Seminar 2:
Das Unsichtbare sehen
Markus Huber & Reto Huber (huber.huber)
«Landschaft ist ein Produkt der Wahrnehmung.»
Annemarie & Lucius Burckhardt
Städte, Siedlungen und Landschaften sind einem ständigen Wandel unterworfen. Sie wachsen und verändern sich, aber immer im gesetzlichen Schranken und durch demokratische Entscheidungen im Rahmen der Raum- und Stadtplanung. Im Gegensatz dazu ist Kunst meist undemokratisch – sie folgt keiner Abstimmung, sondern entsteht aus individuellen Visionen, die subjektiv und frei von Mehrheitsentscheidungen sind. Mit gezielten kleinen und grossen künstlerischen Interventionen greifen wir in diesen gewachsenen Raum ein.
Wir nähern uns dem (Stadt-)Raum auf vielfältige Weise, indem wir uns zunächst ein gemeinsames Bild des Ortes machen. Dabei analysieren wir den Raum nicht nur mit konventionellen Mitteln, sondern öffnen uns bewusst für unkonventionelle Perspektiven und Wahrnehmungsebenen. Diese Herangehensweise ermöglicht es uns, die Vielschichtigkeit urbaner Strukturen, Atmosphären und Geschichten zu erfassen.
Aus diesen Dokumentationen und Eindrücken entwickeln wir thematische Spannungsfelder, die soziale, kulturelle, historische oder ökologische Dimensionen des Ortes beleuchten. Dabei legen wir besonderen Wert darauf, die vielschichtigen Dynamiken zwischen den Menschen, den gebauten Strukturen und der natürlichen Umgebung zu erfassen. Die Themenfelder können sich aus physischen Merkmalen wie Architektur und Infrastruktur, aber auch aus immateriellen Aspekten wie Erinnerungen, Geräuschen oder Bewegungsmustern ergeben.
Im Sinne des Storytelling versuchen wir schliesslich die gewonnenen Erkenntnisse in einer künstlerischen Arbeit widerzuspiegeln und auszudrücken. Diese Arbeit soll nicht nur das Wesen des Raumes einfangen, sondern auch seine verborgenen Schichten sichtbar machen. Sie kann die Form von Installationen, Objekten, Skulpturen, Filmen, literarischen Texten, Zeichnungen oder interaktiven Formaten annehmen und dazu anregen, den Raum auf neue und unerwartete Weise zu betrachten. Ziel ist es, den Blick oder die Wahrnehmung auf die Landschaft oder den Ort zu verändern, zu verdichten oder in Frage zu stellen. Dieser iterative und interdisziplinäre Prozess ermöglicht es, den Raum nicht nur analytisch zu durchdringen, sondern auch intuitiv und kreativ zu erschliessen.