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Cobots – Mensch und Maschine, Schulter an Schulter

Was sind Cobots und wie kann man mit ihnen gefahrlos zusammenarbeiten?

Wenn man an Industrieroboter denkt, kommen einem oftmals massive Knickarm-Roboter in den Sinn, welche in Produktionsstrassen autonom ihren vordefinierten Aufgaben nachgehen. Umzäunt mit Schutzwänden arbeiten sie isoliert und hocheffizient. Die Schutzwände halten Menschen davon ab im Arbeitsbereich dieser Roboter zu agieren, um Unfälle zu vermeiden. Ihrer Umgebung nicht bewusst stellen diese Roboter somit für Menschen in unmittelbarer Nähe eine grosse Gefahr dar.

Enter Cobots

Seit einigen Jahren gesellt sich zu diesen «herkömmlichen» Robotern nun eine neue Art von Robotern dazu. Diese Roboter erlauben die Zusammenarbeit mit Menschen auf engstem Raum. Tritt ein Mensch in ihren Arbeitsbereich ein, sorgen Sicherheitsmechanismen dafür, dass es zu keinen Gefährlichen Situationen kommt. Die Arbeit des Roboters wird verlangsamt, oder bei zu geringer Distanz zum Menschen komplett eingestellt. Mensch und Maschine können also quasi Schulter an Schulter zusammen an einem gemeinsamen Projekt arbeiten – Sie kollaborieren. Durch die Art der Zusammenarbeit werden diese Roboter daher kollaborative Roboter, oder Cobots (Collaborative Robots) genannt. 

Kollaboration vs. Kooperation

Die beiden Begriffe Kollaboration und Kooperation werden häufig als Synonyme behandelt, daher hier an dieser Stelle eine kurze Begriffsdefinition. Bei der Kooperation kombinieren Mensch und Maschine ihre jeweiligen Fähigkeiten, um eine Aufgabe zu erfüllen. Ein Beispiel ist hier der kraftverstärkende Roboter, welcher es dem Menschen erlaubt grosse Lasten zu bewegen. Kraft-Moment-Sensoren am Roboter erlauben es dem Menschen durch Einwirkung von Kräften auf den Roboter eine Bewegung auszulösen und somit beispielsweise ein schweres an ihm befestigtes Werkstück zu bewegen. Im Gegensatz dazu steht die Kollaboration. Hier führen Mensch und Maschine individuell und oftmals zeitgleich im selben Arbeitsbereich Arbeiten an einem gemeinsamen Werkstück aus.

Kollaboration zwischen Mensch und Roboter
Kollaboration zwischen Mensch und Roboter (Quelle: Universal Robots)

Sensoren und ausgeklügelte Software

Wie werden sich nun Cobots ihrer Umgebung bewusst und wie können sie mit Menschen interagieren? Ermöglicht wird dies durch eine Vielzahl von Sensoren, welche je nach Hersteller unterschiedlich eingesetzt werden:

  • Drehmomentsensoren, welche externe Kräfte präzise ermitteln können
  • Drucksensoren am Gehäuse der Roboter, ähnlich der menschlichen Haut
  • Lasersysteme, welche Abstände messen können
  • Ultraschall-, Radar-, oder Kamerasysteme, um die Umgebung zu erfassen

Gepaart mit ausgeklügelter Software, welche die Daten der einzelnen Sensoren aggregiert und auswertet ergibt sich so ein Roboter, welcher auf äusserliche Einflüsse reagieren kann und so für den Menschen keine Gefahr darstellt.

Meist klein und mobil

Cobots sind im Gegensatz zu ihren nicht kollaborativen Brüdern und Schwestern meist eher klein und oftmals mobil. Auch die Nutzlast der Cobots ist mit max. 35 kg (Stand Oktober 2020) eher gering. Sie sind dadurch aber sehr flexibel einsetzbar und ideal geeignet, den Menschen bei diversen Aufgaben zu entlasten. Um die Zusammenarbeit mit dem menschlichen Arbeitskollegen möglichst einfach zu gestalten, lassen sich Cobots sehr intuitiv programmieren. Programming by demonstration (PbD) heisst diese Technik, welche es dem Menschen erlaub dem Roboter Bewegungsabläufe beizubringen, indem er diese zusammen mit dem Roboter durchführt. Einmal gespeichert kann der Roboter diese Bewegungsabläufe präzise wiedergeben.

