ARCHITEKTUR UND KONTEXT FS 2024

Emmenbrücke

Alessandro Bosshard, Christoph Flury, Kasia Jackowska, Prof. Angelika Juppien, Katharina Neubauer

 

MEILENSTEINE:

Semesterstart (Plenum): 
Startveranstaltung (Plenum):
Textbesprechung 1 (Studio):
Diskussion 1 (Plenum):
Diskussion 2 (Plenum): 
Plenumskritik Städtebauliche Szenarios: 
Osterferien
Zwischenkritik:
Schlusskritik:

19. Februar 2024
22. Februar 2024
29. Februar 2024
07. März 2024
14. März 2024
21. März 2024
28. März 2024
18. April 2024
27. Juni 2024

Im Frühjahrssemester liegt der Fokus auf der Schärfung unserer Wahrnehmung für Kontext. Ziel ist es, ein tiefgreifendes Verständnis für die ökologischen, soziologischen, kulturellen und nicht zuletzt ökonomischen Rahmenbedingungen eines typisch schweizerischen städtischen Umfelds zu entwickeln. Das bedeutet, dass wir die städtebaulichen Aspekte unserer Projekte und deren Bezug zu einer zukunftsfähigen Umwelt in den Mittelpunkt unserer Diskussionen rücken werden. Wir beabsichtigen, unsere Entwürfe als ein „diagram of everything “ zu betrachten, als eine Abfolge von Übersetzungs- und Rückübersetzungsprozessen zwischen Gesellschaft und Architektur.

Emmen ist mit über 30’000 Einwohnern der grösste Vorort von Luzern, sowie auch die zweigrösste Ortschaft im Kanton Luzern. Das Gebiet um den Bahnhof, also die Viscosistadt, Schützenmatt und der Seetalplatz ist wegen der zentralen Lage und der guten Erschliessung einer der wichtigen Entwicklungsgebiete der Agglomeration Luzern. Die Dynamik Emmenbrücke beschränkt sich aber nicht nur auf die genannten Gebiete. Vielmehr zeichnet sich die Gemeinde durch eine grosse Vielfalt an unterschiedlich geprägten Räumen aus. Neben der sehr urbanen Gerliswilerstrasse, wo die urbane Krise nach wie vor sichtbar ist, sind speziell das Quartier Meierhöfli mit seinen überregional ausstrahlenden Shopping-Centern und Gerliswil mit seinen öffentlichen Einrichtungen zu erwähnen. Ansonsten finden wir praktisch alle gängigen Wohntypologien des 20. Jahrhunderts wieder. Von den Arbeitersiedlungen auf der Ober Emmenweid über die generischen Nachkriegswohnblöcken hin zu den Wohnungsprojekten der letzten 20 Jahre ist jedes Jahrzehnt vertreten. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die ausgedehnten Einfamilienhausquartiere mit ihren pedantisch in Stand gehalten mit säuberlich manikürten Aussenräumen. Aus dem Rahmen fällt etwas der Militärflugplatz, der mit über 20’000 Flugbewegungen im Jahr zu den drei wichtigsten Militärflugplätzen der Schweiz gehört und dabei grosse Interessenskonflikte mit sich bringt.

Das vielfältige Nebeneinander unterschiedlicher Programme und die breite Palette architektonischer Formen bieten im Frühjahrssemester eine stimulierende Basis für die Auseinandersetzung mit städtebaulichen Themen.

ARBEITSWEISE
Die Arbeit findet in Zweiergruppen statt.

VORGEHEN

EINFÜHRUNG

ARCHITEKTUR UND KONTEXT
Im Frühjahrssemester liegt der Fokus auf der Schärfung unserer Wahrnehmung für Kontext. Ziel ist es, ein tiefgreifendes Verständnis für die ökologischen, soziologischen, kulturellen und nicht zuletzt ökonomischen Rahmenbedingungen eines typisch schweizerischen städtischen Umfelds zu entwickeln. Das bedeutet, dass wir die städtebaulichen Aspekte unserer Projekte und deren Bezug zu einer zukunftsfähigen Umwelt in den Mittelpunkt unserer Diskussionen rücken werden. Wir beabsichtigen, unsere Entwürfe als ein „diagram of everything “ zu betrachten, als eine Abfolge von Übersetzungs- und Rückübersetzungsprozessen zwischen Gesellschaft und Architektur.

