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Virtuelle Realität, Digitalisierung, digitale Zwillinge: – Was leisten Industrieroboter?

Die Begriffe Robotics, Digitalisierung, Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz, Virtuelle Realität und viele mehr sind heutzutage in aller Munde. Man liest über sie in den Printmedien, es wird darüber diskutiert und auch im Internet sind sie omnipräsent. Meist geht es um die schier unerschöpflichen Möglichkeiten, welche sich aus den sich dahinter verborgenen Technologien ergeben. Oder darum, wie diese in immer weitere Bereiche des täglichen Lebens hineingreifen, und die Gesellschaft verändern.

Mit diesem Blog-Beitrag ordnet der Autor diese Begriffe im geschichtlichen Zusammenhang. Anhand eines Teilbereiches der Digitalisierung, der Robotertechnik, werden die Entwicklung und Möglichkeiten aufgezeigt, sowie die Erkenntnisse aus einem Selbstversuch mit einem virtuellen Operationsroboter geteilt.

‘Digitalisierung’ und die Geschichte der Technik

Der Begriff ‘Digitalisierung’ im engeren Sinn bedeutet die Darstellung von Information als ein digitales Signal, um diese in digitaltechnischen Systemen zu verarbeiten oder zu speichern. Im weiteren Sinn kann sich der Begriff auf die digitale Revolution, die auch als dritte industrielle Revolution bekannt ist, bzw. die digitale Wende beziehen. In diesem weiteren Sinn deckt Digitalisierung eine Vielzahl an Entwicklungen ab. Doch dazu zuerst ein Blick in die

Vergangenheit:

Quelle: https://www.auto.de/magazin/ford-produziert-seit-80-jahren-in-koeln/

Um die Begriffe richtig einordnen zu können ist es hilfreich, die vier grossen technologischen Umwälzungen der letzten beiden Jahrhunderte zu verstehen. Diese werden grob in die folgenden vier industriellen Revolutionen unterteilt:

Überblick Industrielle Revolution

Robotertechnik als Teil der Digitalisierung

Das Zeitalter der Digitalisierung hat demnach in den 1970er Jahren mit der Erfindung der Mikroprozessoren begonnen. Der erste Roboter jedoch wurde bereits 1961 in der Fertigungsstrasse bei General Motors eingesetzt. Seine Befehle waren auf einer Magnettrommel gespeichert. Mit der Digitalisierung und der damit einhergehenden Miniaturisierung und Kostenreduktion der Mikroprozessoren erweiterten sich die Einsatzmöglichkeiten für die Roboter. Auch die späteren technologischen Entwicklungen bis hin zur Künstlichen Intelligenz beeinflussten und beeinflussen die Robotertechnik.

Was können Roboter?

Roboter haben von Beginn weg für Menschen repetitive und gefährliche Aufgaben übernommen. Der erste Roboter bestand aus einem Arm. Die erste Generation konnte Schweissen und Lackieren. Heute fertigen Industrieroboter ganze Produkte. Und sie haben längst den Weg aus den Fertigungshallen gefunden. Mit der technologischen Weiterentwicklung wurden sie mit neuen Fähigkeiten ausgestattet, so dass man sie heute in der Verpackungsindustrie (auch von so heiklen Materialien wie Lebensmitteln und Medikamenten), in der Gastrobranche im Service, in der Landwirtschaft von der Aussaat bis zur Ernte, im Operationssaal zur Unterstützung chirurgischer Eingriffe und in privaten Haushalten als Haushaltshilfen oder interaktives Kinderspielzeug antrifft – um nur einige Einsatzmöglichkeiten zu nennen.

