Motor

Industrie 4.0 in der Praxis – Das BMW Werk Regensburg

Anfang 2019 wurde das BMW-Werk Regensburg zum vom World Econonomic Forum (WEF) zum «Lighthouse of the Fourth Industrial Revolution» ausgezeichnet. Dieser Beitrag gibt Einblick in die Industrie 4.0 Projekte, welche umgesetzt wurden, um dies zu erreichen.

Das World Economic Forum schreibt Folgendes über das BMW-Werk in Regensburg:

«Dieses Automobilwerk stellte 2018 etwa 320.000 Fahrzeuge her. Durch die Nutzung der massgeschneiderten BMW Internet of Things-Plattform fielen zwar Zeit und Kosten an, aber das Ergebnis war eine Zeitersparnis von 80 % bei der Bereitstellung aller neuen Aufträge, was unter anderem zu einer erheblichen Senkung der Logistikkosten und 5 % weniger Qualitätsproblemen führte.»

Die Arbeit eines Mitarbeiters des Werks Regensburg hat sich in den letzten Jahren, durch diverse Industrie 4.0 Projekte stark verändert: BMW nutzt diverse moderne Technologien, wie Virtual Reality, Additive Robotics, Data Analysis, autonome Transportsysteme, Künstliche Intelligenz und Drohnen unter vielen anderen, um die Arbeit ihrer Angestellten zu vereinfachen, abwechslungsreicher und effizienter zu gestalten. Der bayrische Autobauer konzentriert seine Bemühungen in der Digitalisierung der Produktionssysteme auf die folgenden Technologie-Cluster:

  • Smart Data Analytics
  • Smart Logistics
  • Innovative Automation
  • Additive Manufacturing

Smart Data Analytics

Für Smart Data gibt es zwei grundsätzliche Definitionen: einerseits aufbereitete Big Data und andererseits Daten, welche von einem smarten Sensor kommen. Hier geht es um letztere Art. Sämtliche Daten, welche von diesen Sensoren ermittelt werden, werden an die interne IoT Plattform weitergegeben, wo diese analysiert und Aktionen ausgearbeitet werden. Welche Aktionen wann ausgeführt werden, entscheiden aber zumeist noch Menschen.

Die Analyse dieser Daten dient folgenden Zielen:

  • Erhöhung der Verfügbarkeit der Fertigungsstrasse durch präventive Instandhaltung
  • Erhöhung der Qualität der Produkte
  • Ressourcenschonendere Herstellung

Durch Überwachung der elektrischen Antriebe, Getriebe, Bremsen, Zylinder und Ventile der Roboter, kann vorausgesagt werden, wann eine Wartung fällig wird. So kann ein Totalausfall eines Roboters vermieden und eine nötige Wartung optimal geplant werden.

Eine Autokarosserie wird aus einer Unmenge an Blech hergestellt, welches von einer drei Kilometer langen Blechrolle kommt. Bei einer solchen Menge Blech ist es verständlich, dass die Beschaffenheit nicht auf der gesamten Länge genau gleich ist: Es gibt Abweichungen in der Stärke, der Festigkeit und in der Beölung des Materials. Jeder Blechzuschnitt wird daher vermessen, analysiert und erhält eine Markierung, welche der Presse seine Daten weitergibt. So kann sich die Presse auf die individuellen Eigenschaften eines Abschnitts optimal einstellen. Dadurch ergibt sich einerseits eine höhere Qualität, eine Reduktion des Ausschusses der Produktion und eine erhöhte Produktivität.

Auch die Daten aus den Schraubprozessen werden ständig analysiert. Wenn bei einem Schraubvorgang ständig mehr Drehmoment gebraucht wird, kann es sein, dass das Schraubgerät einen Fehler hat, oder eines der Gewinde nicht sauber gefräst wird.

Smart Logistics

Dieser Themenbereich dreht sich um die Digitalisierung inner- und ausserbetrieblicher Logistikprozesse. Es muss nicht mehr jede Schraube manuell bestellt werden, weil das Schraubenfach weiss, wann es leer ist bzw. nicht mehr viel Inhalt hat. Der klassische Palettenrollwagen, welcher durch einen Menschen bedient wird, wird nicht mehr gebraucht: autonom gesteuerte Transportsysteme liefern Waren innerhalb der Fabrik selbständig von A nach B. Riesige Lagerhallen sind nicht mehr nötig, denn der Lieferant kennt den Lagerbestand seines Kunden und kann rechtzeitig mit der Nachschubproduktion beginnen.