EMMENBRONX
Emmenbrücke steht oft im Schatten negativer Wahrnehmung. Häufig, wenn von weniger ansehnlichen Orten in der Schweiz gesprochen wird, fällt auch der Name Emmenbrücke. So äußerte sich Philippe Zweifel im Tages-Anzeiger am 28.02.2020 in dem Artikel «Welches ist der hässlichste Ort der Schweiz?» wie folgt: «…Und Emmenbrücke erst. Emmenbrücke! Fabriken, Verkehrskreuze, Wohnsilos, stadtein- und auswärts deprimierende Tankstellen mit noch deprimierenderen Tankstellenshops.» Bereits 2016 bemerkte Andrea Zimmermann in Zentralplus: «Das Image von Emmenbrücke ist tatsächlich ziemlich negativ geprägt. Ausländer, Kriminalität, Ghetto, die «Emmenbronx» eben, wie es vielfach hiess. Der Agglomerations-Sumpf, der mit seinem überdurchschnittlich hohen Ausländeranteil und Sozialhilfebezügern auffällt.»

Um die Jahrtausendwende geriet Emmenbrücke landesweit in die Schlagzeilen, als in einer Volksabstimmung 48 Einbürgerungsgesuche, hauptsächlich von Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien, abgelehnt wurden. Die Gemeinde wurde dadurch über die Landesgrenzen hinaus zu einem Symbol für Rechtspopulismus und Ausländerfeindlichkeit. Erst spät, aber dann umso intensiver, traf die urbane Krise des späten 20. Jahrhunderts auch Emmenbrücke. Die Wirtschaftskrise der 1990er Jahre setzte der Industrieregion zu. Tausende von Arbeitsplätzen gingen verloren, und die Arbeitslosenquote erreichte im Jahr 1998 einen Spitzenwert von 7,8 Prozent. Gleichzeitig stieg der Ausländeranteil von 18 auf 27 Prozent an, nicht zuletzt aufgrund des Zustroms vieler Menschen während des Jugoslawienkrieges in die Schweiz.

PHOENIX
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich in Emmenbrücke viel verändert. Die Gemeinde scheint den Übergang zur postindustriellen Stadt erfolgreich zu gestalten. Der Wandel ist unverkennbar, wie die Entwicklung der Viscosistadt zeigt: In über einem Jahrzehnt hat sich das einst geschlossene Industrieareal zu einem pulsierenden Zentrum für Ideen und Menschen entwickelt, wobei es der Viscosistadt gelungen ist, ihr industrielles Erbe zu bewahren und sich nachhaltig weiterzuentwickeln. Die Hochschule Luzern trägt mit dem Departement Design & Kunst ebenfalls zur lokalen Dynamik bei. Im südlichen Teil sind die Bauarbeiten zwar noch im Gange, aber die Vision für das Areal des Seetalplatzes ist bereits erkennbar: Bis 2025 sollen hier Hunderte neuer Wohnungen entstehen und etwa 1300 Mitarbeitende der Verwaltung des Kantons Luzern ihren neuen Standort finden. Die Funktion als wichtiges Verkehrsdrehkreuz wird durch den neuen Busbahnhof zusätzlich gestärkt. Darüber hinaus ist die Aufwertung der angrenzenden Freiräume entlang der Reuss ein weiteres Beispiel für den Umbau von einer industriell geprägten zu einer postindustriellen Landschaft.

Dass Emmenbrücke sich von seiner Vergangenheit erholt, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Brahim Aakti, ein SP-Politiker mit marrokanischem Hintergrund in den Gemeinderat gewählt wurde.