Heute:

Dabei werden folgende Arten von Robotern unterschieden:

  • Industrieroboter sind programmierbare Maschinen zur Handhabung, Montage oder Bearbeitung von Werkstücken in der Industrie
  • Kollaborative Roboter (cobots: collaborative robots) kommen im Produktionsprozess in Zusammenarbeit mit und in Ergänzung zu den Menschen zum Einsatz.
  • Autonome Transportsysteme sind führerlose Transportfahrzeuge, dazu gehören AGV (Automated Guided Vehicle; folgen vordefinierter Route) und AMR (Autonomous Mobile Robots; erkennen Hindernisse). Beispiel -> Roboter als Pizzalieferanten in Hamburg: oder PostAuto AG hat selbstfahrende Elektrobusse in Sitten getestet.
  • Service Roboter erbringen Dienstleistungen für den Menschen. Dazu gehören Roboter, welche den Rasen mähen, Staub saugen, die Wohnung überwachen und Unregelmässigkeiten melden und vieles mehr.
  • Humanoide Roboter ähneln Menschen. Sie werden heute häufig in Zusammenhang mit der Künstlichen Intelligenz (KI) entwickelt, um menschenähnliche KI zu erschaffen. Diese wird nicht programmiert, sondern baut sich aus Lernprozessen auf. Dazu muss ein Roboter aktiv am sozialen Leben teilnehmen können, wo er nur als Wesen wahrgenommen und akzeptiert wird, wenn seine Gestalt, Mobilität und Sensorik menschenähnlich ist.

Enormes Potenzial

Industrieroboter haben ein riesiges Marktpotenzial. Insbesondere die Cobots sollen gemäss der Marktforschungsunternehmung Interact Analysis bis 2027 30% Anteil am Robotermarkt haben.

Quelle: https://www.robotik-produktion.de/news-und-normen/30-prozent-cobot-anteil-in-2027/

Virtuelle Operation mit ungeahnten Folgen

Im Rahmen der Studienreise mit der HSLU hatte ich die Gelegenheit, an einem Workshop zum Thema «Virtual Reality in der Industrie» teilnehmen. Im Immersive Realities Center bzw. VR Lab der HSLU durfte ich als Testchirurg einen virtuellen Operationsroboter bedienen. Mein Auftrag bestand darin, am virtuellen Patienten (digitaler Zwilling)  einen Luftröhrenschnitt vorzunehmen und eine Trachealkanüle zu setzen. Es ging also um Leben und Tod meines ‘Patienten’.

Quelle: https://www.bctechnology.com/news/2019/4/9/Vancouver-based-Precision-OS-Virtual-Reality-Surgical-Training-Adopted-by-10-Medical-Institutions-Across-North-America.cfm

Meine Ausrüstung bestand aus zwei Handsensoren, OP-Tischen und der VR Brille. Mit dem Blick durch die VR Brille lag plötzlich der Patient vor mir auf dem OP-Tisch sowie Skalpell, zwei Spreizzangen und die Trachealkanüle auf einem kleinen Tisch.

Quelle: PowerPoint, Dieses Foto von „Unbekannter Autor“ ist lizenziert unter CC BY.

Es konnte losgehen.

Beim ersten Versuch wollte es mit dem Schnitt nicht so klappen. Nach einer Weile brach das System ab und musste neu gestartet werden. War der Patient gestorben?

Zweiter Versuch ich ergreife die Instrumente und nehme den Schnitt vor.

 

Quelle: PowerPoint, Dieses Foto von „Unbekannter Autor“ ist lizenziert unter CC BY-SA-NC.

Beim Spreizen des Gewebes, um die Kanüle zu platzieren, fehlte plötzlich der zweite Spreizer. Und nicht nur dieser – auch mein Arm war weg! Durch die VR Brille sah ich ihn neben mir am Boden liegend, die zweite Klammer immer noch in den Fingern! Operationsabbruch. War jetzt nicht nur der Patient am Sterben, sondern auch ich am Verbluten…?

Mein Fazit aus dieser sehr spannenden Erfahrung:

Lieber ein Roboterarm – als ein Arm ab!

Auch die virtuelle Operation will geübt sein!

Noch wichtiger, der Roboter ersetzt das Wissen und die chirurgischen Fähigkeiten des Bedieners nicht. Zumindest heute noch nicht. Aber ich denke, ich habe damit einen Vorgeschmack auf weitere künftige Entwicklungen in Robotics sowie Virtual Reality erhalten. Da bin ich mal gespannt.

Quellen und Weiterführende Hinweise:

 

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Manuel Pietroboni

Manuel Pietroboni studiert an der Hochschule Luzern und bloggt zur Zeit zum Modul ‘Studienreise’ im Rahmen des Studiums in Wirtschaftsinformatik.

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