In etwa so wird auch in Regensburg gearbeitet. Autonome Transportsysteme bringen Waren, gesteuert von Lasersignalen, von A nach B. Smarte Roboter suchen sich selbständig den besten Weg durch die Fabrik. Angetrieben werden diese Roboter durch rezyklierte Autobatterien. Am Zielort wird die Ware nicht durch einen Menschen, sondern durch einen Roboter vollautomatisch entladen. Leergut wird ausserdem automatisch durch Drohnen inventarisiert, was einen zeitaufwändigen Spaziergang über das Gelände überflüssig macht.

Smart Transport Robot
Smart Transport Robot. Bild: bmwgroup.com

Innovative Automation

Automatisierung war das grosse Thema der dritten industriellen Revolution. Die Automatisierung ist aber noch längst nicht zu Ende erfunden. Waren früher noch Schutzzäune und -bereiche um Roboter früher noch nötig, damit sich Mitarbeiter nicht verletzten, arbeiten Mensch und Maschine heute Hand in Hand. Als kollaborative Roboter oder Cobot bezeichnet man diese Erfindungen. Sie unterstützen den Mitarbeiter bei strengen und hochpräzisen Aufgaben. Wenn beispielsweise ein Fahrzeugteil mehrere Minuten in einer Position gehalten werden muss, während dem Schrauben angezogen werden, kann diese kräftezehrende Aufgabe durch den Roboter übernommen werden. Wie dies funktionieren kann, sieht man im folgenden Video:

Des Weiteren werden die Muskeln der Mitarbeiter durch Exoskelette geschont. Exoskelette sind, wie viele Erfindungen, der Natur entsprungen. Man findet diese beispielsweise bei Ameisen, Tausendfüssern oder Krebsen. Den Fabrikarbeiter sollen diese Skelette bei der täglichen Arbeit unterstützen, wenn beispielsweise längere Zeit mit den Händen über dem Kopf gearbeitet werden muss oder häufig von der stehenden in die sitzende Position gewechselt werden muss. Letzteres erinnert an einen Melkstuhl, welchen Bauern beim Melken ihrer Kühe verwenden.

Exoskelett für Unterkörper
Exoskelett für den Unterkörper. Foto: blue-rocket.de

Additive Manufacturing

Das Ziel der additiven Fertigung ist es, in kurzer Zeit physische Teile direkt aus CAD Modellen herzustellen. Diese Verfahren werden deshalb auch häufig unter dem Begriff 3-D Druck zusammengefasst. Vor allem für die Fertigung von sehr komplexen Teilen oder Prototypen sind diese Verfahren sehr interessant. Um ein Stahl- oder auch Kunststoffteil in herkömmlichen Verfahren herzustellen braucht es immer ein sogenanntes Werkzeug. Damit ist allerdings kein Schraubenzieher gemeint, sondern eine Form, welche befüllt wird oder den Werkstoff mittels Druckes in die richtige Form bringt. Die Herstellung und die Wartung dieser Werkzeuge ist sowohl Zeit- als auch kostenintensiv und bei komplexen Bauteilen sehr schwierig. Für Prototypen und Kleinserien, ist es folglich uninteressant Werkzeuge herzustellen. Und bei komplexeren Bauteilen muss auf teurere Verfahren ausgewichen werden. (Koether und Sauer, 2017)
BMW baut sowohl Serienbauteile als auch Prototypen am Additive Manufacturing Campus bei München. Dort werden Mitarbeiter in diesen Verfahren ausgebildet, Bauteile gefertigt und an neuen Verfahren geforscht.

3D Drucker
3D Drucker in der Praxis. Bild: pixabay.com

Fazit

Die vierte industrielle Revolution beeinflusst beinahe sämtliche Bereiche eines Industrieunternehmens. Die zugrundeliegenden Ziele haben sich aber zwischen den Revolutionen kaum geändert. Es geht darum Kosten zu senken und die Qualität zu erhöhen. Was in der vierten Generation meines Erachtens dazu kommt, ist die Nachhaltigkeit. So werden Maschinen vorzugsweise mit Elektroantrieben ausgestattet, Ausschuss reduziert und womöglich Abfall rezykliert. Alles in allem bleiben wir gespannt, was noch auf uns zukommt!

Weiterführende Links und Quellen

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