ZUKUNFTSPOTENTIAL
Emmen ist mit über 30’000 Einwohnern der grösste Vorort von Luzern, sowie auch die zweigrösste Ortschaft im Kanton Luzern. Das Gebiet um den Bahnhof, also die Viscosistadt, Schützenmatt und der Seetalplatz ist wegen der zentralen Lage und der guten Erschliessung einer der wichtigen Entwicklungsgebiete der Agglomeration Luzern. Die Dynamik Emmenbrücke beschränkt sich aber nicht nur auf die genannten Gebiete. Vielmehr zeichnet sich die Gemeinde durch eine grosse Vielfalt an unterschiedlich geprägten Räumen aus. Neben der sehr urbanen Gerliswilerstrasse, wo die urbane Krise nach wie vor sichtbar ist, sind speziell das Quartier Meierhöfli mit seinen überregional ausstrahlenden Shopping-Centern und Gerliswil mit seinen öffentlichen Einrichtungen zu erwähnen. Ansonsten finden wir praktisch alle gängigen Wohntypologien des 20. Jahrhunderts wieder. Von den Arbeitersiedlungen auf der Ober Emmenweid über die generischen Nachkriegswohnblöcken hin zu den Wohnungsprojekten der letzten 20 Jahre ist jedes Jahrzehnt vertreten. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die ausgedehnten Einfamilienhausquartiere mit ihren pedantisch in Stand gehalten mit säuberlich manikürten Aussenräumen. Aus dem Rahmen fällt etwas der Militärflugplatz, der mit über 20’000 Flugbewegungen im Jahr zu den drei wichtigsten Militärflugplätzen der Schweiz gehört und dabei grosse Interessenskonflikte mit sich bringt.

EKLEKTIZISMUS
Das vielfältige Nebeneinander unterschiedlicher Programme und die breite Palette architektonischer Formen bieten im Frühjahrssemester eine stimulierende Basis für die Auseinandersetzung mit städtebaulichen Themen. Emmenbrücke dient dabei als Exemplar für die urbanen Räume der Zukunft. Ein beträchtlicher Teil der qualitativen und quantitativen Entwicklung schweizerischer Siedlungsgebiete wird in solchen Räumen stattfinden. Obwohl die morphologisch teilweise wenig gestalteten Räume und ihre Widersprüche zunächst überwältigend scheinen mögen, betrachten wir sie als ideale Ausgangspunkte für ein radikales Umdenken unserer Zukunft. In Anlehnung an Robert Venturi, der sich Ende der 1960er Jahre mit seinen Studierenden mit Las Vegas beschäftigte, gilt es auch für uns, die Klagebrille ablegen und die Fragebrille anziehen.

MAHLSTROM
Um zukünftige städtebauliche Herausforderungen effektiv anzugehen, ist es zunächst unerlässlich, die Komplexität von Stadtplanung und -entwicklung zu durchdringen. Ein fundiertes Verständnis für die Interessenlagen und das Zusammenspiel der verschiedenen Stakeholder ist dabei unverzichtbar. Es wird offenkundig, dass nur durch komplexes Denken Erfolg im Strudel städtebaulicher Belange möglich ist. Unser Ausgangspunkt ist das eingehende Studium des bestehenden städtebaulichen Gesamtkonzepts der Gemeinde Emmen, welches das Fundament für unsere weiterführenden Arbeiten legen wird. In zwei Workshops mit begleitenden Podiumsdiskussionen bekommen wir die Möglichkeit, unser Verständnis der städtebaulichen Prozesse zu vertiefen. Dabei werden wir in den Studios und im Plenum anhand zugewiesener Themencluster mit Expertinnen und Experten des Städtebaus in den Dialog treten. Parallel dazu werden wir in der Auseinandersetzung mit einem konkreten Ort in Emmenbrücke versuchen, dieses städtebauliche Gesamtkonzept kritisch zu hinterfragen und ein eigenes städtebauliche Szenario entwickeln. Dies geschieht in den Studios in Gruppen von ca. 6-8 Studierenden.