Konkurrenzfähig dank Cobots

Die oben beschriebene Flexibilität und Einfachheit der Handhabung machen die Cobots sehr attraktiv für Unternehmen, welche kein Robotik-Knowhow besitzen. Cobots können so einfach in bestehende Produktionsketten integriert werden und dem Menschen gewisse repetitive Arbeiten abnehmen. Der Mensch kann sich so auf kognitiv höherstehende Aufgaben konzentrieren und sein Fachwissen effizienter einsetzen. Auch das Problem des immer präsenten Fachkräftemangels können Cobots lösen, wie wir in folgendem Video sehen können.

Um am Markt konkurrenzfähig zu bleiben müssen immer mehr Firmen auf Automatisierung setzen. Gerade für KMUs war dies vor einigen Jahren noch nicht denkbar. Industrieroboter waren für kleinere Unternehmen wesentlich zu teuer und deren Inbetriebnahme zu komplex. Auch das Einhalten der geltenden Sicherheitsbestimmungen und das damit verbundene Errichten von Schutzwänden verunmöglichten das Vorhaben oftmals nur schon aus Platzgründen. Heutzutage ist die Investition in einen Cobot für viele KMUs lohnend, weil der Return on Investment (ROI) bereits nach sechs bis neun Monaten erreicht ist. Dies ist auf folgende 3 Hauptgründe zurückzuführen:

  • Geringere Anschaffungskosten
  • Geringere Integrationskosten
  • Qualitätsverbesserungen der Produkte

Diese Tatsache widerspiegelt sich auch gut in folgender Projektion der weltweiten Verkaufszahlen, welche in den nächsten 5 Jahren einen Zuwachs von fast 600% prognostiziert.

Projektion von Cobot-Verkaufszahlen laut Statista
Projektion von Cobot-Verkaufszahlen (Quelle: Statista)

Corona und Cobots

Cobots könnten sich in der aktuellen Krise als Profiteure herausstellen. „Der Roboter muss sich nicht an Abstandsgebote halten“, meint Helmut Schmid von Universal Robots. Anstatt dass Menschen Schulter an Schulter arbeiten, können Roboter und Mensch Schulter an Schulter arbeiten. So können die aktuell geltenden Abstandsregeln eingehalten werden. Erkrankte Mitarbeiter können temporär durch Roboter ersetzt werden und damit die Produktion gewährleisten. In einer Zeit nach Corona, wo Produktions- und Lieferketten eventuell überdacht werden, könnten Cobots dafür sorgen, dass aktuell nach Asien ausgelagerte Produktionen wieder vermehrt nach Europa zurückkehren.

„Der Roboter muss sich nicht an Abstandsgebote halten“ – Helmut Schmid, Universal Robots

Herausforderungen

Trotz Allem gibt es noch viele Herausforderungen im Bereich der kollaborativen Roboter. Verglichen mit konventionellen Industrierobotern sind Cobots oftmals noch wesentlich langsamer. Dies weil sind in unmittelbarer Nähe von Menschen agieren müssen und nur so die Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden können. Auch auf Seite der Integration muss noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden. Einfache Pick&Place Aufgaben können Cobots mittels PbD leicht beigebracht werden. Für komplexere Aufgaben braucht es aber oftmals doch noch Fachpersonal mit entsprechendem Knowhow. Einfacher zu bedienende Software sowie erweiterte Sensorik könnten hier Abhilfe schaffen.

Die Zukunft für Cobots sieht generell aber sehr positiv aus und deren Schlüsselrolle in der Transformation in Richtung Industrie 4.0 ist gewiss.

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