02.03.2021 von https://ikea.today/how-tech-for-show-business-can-automate-ikea-warehouses/

Corvus Robotics. Fully automated inventory management. Abgerufen am 02.03.2021 von https://www.corvus-robotics.com/

Flytbase. Enterprise Drone Automation Platform. Abgerufen am 02.03.2021 von https://flytbase.com/

Journal of Manufacturing Technology Management. Drones in manufacturing: exploring opportunities for research and practice. Abgerufen am 02.03.2021 von https://www.emerald.com/insight/content/doi/10.1108/JMTM-03-2019-0099/full/html#sec004

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Lucius Schärer

Lucius Schärer ist Student an der Hochschule Luzern - Informatik und bloggt zum Modul "Studienwoche" des Studiums Wirtschaftsinformatik

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