STERNBILDER
Der Ausgangspunkt unserer Untersuchung von Emmenbrücke basiert auf strategisch über die Gemeinde verteilten Fixpunkten, die ein Raster mit einem Abstand von 500 Metern bilden. Jedes Zweierteam wird per Los einem dieser Fixpunkte zugeteilt, der den Anfangspunkt für die Ortsrecherche darstellt. Jeder Fixpunkt erstreckt sich über einen Radius von etwa 500 Metern und garantiert durch Überlappungen mit benachbarten Punkten eine vollständige Abdeckung des besiedelten Gebiets von Emmenbrücke. Um die für eine städtebauliche Analyse notwendigen Aspekte wie Vernetzung, Nachbarschaft, Integration und Kontraste zu unterstreichen, werden 3-4 Fixpunkte zu sogenannten Sternbildern gruppiert. Die Studierenden eines Sternbildes arbeiten zusammen, um die individuell erforschten Merkmale ihres Standortes im Kontext des städtebaulichen Gesamtkonzepts zu einer ganzheitlichen Interpretation zu verdichten. Die von jeweils 6-8 Studierenden entwickelten städtebaulichen Szenarien werden in einer grossen gemeinsamen Sitzung vorgestellt und diskutiert. Jedes Studio wird zwei Szenarien auf Basis dieser Sternbilder entwickeln, die bis zum Ende des Semesters eine tragende Säule des Entwurfsprozesses und der Diskussionen bilden. Insgesamt werden wir zehn eigenständige Sternbilder und die daraus resultierenden städtebaulichen Szenarien erörtern.

PROJEKTENTWURF
Nach der gemeinsamen Besprechung werden die 2er-Teams die entwickelten Szenarien in konkreten Projektvorschlägen auf ihr Umsetzungspotential hin untersuchen. In einem fortlaufenden Dialog zwischen den Projektentwürfen und den Szenarien erfolgt eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Verfeinerung der Konzepte.

Was schon wieder ist ein Szenario?

SCAENA
In einer Welt, die sich durch rasanten gesellschaftlichen und technologischen Wandel auszeichnet, ist das Szenario ein wesentliches Werkzeug für Architektinnen und Architekten. Der Begriff hat seine Wurzeln im lateinischen «Scaena» und dem griechischen «Skēnē», was Bühne bedeutet. Ursprünglich im 19. Jahrhundert als Mischung aus Exposé und Drehbuch für Theater oder Oper verwendet, hat sich seine Bedeutung weiterentwickelt.

BUEHNE
Der Begriff verweist jedoch auch auf seinen Ursprung: den Ort, an dem die Bühne errichtet wird. Diese Perspektive verpflichtet uns, darüber Rechenschaft abzulegen, für wen und welche Handlungen wir bauen. Wir beschränken uns nicht auf das physische Bauen, sondern berücksichtigen die möglichen Akteure und ihre räumlichen Praktiken. Dies betrifft den Wohnungsbau ebenso wie den Städtebau. Jeder Entwurf basiert auf einem Szenario, sei es bewusst oder unbewusst, selbstgestaltet oder fremdbestimmt.

ZUKUNFT
In unserer komplexen Gegenwart und für die nahe Zukunft müssen Szenarien entworfen werden, die nicht nur die stimulierende Spannung zwischen «Bühne» und «Handlung» reflektieren, sondern auch Ökonomie, Technologie und Kultur nachhaltig und zukunftsorientiert integrieren. Solche Szenarien eröffnen neue Wege, um über den Raum und seine Bespielung nachzudenken, und bieten eine Grundlage, um die Herausforderungen und Möglichkeiten, die vor uns liegen, anzunehmen und zu gestalten. Sie sind ein Instrument, um mögliche Zukünfte zu erforschen und die Architektur an die Bedürfnisse einer sich stetig verändernden Gesellschaft anzupassen.

Woche 1: 29.02.2024

SPAZIERGANG
Unsere erste Annäherung an das Gebiet beginnt mit einem Erkundungsspaziergang am Donnerstag, den 22. Februar 2024. Jedes Team startet bei seinem ausgelosten Fixpunkt und erforscht von dort aus den umliegenden Bereich innerhalb eines Radius von etwa 500 Metern. Wir nehmen uns die Zeit, den zugeteilten Bereich zu Fuß zu erkunden und den Charakter des Ortes auf uns wirken zu lassen. Wir dokumentieren unsere Eindrücke durch Fotos, Skizzen und schriftliche Notizen. Unser Interesse gilt den greifbaren Elementen wie Gebäudetypologien, Vegetation und Nutzungskonzepten. Gleichzeitig schärfen wir unsere Sinne für die atmosphärischen, subjektiven und phänomenologischen Aspekte des Ortes. Stets erweitern wir unseren Blick auch über das zugewiesene Gebiet hinaus und setzen es in Bezug zu übergeordneten Strukturen.

