Führung im Homeoffice – die Sicht der Führungskräfte

Am einen Tag noch wie üblich am Arbeitsplatz vor Ort, dann plötzlich zuhause im Homeoffice: Diese Umstellung beschäftigt nicht nur viele Arbeitnehmende, sondern auch die Führungskräfte. Was für neue Herausforderungen sind für die Führungskräfte im Home-Office bemerkbar? Wie wird die Führung auf Distanz erfolgsversprechend gehandhabt?

Ein studentischer Beitrag von Alberina Baliqi, Elisa Driessen, Céline Krummenacher, Marc Mathis und Shannon Schumpf

Mit der Umstellung auf die Arbeitsweise im Homeoffice hat sich nicht nur der Arbeitsalltag der Mitarbeitenden verändert, sondern auch die Führungsnormen der Vorgesetzten wurden komplett auf den Kopf gestellt. Vieles, was bis anhin im Bereich der Führung gelebt wurde, findet im Homeoffice keine Anwendung mehr oder ist aus technischen Gründen nicht machbar. Obwohl sich die persönlichen Einstellungen unserer Interviewpartner zum Homeoffice vor dem Massenexperiment 2020 in vielen Hinsichten unterschieden, gab es für alle ein zentrales Anliegen während dieser Zeit. Den richtigen Umgang mit dem Wandel zu finden und die daraus folgenden Chancen und Herausforderungen optimal wahrzunehmen, war für alle Führungskräfte von grosser Bedeutung.

Auf der einen Seite ergaben sich diverse Chancen, wie gesteigerte Eigenverantwortung der Mitarbeitenden oder Zeitersparnisse aufgrund des wegfallenden Arbeitsweges. Auf der anderen Seite galt es neue Herausforderungen anzunehmen und zu bewältigen. Aus den Erfahrungen der interviewten Führungspersonen hat sich klar herauskristallisiert, dass die Führungstätigkeit im Homeoffice noch bewusster und intensiver gepflegt werden muss. Im Homeoffice geht automatisch ein gewisser Austausch mit und unter den Mitarbeitenden verloren, welcher nun zuhause nur ansatzweise wiederhergestellt werden kann. Aber auch wenn der Austausch und der Kontakt zu den Mitarbeitenden im Homeoffice mit regelmässigen Meetings und Austauschmöglichkeiten gefördert wird, ist dieser nicht mit der vorherigen Nähe zu den Mitarbeitenden am Arbeitsplatz vergleichbar. Die geplanten Gespräche mit den Mitarbeitenden fanden nicht mehr auf einer lockeren Basis statt, sondern beschränkten sich mehrheitlich lediglich auf die Arbeitstätigkeit und -leistung. Für Pascal, einen unserer Interviewpartner, ist diese Änderung deutlich spürbar: Die Qualität des Austausches ist nicht mehr auf demselben Niveau wie zuvor am Arbeitsplatz. Informelle Gespräche wurden praktisch nicht mehr geführt und es fehlte auch hier an einer gewissen Nähe und Gelassenheit (Pascal, Z. 101-104).

Des Weiteren werden die Spannungsfelder zwischen Kontrolle und Vertrauen sowie Nähe und Distanz im Homeoffice noch verstärkt erkennbar. Die Führungskraft verliert mit dem Wechsel ins Homeoffice automatisch zu einem gewissen Grad die Kontrolle und den Überblick über die Arbeitsleistung. Grund dafür ist die eingeschränkte Möglichkeit, den Überblick und die Kontrolle unbewusst wahrzunehmen, wie dies zuvor am Arbeitsplatz möglich war. Dies führt dazu, dass sich der Führungsstil und das Führungsverhalten des jeweiligen Vorgesetzten verändert hat und noch bewusster gelebt wird. Die Führungsstile der zukunftsorientierten Arbeitsweise waren für unsere Führungskräfte in dieser aussergewöhnlichen Zeit gefragter als je zuvor und der autoritäre Führungsstil findet unter diesen Umständen kaum mehr Anwendung. Der Fokus der Führung liegt klar auf der Eigeninitiative und -entwicklung der Mitarbeitenden. Diese Ausgangslage, welche sich durch das Massenexperiment Homeoffice 2020 ergab, stellt eine unglaubliche Chance dar, diese Opportunitäten der Mitarbeiterentwicklung auch zu nutzen.

Wie stark Homeoffice unsere Zukunft prägen wird ist noch unklar. Trotzdem gehen unsere Interviewpartner aus der Führungsebene einheitlich von einer Mischlösung zwischen Homeoffice und Arbeiten im Büro aus, welche sich in Zukunft etablieren wird. Der Trend Homeoffice ist klar spürbar und wird uns in Zukunft sicherlich noch verstärkt begleiten: «Ich glaube wir werden […] einen vermehrten Move Richtung Homeoffice haben» (Adrian, Z. 407). Aufgrund des fehlenden persönlichen Kontaktes, des Austausches und der Zusammenarbeit im Team, wird jedoch die ausschliessliche Anwendung von Homeoffice in Zukunft kaum erwünscht sein.

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