Vorlesung 2:
Stadt als Palimpsest
Prof. Peter Althaus
Um den Herausforderungen einer disruptiven Zukunft begegnen zu können, ist es essenziell, die Ursprünge und Entwicklungen unserer heutigen Situation zu verstehen. Nur durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit können wir die Gegenwart begreifen und die Zukunft aktiv gestalten. Ein tiefgreifendes Verständnis der Komplexität unserer bestehenden urbanen Strukturen bildet die Grundlage für die erfolgreiche Bewältigung zukünftiger Herausforderungen.
In dieser Vorlesungsreihe analysieren wir die Entstehung urbaner Räume und Transformation anhand von sechs charakteristischen Städten und setzen deren Entwicklung in Beziehung zu massgebenden städtebaulichen Theorien. Unsere Betrachtung geht über die historische Morphologie hinaus und umfasst auch die aktuellen, vielschichtigen Fragestellungen der Stadtentwicklung. Dabei wird deutlich, dass einige Themen universelle Gültigkeit besitzen und sich weltweit in urbanen Strukturen wiederfinden, während andere Fragen spezifisch und nicht unmittelbar übertragbar sind. In diesem Zusammenhang spricht die Soziologin Martina Löw von der „Eigenlogik der Städte“.
Das Konzept des Palimpsests dient uns als analytische Metapher: Wie bei einem mehrfach beschriebenen und wieder gelöschten Pergament lassen sich in der Stadt verschiedene historische und räumliche Entwicklungsschichten erkennen, deren Spuren sich im urbanen Gewebe überlagern und durchdringen. Diese Lesart ermöglicht es uns, die Stadt sowohl in ihrer geschichtlichen Tiefe als auch in ihrer gegenwärtigen Komplexität zu erfassen. Daraus entwickeln wir eine ausgewogene Perspektive, die globale Zusammenhänge und lokale Besonderheiten gleichermassen würdigt und die Stadt als vielschichtiges Arbeitsfeld begreifbar macht.