RECHERCHE
Basierend auf dem städtebaulichen Gesamtkonzept der Gemeinde Emmen, erweitern wir unser Verständnis des Ortes. Wir erheben alle zugänglichen Daten, wie beispielsweise die Altersstruktur der Bevölkerung, Beschäftigungslage, soziale Verhältnisse, Mobilitäts- und Freizeitverhalten sowie Informationen zu Zonierung, Verkehrsflüssen, Klimabedingungen, Vegetation und bestehenden Nutzungen. Für diese tiefgehende Analyse ziehen wir verschiedene Ressourcen heran: demografische Statistiken, Entwicklungsstudien, Satellitenbilder von Google Earth, Kartenmaterial, Pläne und Interviews. Diese vielschichtige Informationsbasis ermöglicht es uns, ein detailliertes Bild des Ortes zu gewinnen, welches wir dann mit dem Leitbild der Gemeinde Emmen abgleichen.

AUGENSCHEIN
Neben den konkreten «hard facts» unserer Analyse streben wir nach einem subtilen, persönlichen Zugang zum Raum, der die Atmosphäre und architektonische Beschaffenheit des Ortes einfängt. Die phänomenologische Perspektive soll dabei eine zentrale Rolle spielen. Wir sind darauf bedacht, die inhärenten Qualitäten des Raumes zu erkennen und Perspektiven aufzuzeigen, wie diese in der Zukunft noch intensiviert werden können. Wir beobachten den Ort mit einem Fokus auf bestimmte Themen und nutzen persönliche Ausdrucksmittel wie Fotografie, Zeichnung oder Text, um unsere Wahrnehmungen festzuhalten. Der direkte Austausch mit den Einwohnern ist uns besonders wichtig, da Gespräche mit den Menschen vor Ort oft tiefe Einblicke in den gelebten Raum, den «espace vécu» nach Henri Lefebvre, gewähren.

STAEDTEBAULICHE FRAGESTELLUNGEN
Auf dem Fundament einer detaillierten Analyse und persönlichen Eindrücken vor Ort erschaffen wir in zwei Gruppen pro Studio ein städtebauliches Szenario für das zugewiesene Sternbild. Dieses Szenario wird uns mögliche Entwicklungswege des Territoriums in der Zukunft aufzeigen. Jedes Zweierteam ist angehalten, eine eigene Sammlung relevanter Fragen zu erarbeiten und diese in den Austausch mit den jeweiligen Szenario-Gruppen einzubringen. Möglicherweise entsteht dadurch bereits eine erste individuelle Positionierung zu den aufgeworfenen Fragestellungen.

PARAMETER
Erforscht mit Sorgfalt, welche gesellschaftlichen Kräfte die gegenwärtige Bebauung und Nutzung des Areals geformt haben. Fragt nach den erkennbaren Spuren vergangener Epochen und identifiziert die Antriebskräfte hinter diesen Veränderungen. Überlegt, welche Entwicklungen für die Zukunft plausibel und erstrebenswert erscheinen. Untersucht die verschiedenen städtischen Parameter und verwendet sie als Werkzeuge für eine originelle Deutung des Raumes. Um der Komplexität des Ortes gerecht zu werden, ist es ratsam, das Denken schrittweise auf verschiedenen Ebenen zu entfalten.

1 LANDSCHAFT
Freiräume – Aufschüttungen – Abgrabungen – Vegetation – Fauna – Wasser – Landwirtschaft

2 MORPHOLOGIE DES GEBAUTEN
Bebauungsstruktur – Typologien – Grenzen – Dachformen – Gebäudehöhen – Materialität

3 PROGRAMM
Akteure – Handlungsabläufe – Sozialstruktur – Wirtschaft – Nutzungen – Öffentlichkeit – Privatheit – Temporäres

4 INFRASTRUKTUR
Mobilität – Wege – Plätze – Strassen – Stromnetze – Beleuchtung – Möblierung

5 REPRÄSENTATION DES RAUMES
Normen – Ideologien – Bilder – Geschichte – Tradition – Bauvorschriften – Zonenordnung

6 PHÄNOMENOLOGISCHES
Gerüche – Akustik – Atmosphären – Ausblicke – Sichtbeziehungen

FOKUS
Definiert klare Schwerpunkte für Euer methodisches Vorgehen und formuliert daraus prägnante Thesen. Diese Dokumentationen sind das Destillat aus gründlicher Recherche (einschließlich sorgfältiger Lektüre!), akribischer Beobachtung und individueller Interpretation, sie sind sowohl analytisch als auch deutend.

Das Leitbild der Gemeinde Emmen bietet uns das notwendige Gerüst, um die städtebaulichen Fragestellungen innerhalb unseres Untersuchungsgebiets zu adressieren. Die Sternbilder sind dabei unredigiert und stellen keine vorgefertigten Verbindungen zwischen den einzelnen Perimetern her. Es ist unsere Aufgabe, im Dialog Gemeinsamkeiten zu erfassen, Eigenarten zu entdecken und Gegensätze auszulegen. Es geht darum, den Raum in all seiner Komplexität zu begreifen. Wie funktioniert dieser Raum? Robert Venturi bemerkte im Zusammenhang mit seiner Analyse der amerikanischen Alltagsarchitektur, dass „Mainstreet is almost all right“. Lässt sich eine ähnliche Aussage auch für unser Untersuchungsgebiet treffen? Was fehlt, und welche fruchtbaren Ansätze können wir weiterentwickeln?

WIDERSPRUCH
Erwartet wird eine städtebauliche Interpretation, die sowohl die gegenwärtigen Gegebenheiten als auch künftige Anforderungen berücksichtigt. Unser Bestreben ist es, die Thematiken, denen wir uns im Herbst in Zug gewidmet haben, weiterzuführen und zu verfeinern. Auch in Emmenbrücke stehen wir vor der Aufgabe, uns den kommenden Herausforderungen und Fragestellungen zu widmen. Im Kontext des übergeordneten Leitmotivs „Lebensraum“ werden wir uns intensiv mit den Aspekten des Wohnens und Arbeitens befassen.

Innerhalb der Gruppen dürfen die Ansätze durchaus divergieren oder sogar widersprüchlich sein. Eine lebhafte und kontroverse Auseinandersetzung wird ausdrücklich begrüßt.

LEKTÜRE
In Ergänzung zu unserer Recherche und der Ausarbeitung der einzelnen Szenarien widmen wir uns der eingehenden Lektüre des städtebaulichen Gesamtkonzepts der Gemeinde Emmen. Dieses Studium wird uns einen fundierten und detaillierten Zugang zu den städtebaulichen Fragestellungen eröffnen. Wir werden das Leitbild eingehend in den Studios diskutieren und relevante Fragen in Bezug auf unsere Szenarien erörtern.

Um aussagekräftige Szenarien und Projekte zu gestalten, ist es essenziell, die Dynamiken von städtebaulichen Verhandlungsprozessen eingehender zu begreifen. Aus diesem Grund werden wir in der zweiten und dritten Woche verschiedene Stakeholder der Stadtentwicklung zu uns einladen. In Podiumsdiskussionen werden wir spezifische, auch im Leitbild verankerte Themencluster vertiefen. Jedes Studio übernimmt dabei die Verantwortung für ein eigenes Themencluster.

Die Themencluster lauten wie folgt:

  1. Landschaft, Grünstadt Emmen, Ökosystem, Biodiversität, Klima, Ökologie
  2. Mobilität / Aussenraum / öffentlicher Raum
  3. Partizipation / Politik / Ökonomie / Gesellschaft / Nutzer:innenperspektiven
  4. Wohnen (Neubau/Abriss) / Quartieren (Ortscharakter) / Identität
  5. Ressourcen / Arbeitsplätze / Bildung (Schulen)

Woche 2: 07.03.2024

PANEL- UND PODIUMSDISKUSSION 1
Die Vorbereitungen für die Plenumsdiskussionen beginnen in den jeweiligen Studios. Drei Studios werden jeweils ein Themencluster betreuen, welches wir in den anstehenden Podiumsdiskussionen mit einem ausgewählten Stakeholder eingehend beleuchten wollen. Mittels prägnanter Impulsvorträge präsentieren die betreuenden Studios ihre Überlegungen zum jeweiligen Themencluster und schaffen damit die Diskussionsgrundlage. Die übrigen Studios werden sich gleichfalls akribisch auf diese Diskurse vorbereiten.

WEITERENTWICKLUNG
Anschliessend an die Podiumsdiskussion erfolgt in den Studios die Reflexion und Verfeinerung der städtebaulichen Szenarien der einzelnen Gruppen. Im Zentrum der Überlegungen stehen folgende Fragestellungen:

ZUKUNFT
Wie stellt Ihr Euch die künftige Gestalt des untersuchten Gebiets vor? Welchen Einfluss soll Eure Intervention auf den Betrachtungsperimeter und darüber hinaus nehmen? Auf welcher Grundlage rechtfertigt Ihr die Intervention im Hinblick auf die angestrebte zukünftige Entwicklung? Welche Richtlinien sollten dabei definiert werden?

IDENTITÄT
Welche Atmosphäre visieren Ihr an? Welche räumlichen Muster empfehlt Ihr und aus welchen Gründen? Wie fügt sich das Neue in das Bestehende und wie beeinflusst dies die Identität des Raumes?

AKTEURE
Wer sind die Nutzer dieser Räume, sowohl außen als auch innen? Was soll dort geschehen? Welche architektonischen Ansätze lösen die erwünschten Prozesse aus und wie beeinflusst Euer Szenario die verschiedenen Akteure?

INSPIRATION
Gibt es bestehende städtische oder vorstädtische Räume, die Euch besonders inspirieren, von denen Ihr gerne lernen möchtet und die für unseren Betrachtungsperimeter als Referenz dienen könnten?

ROLLENVERSTÄNDNIS
Reflektiert Eure Rolle als Architektinnen und Architekten: Welche Prozesse könnt Ihr beeinflussen und welche liegen außerhalb Eures Einflussbereichs? Setzt Euer Szenario in Bezug zum Leitbild der Gemeinde Emmen und integriert das erlangte Verständnis für die Komplexität städtebaulicher Prozesse in Eure Entwurfsarbeit.
Reflektiert Eure Rolle als Architektinnen und Architekten: Welche Prozesse könnt Ihr beeinflussen und welche liegen außerhalb Eures Einflussbereichs? Setzt Euer Szenario in Bezug zum Leitbild der Gemeinde Emmen und integriert das erlangte Verständnis für die Komplexität städtebaulicher Prozesse in Eure Entwurfsarbeit.

Woche 3: 14.03.2024

PANEL- UND PODIUMSDISKUSSION 2
Die Vorbereitungen für die zweite Runde der Plenumsdiskussionen entfalten sich erneut in den Ateliers. In dieser Sequenz sind die beiden Studios, die in der ersten Diskussionsrunde nicht involviert waren, verantwortlich für die Betreuung der zwei verbleibenden Themencluster. Erneut werden wir Gäste zu den Podiumsdiskussionen begrüßen. Kompakte Impulsvorträge der beteiligten Studios werden wiederum den Grundstein für eine lebendige Diskussion legen. Wie zuvor werden auch hier die restlichen Studios sich umfassend auf den Diskurs vorbereiten.

TISCHKRITIK
Im Anschluss an die Diskussionen kehren die Gruppen in ihre Studios zurück, um die Szenarien in einem intimeren Rahmen zu reflektieren und zu verfeinern. Diese Tischkritiken dienen auch der Festlegung von Verantwortlichkeiten für die Weiterentwicklung und die Darstellung während der Plenumsbesprechungen. Die Zweierteams sind nun eingeladen, erste Entwurfsskizzen zu präsentieren, die aufzeigen, wie und wo sie das kollaborative Gruppenszenario in einen konkreten Entwurfsplan überführen möchten. Es ist dabei von essenzieller Bedeutung, dass die Auswahl der individuellen Projekte sorgfältig mit dem übergeordneten Szenario abgestimmt wird, um dessen Tragweite und Effektivität über das gesamte Gebiet hinweg evaluieren zu können.

Das Szenario fungiert bei der Plenumsbesprechung als Momentaufnahme, die im Laufe des Semesters in Interaktion mit den einzelnen Projekten fortlaufend angepasst wird. Der Entwurf bleibt stets in der Verbindung mit der holistischen Betrachtung des Gesamtperimeters.

Anforderungen Plenumskritik 21.03.2024

LEISTUNG

  • Präzises Storytelling mittels PDF-Präsentation (oder Film).
  • Kurze, präzise schriftliche Formulierung der Thesen (in Präsentation integriert) mit einer klaren Begründung und einem Nachweis der jeweiligen Relevanz in Bezug auf unsere Fragestellungen
  • Bild/Collage/Zeichnung/Filme auf fotografischer Grundlage (in Präsentation integriert)
  • Klare Benennung und Begründung der zukünftigen Strategie mit Angaben zur baulichen Intervention, Programm, Akteuren, Freiräumen, Art der zu bearbeitenden Architektur

Ab Woche 5:

ARBEIT IN ZWEIERGRUPPEN
Die für die Plenumsbesprechung ausgearbeiteten städtebaulichen Szenarien bilden das Fundament für die folgende Entwurfsarbeit, die in Zweiergruppen vollzogen wird. Die in den Szenarien aufgestellten Thesen sollen durch einen oder mehrere sorgfältig durchdachte architektonische Interventionen beleuchtet werden, die sich letztlich in konkreten Projektentwürfen manifestieren. Es gehört zur Aufgabenstellung, Ort, Maßstab, Verteilung, Struktur und Funktion der Projekte zu bestimmen, welche durch das leitende Thema fundiert begründet sein sollten. Fortführend aus dem Herbstsemester sollen die Anforderungen an ein zukunftsfähiges Wohnen und Arbeiten intensiviert und in einen erweiterten Kontext gestellt werden. Dabei wird das städtebauliche Szenario kontinuierlich in der Großgruppe angepasst, kritisch reflektiert und fortentwickelt. Bis zum Ende wird es eine zentrale Rolle einnehmen. Die Herausforderung dieses Semesters liegt unter anderem darin, ein relevantes Szenario in eine überzeugende architektonische Gestaltung zu transformieren.

Bewertungskriterien:

Prozess: 20%

Selbständiges Erfassen der Aufgabe
Werden die die Themen eigenständig gesetzt, entwickelt und erweitert?

Reflexion
Werden relevante Fragen oder Thesen zu aktuellen Herausforderungen zur
Diskussion gestellt?

Szenario: 20%

Relevanz, Plausibiliät und Angemessenheit
Stellt das Szenario einen relevanten und plausiblen Beitrag zur gestellten Aufgabe
einer zukunftsfähigen Intervention dar?
Stellt das Szenario einen sinnvollen Umgang mit dem Ort und Kontext dar?

Projekt: 40%

Kongruenz
Stehen Szenario, Strategie und Projekt in einem kongruenten Zusammenhang? Ist
die Argumentation nachvollziehbar, plausibel und angemessen?

Architektonische Qualität des Projekts
Hat die architektonische Ausformulierung in Grundriss, Schnitt und Ansicht die
gewünschte Qualität?

Präsentation: 20%

Abgabe
Qualität von Plan, Modell und Bild. Kongruenz des Dargestellten.

Sprache: Logik, Präzision, Wissen, Gehalt
Werden die Inhalte sprachlich präzis und nachvollziehbar vermittelt? Deutet die
Sprache auf ein notwendiges Verständnis der architektonischen, stadt-, sozial- und
landschaftfsräumlichen Inhalte hin? Ist das Storytelling nachvollziehbar?